Montag, 6.Dezember

Ein Nikolausküken von Anke Raum

Heute haben
Sophie von La Roche * 1731
Peter Handke * 1942
Geburtstag
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Winfried Hermann Bauer
Fern der Siedlung

Akkurat sind die Bauwerke
Die wir behausen
Rechtwinklig und
lotrecht
Anker und Wurzel
Für den fliehenden Geist

Zuflucht sind sie
Dem Wanderer
Und Hemmschuh zugleich
Ein Graus dem Nomaden gar
Der sein Gesicht in den Wind dreht
Und die Augen schließt
Der Weite Duft und Regung wegen

Frei strömt der Atem
Für den Unbehausten
Von Wänden unverstellt
Dennoch streift er sehnsüchtig
Zu weilen
Über die Brüche im Fels
Und träumt von Beständigkeit
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Unser Tipp:


Eva Menasse: „Dunkelblum
Kiepenheuer&Witsch Verlag € 25,00

„Die ganze Wahrheit wird, wie der Name schon sagt, von allen Beteiligten gemeinsam gewusst. Deshalb kriegt man sie nachher nie mehr richtig zusammen. Denn von jenen, die ein Stück von ihr besessen haben, sind dann immer gleich ein paar schon tot. Oder sie lügen, oder sie haben ein schlechtes Gedächtnis“

Gestern nachmittag habe ich mir den Vortrag von Eva Menasse angeschaut und angehört, den sie während ihrer vier Tage der Poetik-Dozentur an der Tübinger Universität gehalten hat.
Höchst interessant erzählt sie über Ihr Schreiben, über das Schreiben insgesamt und gibt Einblicke in ihren neuesten Roman „Dunkelblum“. Eine sehr informative Stunde, die sich wirklicht lohnt.
(Gemeinsam mit Thomas Hettche war sie in Tübingen. Auch er hält einen Vortrag. Sie können auf zwei weiteren Livestream-Videos Buchtipps der beiden Autoren und ein Gespräch mit der Moderatorin Frau Kimmich nachschauen.)


Kurz zurück zu „Dunkelblum“.
Eva Menasse entwickelt hier ein großes Geschichtspanorama am Beispiel einer kleinen Stadt, die immer wieder zum Schauplatz der Weltpolitik wird, und erzählt vom Umgang der Bewohner mit einer historischen Schuld. Der Roman ist ein schaurig-komisches Epos über die Wunden in der Landschaft und den Seelen der Menschen, die, anders als die Erinnerung, nicht vergehen.

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