Dienstag

IMG_3552

Heute haben
Francois Villon * 1431
Alexandra Kollontai * 1872
Octavio Paz * 1914
John Robert Fowles* 1926
Hartmut Lange * 1937
Geburtstag.
Und es ist der Todestag von Christian Morgenstern.
_______________________

IMG_3553

Weil draußen der Wind um’s Holzhaus pfeift:

Christian Morgenstern
Nein

Pfeift der Sturm?
Keift ein Wurm?
Heulen
Eulen
hoch vom Turm?

Nein!

Es ist des Galgenstrickes
dickes
Ende, welches ächzte,
gleich als ob
im Galopp
eine müdgehetzte Mähre
nach dem nächsten Brunnen lechzte
(der vielleicht noch ferne wäre).
________________________

IMG_3551

Eugène Dabit: „Hotel du Nord“
Neu übersetzt aus dem Französischen von Julia Schoch
Schöffling Verlag € 19,95
Als E-Book € 15,99

Dieser Roman hat eine tolle Geschichte hinter sich.
Zuerst erschienen 1929, wollten ihn zuerst niemand veröffentlichen. Erst als Dabit dem Verleger zusagte, dass er Illustrationen für Sonderausgaben herstellen will, kam es auf den Markt. Das Lob war groß, auch von Schriftsteller Kollegen, wie Gide und Dabit erhielt 1931 den Prix du Roman populiste, der 2012 nach ihm umbenannt worden ist. 1938 wurde der Roman, mit damals sehr bekannten SchauspielerInnen verfilmt, wobei sich der Film vom Roman sehr stark entfernt hat. Zu diesem Zeitpunkt war der 1898 geborene Eugène Dabit schon zwei Jahre tot. Er starb unter nicht ganz geklärten Umständen bei einer Russlandreise. Dabit veröffentlichte noch zwei weitere Romane, die alle das normale Leben, das Leben der kleinen Leute beschreibt.
So auch hier.
Das Hôtel du Nord, ein sogenanntes Wohnhotel, liegt jenseits der großen Boulevards am Quai de Jemmapes im 10. Arrondissement von Paris. Emile und Louise Lecouvreur haben es gepachtet. Genauso, wie Dabits Eltern das im Jahre 1923 gemacht haben. Er selbst wuchs sozusagen in diesem Hotel für kleine Leute auf, übernahm oft den Nachtdienst und hatte dabei viel Zeit über die einfachen Bewohner zu schreiben.
Es beginnt mit der Übernahme des Hotel durch das Ehepaar Lecouvreur und damit, dass Emile auf dem Dach des Hauses steht und ausruft, dass es ja aussieht, wie am Meer. Das Hotel liegt direkt an einem Kanal, den Napoleon bauen ließ, damit die Innenstadt von Paris von Lastkänen angefahren werden kann. Dabit schreibt nun, wie das Familienhotel aufgebaut ist, wer in welchen Zimmern wohnt und wie sich das Pächterehepaar langsam in ihre Rolle eingewöhnen. Im Hotel leben Arbeiter, die ein günstiges Zimmer brauchen, Pärchen, die auf engem Raum ein Zuhause für sich suchen und alte Menschen, die kaum mehr die Miete bezahlen können. Es wird geredet, getrunken, gerauft, geliebt und gestorben. Eine junge Frau kommt vom Land, verliebt sich in einen ungehobelten Arbeiter, verdient ihr Geld als Putzhilfe im Hotel, wird schwanger, gibt ihr Kind einer Amme, bis von dort ein Telegramm kommt, dass ihr Kind gestorben ist. Danach findet sie nicht mehr ins bisherige Leben zurück und trifft sich mit vielen Männern in ihrem Zimmer, bis sie aus dem Hotel geworfen wird. Es gibt den alten Mann, der die Miete nicht mehr bezahlen kann und ins Armenhaus kommt. Dort erhält er von Louise einmal die Woche ein warmes Essen und erinnert sich an die Zeit im Hotel. Es ziehen neue Leute ein und andere verschwinden für immer. Die Nachbarsleute kommen zu einem Glas Wein, spielen Karten und Emile und Louise sind der Mittelpunkt dieses kleinen Kosmos, weit ab der schillernden Boulevards in der Pariser Innenstadt. So bekommen wir Lebensabschnitte vieler Mitbewohner mit und damit auch gleich einen intesiven Einblick in dieses Quartier zwischen den Weltkriegen.
Dabit schreibt über seine Erfahrungen, so, wie er diese Menschen kennengelernt hat. Es ist die Zeit, als Marcel Proust für seinen zweiten Band „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ den Prix Goncourt erhielt und auchhier wird eine verschwundene Zeit beschrieben. Eine Welt, die abseits der goldenen 20er Jahre, das Miteinander der einfachen Menschen zeigt. Die Arbeiter, Seelaute, Putzfrauen können nur überleben, wenn sie zusammenhalten und trotz vieler Streitereien eine Gemeinschaft bilden. Das Buch endet damit, dass das Hotel abgerissen wird. Das Ehepaar zieht sich in eine Wohnung zurück und versucht sich an den anderen Alltag zu gewöhnen. Die Geschichte des Hauses geht jedoch weiter. Mehrfach hätte das Gebiet um das Hotel abgerissen, umgebaut, neu geplant werden sollen. Und immer regte sich Widerstand im Viertel. Heute steht das Hotel wieder an der alten Stelle, beherbergt ein Resutaurant und die Fassade steht unter Denkmalschutz. Falls ich also wirklich einmal den Weg nach Paris finde, …

Die Homepage des jetzigen Hotel du Nord

Unbedingt lesenswert das sehr informative Nachwort von Julia Schoch.

Leseprobe

Ein kleiner Ausschnitt aus der Verfilmung

Und der komplette Film
https://www.youtube.com/watch?v=VsH6iBThxR0
___________________________

2

Heute abend ab 19 Uhr
LiteraLotto mit Florian Arnold und Rasmus Schöll

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert