Donnerstag

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Geburtstag

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Eine weitere Neuerscheinung zu unserem Blogthema in dieser Woche: „Flüchtlinge“.

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Shumona Sinha: „Erschlagt die Armen!“
Aus dem Französischen von Lena Müller
Edition Nautilus € 18,00

Dieser schmale Roman kam in Frankreich schon 2011 auf den Markt, sorgte für große Diskussionen, bekam einige Preise und landete auf mehreren Shortlists. Jetzt können wir uns selbst ein Bild über das provokante Buch machen.
Die letzten Tage habe ich verschiedene Bücher zum Thema „Ausländer“ und „Flüchtlinge“ hier auf dem Blog vorgestellt. Die in Indien geborene Autorin Sinha schlägt einen anderen Weg ein, als die bisher genannten Titel. Sie setzt sich zwischen alle Stühle, will ein „Bindestrich“ sein zwischen den Parteien. Das sowohl im Roman, wie auch im wirklichen Leben. Beide Male ist sie Übersetzerin in einer Asylbehörde. Diese hat der Autorin nach Veröffentlichung des Romans auch sofort gekündigt. Im Buch kommt es schlimmer. Die ungenannte Dolmetscherin haut einem aufdringlichen Mann mit Migrationshintergund eine Flasche über den Kopf. Im Gefängnis versucht sie sich ihrer Tat und dem, was vorhergegangen ist, klarzuwerden.
„Erschlagt die Armen“ ist ein Zitat aus einem Gedicht von Baudelaire und für Arme ist im Asylrecht kein Platz. Politisch Verfolgte, ja. Aber nur kommen, um ein besseres Leben führen zu können, ist nicht erlaubt. Wie dieses andere Leben allerdings aussieht, oder ausgesehen hat, und ob es überhaupt ein Leben war, interessiert die Behörden nicht.
Die Dolmetscherin sitzt bei den Gesprächen, übersetzt und entdeckt die vielen Lügen und Ungereimtheiten auf Seiten der Asylanten. Sie ärgert sich maßlos über diese Menschen und verfällt auch in lautes, nervöses Gelächter.
Ist das erlaubt? Ist das politisch korrekt? Klar, denn Shumona Sinha deckt mit ihrem Buch und ihrer messerscharfen Sprache die Kluft zwischen den Flüchtlingen und der Asylbehörde auf. Durch die bestehenden Gesetze werden beide Seiten gegeneinander aufgehetzt. Die einen versuchen mit allen Mitteln eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen und sei es auch mit erfundenen Geschichten. Die anderen sehen in diesen fremden Menschen nur Lügner und Verbrecher, die es gilt möglichst schnell wieder zurückzuschicken. Als der Dolemtscherin bei einem Bericht eines vergewaltigten Mädchens die Tränen in die Augen steigen und das Mädchen selbst heult, meint die Dame von der Behörde, dass ein wenig Zwiebelschale unter die Augen gerieben jeden zum Heulen bringt. Zynismus und Verzweiflung wechseln sich ab und schaukeln sich hoch. So verhärten sich die Fronten und ein Entgegenkommen ist nicht in Sicht. Dieses System funktioniert nicht mehr, ein Umdenken ist dringend notwendig.
Und so ist die Tat der Dolmetscherin fast schon eine logische Konsequenz in diesem irren „Spiel“, in dem ein Herr K. die Verhöre führt. Kafka lässt grüßen.
125 Seiten geballte Sprachkraft, von der die Autorin sagt, dass sie schreibt, wie man spuckt.

Leseprobe
Besprechung auf der ARD Mediathek

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