Heute haben
Francois Villon * 1431
Alexandra Kollontai * 1872
Octavio Paz * 1914 (Nobelpreis 1990)
Hartmut Lange * 1937
Geburtstag.
Aber auch Joseph Haydn.
Es ist der Todestag von Charlotte Bronte und Christian Morgenstern.
Und gerade habe ich erfahren, dass Gianmaria Testa gestorben ist.
Er wurde nur 57 Jahre alt.
Ich wollte eigentlich heute den Film „Blau ist ein warme Farbe“ vorstellen, lasse das aber und setze ein paar Musikstücke von Testa auf den Blog. Lieder, die mich seit Jahren begleiten und intensiv berührt haben.
Christian Morgenstern
Brenne durstig himmelan!
Brenne stumm hinab! Doch – brenne!
Daß dein Los von dem sich trenne,
Der sich nicht verschwenden – kann.
Laß ihm seine Angst und Not!
Du verstehe nur den – Tod.
Ein finstrer Esel sprach einmal
zu seinem ehlichen Gemahl:
„Ich bin so dumm, du bist so dumm,
wir wollen sterben gehen, kumm!“
Doch wie es kommt so öfter eben:
Die beiden blieben fröhlich leben.
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Gianmaria Testa:
Es gibt keinen Zoll mehr am Brenner, die Grenze bleibt.
Die Alpen bilden eine größere Barriere als in den Abkommen vorgesehen.
Und eine Grenze behalten wir auch in uns, jeder seine eigene, auf den Kilometern, die unter den Reifen unseres Neunsitzers dahinziehen.
Patrick spricht Englisch mit den anderen und Französisch mit mir, weil ich kein Englisch verstehe. Philippe antwortet ihm auf Englisch, aber mit uns übt er ein farbenreiches eingespanischtes Italienisch. Nicola und Giancarlo haben einen Emilia Romagna-Tonfall, auch wenn sie sich in fremde Sprachen wagen, ich kann gelegentliche Worte auf Piemontesisch nicht unterdrücken.
An den Konzertorten schauen uns die lokalen Techniker während der Proben neugierig an, und ich glaube, sie denken an Babel.
Wir wissen, dass es nicht so ist.
All dieses Herumreisen hat uns eine merkwürdige gemeinsame Sprache geschenkt, die schon Musik ist, bevor wir zu spielen anfangen.
Wir überqueren den Brenner ohne Zollhalt.
Jeder trägt, offen, seine Grenze in sich.
Richard Robert:
Gesang ist nicht nur Klang: Er ist auch Duft, leicht und unwiderstehlich, gelegentlich sogar obsessiv.
Seine poetische Alchimie gründet sich vor allem auf die intime Wahrheit dessen, der ihn verströmt. Gerät er mit der Luft in Schwingung, wird er angereichert, entzündet sich beim Kontakt mit der Außenwelt, ernährt sich von der Energie derjenigen, die ihm zuhören. Die großen Stimmen, die in unser Inneres dringen und uns nicht mehr verlassen, sind nicht diejenigen, die uns durch technische Finessen überfallen, sondern vielmehr solche, die den höchsten Grad der Menschlichkeit erreicht haben und dadurch von jenem geheimen Weg zwischen der tiefen Seele, die die Stimmen entstehen sieht und der weiten Welt, die sie empfängt, kündet.
So ist die Stimme von Gianmaria Testa.
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Dienstag, 5.April um 19 Uhr
„Die erste Seite“
Wir stellen vier neue Bücher vor
Es liest Clemens Grote
Mario Vargas Llosa: „Sonntag“
Lot Vekemanns: „Ein Brautkleid aus Warschau“
Christoph Hein: „Glückskind mit Vater“
Als Gast Florian Arnold, der sein neues Buch:
„Die Ferne“ vorstellt und daraus vorlesen wird
Live Musik: Road String Army
Eintritt frei
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Mittwoch, 6. April 2016 um 20 Uhr
Stadthaus Ulm
TOMASZ STANKO NEW YORK QUARTET
Tomasz Stanko, tp – David Virelles, p – Reuben Rogers, b – Gerald Cleaver,dr
Raimund Kast schreibt:
Liebe Musikfreunde,
mit Polens Ausnahmetrompeter Tomasz Stanko und seinem New York Quartet setzen wir am kommenden Mittwoch, 6. April, im Ulmer Stadthaus die Reihe unserer Geburtstagskonzerte fort.
Der 73-jährige Stanko gehört zu jenen Virtuosen auf seinem Instrument, für die das so oft gebrauchte Klischee des „eigenen Sounds“ wirklich gelten kann. Mit seiner Tonbildung, seiner Phrasierung setzt er sich vom Gros der Jazztrompeter deutlich ab.
In sein New York Quartet hat er sich drei der aktuell interessantesten jüngeren New Yorker Musiker geholt. Der auf Kuba geborene Pianist David Virelles besitzt feine Antennen für das dunkle Brüten in Stankos freien Balladen und reflektiert in seinem Spiel auch die afrikanischen Wurzeln des Jazz und südamerikanische Melancholie. Das Rhythmusgespann aus Bassist Reuben Rogers und Schlagzeuger Gerald Cleaver (der bereits bei unserer New York-Reihe die Besucher im Stadthaus begeistern konnte) ist eines der einfühlsamsten in der heutigen improvisierten Musik. Absolut meisterhaft gelingt Tomasz Stanko so mit seinem Quartett der Spagat zwischen Alt und Neu, zwischen Tradition und Innovation, zwischen Komposition und Improvisation!
Beginn ist um 20 Uhr. Eintritt: 25,- / 20,- (erm.)
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Sehr schön, lieber Samy, der Text von Gianmaria Testa über die Brennergrenze. Eine Erfahrung auch von mir. Herzliche Grüsse Silvia
Liebe Silvia,
ja, sehr schön. Und halt traurig, dass der Kerl nicht mehr da ist.
Samy