Das 7.Türchen vom Besten das Beste

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Heute haben
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Gertrud Leutenegger * 1948
Giaconda Belli * 1948
J.R.Moehringer * 1964
Geburtstag
und Tom Waits wird 66.
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Offill

Jenny Offill:Amt für Mutmaßungen
Deutsch von Melanie Walz
DVA € 17,99
als E-Book € 13,99

Es ist doch immer gut,Tipps von KundInnen zu bekommen. Aber dass diese Buchempfehlung so stark ist, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte das Buch beim Vertreter nicht bestellt, kannte auch die Autorin nicht. Mitte November lag es dann auf dem Büchertisch im Laden, aber es hat nie den Weg zu mir nach Hause gemacht. Knapp 170 Seiten, in vielen kleinen Abschnitten geschrieben und mit einem auffallenden Umschlag hat es mich seither angelacht. Nun endlich war es soweit. Und: Es ist grossartig. Die Textbausteine sind oft nur fünf Zeilen lang und wirken irritierend. Aber einmal angefangen, merken wir, wie sie uns einsaugen. Sehr gekonnt verflechtet Jenny Offill die Gedanken ihrer Hauptperson mit Zitaten aus der Welt der Literatur und Philosphie. Ihre Beobachtungen messerscharf, haargenau getroffen und voller Witz. Eigentlich sollte ich das Büchle nochmals zur Hand nehmen und jetzt mit Stift und Papier all die gelungenen Textpassagen herausschreiben. Es würde eine ganze Liste ergeben.
“Amt für Mutmaßungen”, so haben sich die beiden Jungverliebten unten auf ihre Briefe geschrieben und dieses “Department of Speculation” bleibt es auch das ganze Buch durch. Hier wird viel über andere nachgedacht, über sich selbst, über das, was hätte werden können, und wie es wohl weitergeht.
Wer Mutmaßungen über den Kosmos anstellt …, ist nichts anderes als ein Verrückter.”
Sokrates
Dies hat die Autorin als Motto vorausgestellt und sie beginnt den Roman damit, in dem sie beschreibt, dass Antilopen zehnmal besser als Menschen sehen und somit in einer sternklaren Nacht die Ringe des Saturns sehen können. Eingeflochten hat sie in diese drei Zeilen, dass er dies ganz zu Anfang zu ihr gesagt hat. Oder beinahe.
Ganz am Anfang gab es ein jungverliebtes Paar. Sie schreibt, er macht Musik und komponiert. Newy York, Brooklyn, alles ist gut. Es ist die Szene, das Leben mit Bekannten und kein Denken an ein morgen. Ein Grosstadtleben, wie sie es sich vorgestellt haben. Aber aus dem Verliebtsein wird eine “normale” Ehe mit viel Hochachtung für den Partner (auch dafür hat sie hervorragende Vergleiche). Ein Kind kommt, ein Schreibaby, eine Tochter, die den Alltag prägend verändert. Dies wird bis zur Hälfte des Buches aus der Sicht der Frau geschrieben, bis es danach zu einer tiefschneidenden Veränderung kommt, die eigentlich sehr einfach gelöst werden könnte, aber eine Lawine von Mutmaßungen auslöst. Ab diesem Moment gibt es kein ich, sondern nur noch ein sie und er.
Mehr möchte ich ihnen nicht erzählen. Genießen Sie lieber den kompletten Roman, den Sie sehr schnell (das erste Mal) durchgelesen haben.
Melanie Walz, die wir als Übersetzerin von Lily Brett, Antonia S.Byatt, Patricia Higsmith und u.a. auch Annie Proulx kennen, konnte hier aus dem Vollen schöpfen und hatte sicherlich eine große Freude und viel Arbeit beim Formulieren. Bei uns Lesern bleibt das Vergnügen an diesem frechen, witzigen, genau beochteten, glasklaren Roman über eine Ehe.
Der Roman wurde von der New York Times unter die zehn besten Bücher des Jahres 2014 gewählt.

Leseprobe

“Jenny Offills Roman ‘Amt für Mutmaßungen’ hat mir wahnsinnig gut gefallen; richtig klasse!”
Doris Dörrie

Was ich auch noch erfahren habe, ist, dass Jenny Offill Kinderbücher geschrieben hat.
Gefunden habe ich diesen sehr witzigen Trailer:


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Werner Färbers Ungereimtheiten
Besorgte Bürger

„Ich bin ja kein Nazi, aber …“,
hebt ein „Bürger“ an voll Sorge.
Begegnet mir solches Gelaber,
wünsche ich, dass man ihm borge
die eine oder andre Zelle
für sein eingebräuntes Hirn,
dass es bald wird wieder helle
hinter der Sorgenfaltenstirn.

Die Laus Niko

Niko, die Laus, war wohl bekannt,
im Reich der kleinen Läuse.
Jahr für Jahr fuhr sie durchs Land,
den Schlitten zogen Mäuse.

Der große Sack war stets so voll
mit schönen, bunten Sachen,
dass er beinahe überquoll
und fast die Nähte brachen.

Niko nahm den schweren Sack
auf ihren Läuserücken.
Da machte es ganz leise knack
und tat die Laus zerdrücken.
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