Mein Lyrikkalender überrascht mich heute mit einem Gedicht aus dem 17.Jahrhundert.
Johann Georg Schoch
AMaRille
1.
AMaRille/
Wenn soll ich erlangen/
Daß dein Lippen-Thau/
Schöne Frau/
Feuchte meine Wangen?
AMaRille.
2.
AMaRille/
Wenn sol mein Begehren
Dein so süsser Schmatz/
Liebster Schatz?
Doch einmal gewehren?
AMaRille.
3.
AMaRille/
Dämpffe meine Lüste;
Ich sag‘ unverhölt/
Was mich quält/
Das seynd deine Brüste.
AMaRille.
4.
AMaRille/
Kan es nicht geschehen/
Daß ich heute mag
Noch den Tag
Deiner Augen sehen.
AMaRille.
5.
AMaRille/
Was ich noch muß hoffen/
Das ist deine Gunst/
Schönste/ sunst
Steht das Grab mir offen.
AMaRille.
6.
AMaRille/
Was du mir kanst geben
Steht bey dir allein:
Ja/ und Nein/
Sterben/ oder Leben.
Johann Georg Schoch (getauft 28. Februar 1627 in Leipzig; † um 1690) war ein deutscher Lyriker, Dramatiker und Übersetzer der Barockzeit.
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Gestern abend noch ein paar Erzählungen gelesen, die so richtig reinlaufen, ohne große Haken und viel über den Kulturbetrieb offenlegen. Die Szene in Berlin am Theater, Preisverleihungen, Filmfestivals.
Johanna Adorjàn, die wir noch aus ihrem Roman über ihre ungarische Grosseltern kennen („Eine exklusive Liebe“), schreibt worin Sie sich als Journalistin der FAZ auch gut auskennt. Dieser Auflauf der kulturellen Gutmenschen, die dann doch ihre Macken haben, ihr Eigenleben, obwohl sie so glatt in Medien reproduziert werden.
Sie schildert Personen, die Darsteller sind und sich darstellen wollen. Die vielleicht auch mehr sein wollen, als sie im wirklichen Leben sind. Sie wollen mitschwimmen in den Edellokalen und Theaterpremieren.
Johanna Ardojàn nimmt uns mit an die Hand und öffnet uns Türen, zu denen wir wohl keine Berechtigung hätten. Frech, witzig, im Stile von Suter, Heidenreich,wenn diese Vergleiche erlaubt sind.
Das Buch ist eine wahre Freude.
In blauem Leinen gebunden, geprägte Schrift auf dem Deckel, blauer Buchschnitt und blauer Druck. Schönes Papier und überhaupt ein wahrer Genuß in der Hand.
Wem so etwas wohl eingefallen ist?
Johanna Adorján: „Meine 500 besten Freunde„
Luchterhand Verlag € 18,99
Die erste Erzählung: „Ein Tisch in der Mitte“ wurde auch schon komplett in der FAZ abgedruckt.
Ha, ein perfekter letzter Satz. Lassen sie sich den nicht entgehen und lesen Sie ihn wirklich erst am Schluss.
Oder habe ich jetzt schon zu viel verraten?
Viel Spaß damit:
„Ein Tisch in der Mitte„
schön von dir, das auch du diesen Dichter wieder erweckst; deshalb noch ein paar Zeilen von ihm:
Das 66. Lied
Die mistrauische Rubelle
1.
Ich/ fragt ich/ sol ich Liebster seyn?
Rubelle/ wenn ich wiste.
Sie sagte weder Ja noch Nein
Und seufftzte wenn ich küßte.
Ja! Dacht ich/ ist es so bestalt/
So hab ich über dich/ Rubelle/ schon Gewalt.
2.
Drauff suncke leise meine Hand
Auff ihren Busen nieder.
Ey/ sprach Sie/ ist es so bewandt/
So kommt nur irgend wieder/
Diß Ding das geht so nicht. Ach/ nein;
Ihr möcht wol/ Filidor/ der rechten einer seyn.
(…)