Mittwoch, 29.März


Heute haben
Yvan Goll * 1891
Ernst Jünger * 1895
Ur-Opa Hans * 1927
Georg Klein * 1953
Jo Nesbo * 1960
Geburtstag
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John Höxter (1884–1938)
Pro domo

Wenn ich wollte, was ich könnte,
Könnt’ ich eher, was ich wollte;
Doch wie will ich wollen können,
Und wie kann ich können wollen
Ohne Muß zum Können wollen,
Da man wollen kann, wer muß!
Müßt’ ich wirklich, was ich müssen wollte,
Könnt’ ich sicher, was ich können muß.
Seht! Ein Mann, der manches können könnte,
Wenn der gute Mann nur wollen wollte.
Er verstummt und macht vorzeitig Schluß,
Weil (nach Nathan) kein Mensch müssen muß!
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Unser Buchtipp:


Laurent Mauvignier: „Von Menschen“
Aus dem Französischen von Annette Lallemand
Wagenbach Verlag Taschenbuch € 15,00

Das ist das Besondere am Bücherlesen. Dass sich plötzlich Parallelen auftun, von denen man nichts ahnte, die sich eröffnen, nachdem das eine Buch zu Ende, das andere Buch gerade begonnen wird zu lesen.
Vor zwei Tagen hatte ich „Der Keim“ besprochen. Den Roman über Verbrechen, Schuldzuweisung und Sühne. Jetzt der Roman des Franzosen Laurent Muvignier, der 2009 im Französischen und 2011 im Deutschen unter dem Titel „Die Wunde“ erschienen ist.
Auch hier ist es wieder eine kleine, überschaubare Dorfgemeinschaft, in dem Bernard, der Aussenseiter, der Alkoholiker einer Straftat bezichtigt wird. Er schenkt seiner Schwester zum 60.Geburtstag eine goldene Brosche. Woher hat er das Geld? E, der sonst nie etwas hat, der abgelegte Kleidung trägt, irgendwo in einer Hütte im Wald lebt und immer wieder etwas zu Essen zugesteckt bekommt. Es scheint unmöglich, dass dieser, nach Rauch stinkende Kerl, so etwas Wertvolles auf legalem Weg erworben haben kann. Die Situation eskaliert, Bernard verschwindet und bedrohnt danach noch die algerische Familie im Dorf. Der Bürgermeister und die Polizei werden eingeschaltet. Sie wollen Bernard zur Rede stellen.
Hier wechselt die Perspektive und Bernards Cousin Rabut erzählt in Rückblicken ihrer beider Zeit als Soldaten im Krieg in Algerien. Dieses Trauma hat beide, auch vierzig Jahre später, nicht mehr losgelassen. Diese schrecklichen Erfahrungen und das kollektive Schweigen führte u.a. dazu, dass Bernard so ist, wie er ist und Rabut keine Nacht durchschlafen kann.
Laurent Mauvignier hat nicht nur ein Buch über den Algierienkrieg geschrieben, sondern ein Buch über Krieg überhaupt. Und dies so geschickt erzählt, dass wir beim Lesen unser Verhältnis zu den einzelnen Personen immer wieder neu überdenken.