Freitag, 3.Januar

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Heute haben
Marie Luise Kaschnitz * 1901
Kurt Marti * 1921
Norman Mailer * 1923
Kenzaburo Oe * 1935
Geburtstag
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978-3-15-019111-8

„Januar„
Gedichte
Hrsg.: Christine Schmidjell und Evelyne Polt-Heinzl
Reclam Verlag € 5,00

Aber mit Rose Auch diesmal ist es eine illustre Mischung und wieder ohne Goethe.
Aber mit Rose Ausländer, Borchers, Brinkmann, Claudius, Domin, Fried, Fuchs, George, bis hin zu Trakl, Tucholsky und Werfel.
Die Damen beginnen mit der Rubrik “Ins neue Jahr”, lassen dann “Glück und Segen” folgen, bis es zum “Schneegestöber” kommt und wir dann wieder “Geborgen daheim” sind. “Frost” und “Winter im Land” lassen diese Anthologie ausklingen.

Eduard Möricke
Zum Neujahr

Mit einem Taschenkalender

An tausend Wünsche, federleicht,
Wird sich kein Gott noch Engel kehren,
Ja, wenn es so viel Flüche wären,
Dem Teufel wären sie zu seicht.
Doch wenn ein Freund in Lieb und Treu
Dem andern den Kalender segnet,
So steht ein guter Geist dabei.
Du denkst an mich, was Liebes dir begegnet,
Ob dir’s auch ohne das beschieden sei.

Achim von Arnim
Neujahr

Altes Jahr, du ruhst in Frieden,
Deine Augen sind geschlossen;
Bist von uns so still geschieden
Hin zu himmlischen Genossen,
Und die neuen Jahre kommen,
Werden auch wie du vergehen,
Bis wir alle aufgenommen
Uns im letzten wiedersehen.
Wenn dies letzte angefangen,
Deutet sich dies Neujahrgrüßen,
Denn erkannt ist dies Verlangen,
Nach dem Wiedersehn und Küssen.

Christian Morgenstern
Winternacht

Flockendichte Winternacht …
Heimkehr von der Schenke …
Stlles Einsamwandern macht,
dass ich deiner denke.

Schau dich fern im dunklen Raum
ruhn in bleichen Linnen …
Leb ich wohl in deinem Traum
ganz geheim tiefinnen? …

Stilles Einsamwandern macht,
dass ich nach dir leide …
Eine weiße Flockennacht
flüstert um uns beide…

Rainer Maria Rilke
Wintermorgen

Der Wasserfall ist eingefroren,
die Dohlen hocken hart am Teich.
Mein schönes Lieb hat rote Ohren
und sinnt auf einen Schelmenstreich.

Die Sonne küßt uns. Traumverloren
schwimmt im Geäst ein Klang in Moll;
und wir gehn fürder, alle Poren
vom Kraftarom des Morgens voll.
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Der Vorverkauf läuft.
Norbert Scheuer liest bei uns in der Buchhandlung aus seinem Romen „Winterbienen“, mit dem er fast den Deutschen Buchpreis bekommen hätte. Aber halt nur fast. Wir im Laden sind alle begeistert von diesem Buch, von seiner Sprache und der Handlung.

Mittwoch, 15.Januar ab 19 Uhr. Eintritt € 8,00

getimage

Norbert Scheuer: „Winterbienen“
Shortlist Deutscher Buchpreis 2019
Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2019

Leseprobe aus dem Anfang des Romans:

Tagebuch 1944 / 45
Egidius Arimond
Undatiertes Blatt

Es gibt keine Darstellung der ganzen Wirklichkeit. Nur eine Auswahl. Pär LagerkvistIch wohne in einem Bergarbeiterstädtchen, das an einem Fluss liegt, der sich durch einsame, zerklüftete Landschaften schlängelt, eine Gegend mit kleinen Dörfern inmitten von Magerwiesen, Fichten-, Kiefern- und Buchenwäldern, die sich bis zur belgischen Grenze er strecken. Dies war immer schon eine verlassene, karge Region, die einst durch Erosion des variszischen Urgebirges entstanden war, mit Bergrücken vulkanischen Ursprungs, welche die Hügellandschaft überragen, mit einer üppigen Vegetation, die die Bienen offenbar sehr lieben, denn sie leben bereits seit Millionen von Jahren hier, lange bevor Menschen im Urft-land zu siedeln begannen. Jahrhunderte später christianisierten Mönche die keltischen und germanischen Stämme, die dennoch weiter ihre Matronen, ihre Wald- und Erd-geister verehrten. Einer unserer Vorfahren gehörte, wie uns Vater erzählte, zu diesen frühen Mönchen, ein Bene-diktiner namens Ambrosius, der im nahe gelegenen Klos-ter lebte und Bienen züchtete. Wegen einer Liebesbezie-hung mit einem Bauernmädchen verließ dieser Ambrosius
10im Jahre 1492 sein Kloster und gründete in einem der klei-nen Höhendörfer eine Familie. Aus dieser Verbindung ging die erste Generation der Arimonds hervor. Es folgten Kriege, Pestilenzen, Hungersnöte, Zeiten des Friedens und wiederum Kriege, in denen meine Vorfahren auf dem Karstboden des Urftlandes Landwirtschaft und Bienen-zucht betrieben und damit alle Fährnisse der Zeitläufte überlebten. Mein Vater gab schließlich die gewerbsmäßige Landwirtschaft auf, um im nahe gelegenen Bleibergwerk zu arbeiten – nebenher züchtete er weiterhin Bienen. Ich bin der Erste aus unserer Familie, der eine akademische Ausbildung angestrebt und für längere Zeit die Eifel für seine Studien verlassen hat. Schließlich bin ich in die Hei-mat zurückgekehrt, als meine Mutter gestorben war und mein Vater, hinfällig geworden, allein lebte. Zunächst habe ich im hiesigen Gymnasium eine Stelle als Lehrer angetreten und nebenher meinem Vater bei der Bienenzucht geholfen. Seit meiner vorzeitigen Entlassung aus dem Schuldienst kümmere ich mich nur noch um die Bienen und treibe für mich Studien zu unserem Benediktiner-Vor-fahren. Meinen Lebensunterhalt bestreite ich, indem ich Honigprodukte, wie Bienenwachskerzen, Wein und Likör, an kleine Geschäfte der Umgebung liefere oder auf Märkten verkaufe. Nach dem Krieg will ich von hier weggehen und diese öde Gegend endlich hinter mir lassen, um in einer großen Stadt zu leben; ich fürchte aber, dann wird es zu spät sein, viele Städte sind bereits zerstört. Womöglich werde ich fürimmer hierbleiben müssen.