Samstag, 10.Juli

Heute haben
Marcel Proust * 1871
Günther Wiesenborn * 1902
Paul Wühr * 1927
Alice Munro * 1931
Kurt Brasch * 1937
Geburtstag
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Joseph von Eichendorff
Morgendämmerung

Gedenk ich noch der Frühlingsnächte
Vor manchem, manchem Jahr,
Wie wir zusammen im Garten standen
Und unten über den Landen
Alles so still noch war.

Wie wir standen in Gedanken,
Bis eine Morgenglocke erwacht‘ –
Das alles ist lange vergangen;
Aber die Glocken, die da klangen,
Hör ich noch oft bei Nacht.
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Verena Güntners Lesung aus dem Buch „Power“ haben wir vom März 2020 auf den Juli 2020 verschoben und dann ist, wegen Corona, gar nichts daraus geworden. So ist es eines dieser Bücher geworden, die wir zwar gut verkauft haben, viel besprochen wurde und dennoch untergegangen ist.
Jetzt gibt es diesen starken, verwirrenden, intensiven Roman als Taschenbuch und ich empfehle ihn immer noch auf’s Wärmste.

Sarah hat ihn damals besprochen.


Verena Güntner: „Power
Penguin Verlag € 12,00

Power ist verschwunden. Der Hund der alten Hitschke, die sonst niemanden mehr hat, seit ihr Mann verschwunden ist. Die Hitschke bittet das Nachbarmädchen Kerze, ihr zu helfen, weil Kerze immer Rat hat und außerdem keine Angst. Kerze nimmt den Auftrag ernst und schart immer mehr Kinder aus dem Dorf um sich, die mit ihr, auf der Suche nach Power, tiefer und tiefer im Wald verschwinden.

Während die Kinder über Wochen auf allen Vieren halb nackt durch den Wald streunen, um am Ende mehr Hund als Mensch zu sein, ist die Verwandlung der verzweifelten, nach ihren Kindern suchenden, Erwachsenen scheinbar marginal. Denn eigentlich lauert sie schon immer unter dem Deckmantel von Anstand und Moral. Der kleinste Anlass aber, den sorgfältig antrainierten Benimm über Bord zu werfen, macht aus den Dorfbewohnern in Güntners Geschichte eine immer enthemmtere Ausschlussgesellschaft, die sich wehrlose Opfer sucht und vor nichts zurückschreckt. Die Hitschke, die ja der Auslöser für die Power-Suche und das Verschwinden der Kinder war, kommt da gerade recht.

Der Ausweg der Kinder, allen gesellschaftlichen Konsens bzw. die menschliche Spezies als denkende Kreatur, hinter sich zu lassen, aus Unverständnis über die Einfalt und die Angst der Erwachsenen und die stets schwelende Rückfälligkeit in archaische Strukturen, scheint total konsequent. Denn schon vor dem Ausnahmezustand und dem Verschwinden der Kinder, haben die Erwachsenen Angst vor Kerze, einem Kind. Weil sie keine Angst hat. Angst ist das, was Gesellschaft zerfrisst und hier eben auch das Dorf. Ausgeschlossen haben sie schon davor. Diejenigen, die anders waren. Einen Oberbauern, der diktatorisch die Gemeinde führt, gibt es auch. Richtige Nazis hingegen gibt’s nur im Nachbardorf. Bei Henne, dem Nachwuchsnazi möchte keiner mitmachen. Nazis sind die, so vermutet Kerze, die Angst haben, dass ihnen was weggenommen wird. Aber vor Henne hat keiner Angst. Das funktioniert hier also nicht. Vielmehr muss Henne sich unterordnen im Kinderhunderudel, wenn er dazugehören will.
Angst ist das zentrale Motiv in diesem Roman. Angst und was sie mit uns als Individuum und als Gemeinschaft macht. So ist dieses Dorf gleichwohl eine ziemlich zeitgemäße Parabel auf unser Heute, das von der Angst vor dem Fremden bestimmt wird.

Und am Ende ist der ganze Spuk mit einem Mal vorbei. Als hätten wir das alles nur geträumt. So jedenfalls endet der Roman.
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Wenn wir in Deutschland nur die Hälfte unserer Lebensmittel nicht wegwerfen würden, würden wir 6 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Ein Fünftel weniger Fleisch essen ergeben 10 Millionen Tonnen CO2 Ersparnis. 12 Millionen Tonnen sind es beim Verzicht auf ein Fünftel neuer Kleidung und der Umstieg von innerdeutschen Flügen auf die Bahn ergeben 2 Millionen.
Nur vier einfache Rechenbeispiele.
Hier geht es zum Artikel auf tagesschau.de

Montag, 20.April

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Wir haben wieder „ganz normal“ geöffnet.
Also irgendwie doch nicht normal.

Wir haben ein Einbahnstraßensystem im Laden installiert, an das wir uns alle erstmal gewöhnen müssen. Es gibt Schilder mit Sicherheitsabstand, Desinfektionsmittel und eine Klingel, wenn jemand den Laden betreten will.

Wir freuen uns auf Ihren/Euren Besuch, auch wenn es zu kleinen Wartezeiten kommt.
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Verena Güntner hätte bei uns lesen sollen.
Jetzt gibt es eine Stunde Interview bei Spiegel lesen mit
Volker Weidermann.

https://www.spiegel.de/kultur/literatur/verena-guentner-spiegel-liest-roman-power-a-8c98d5e2-4afc-423d-803f-d0d506bfa627?jwsource=cl

Freitag, 14.Februar

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Heute haben
Alexander Kluge * 1932
und Josef Hader *1962
Geburtstag
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Johann Wolfgang Goethe
Ob der Koran von Ewigkeit sei?

Ob der Koran von Ewigkeit sei?
Darnach frag ich nicht!
Ob der Koran geschaffen sei?
Das weiß ich nicht!
Daß er das Buch der Bücher sei,
Glaub ich aus Mosleminenpflicht.

Daß aber der Wein von Ewigkeit sei,
Daran zweifl‘ ich nicht;
Oder daß er vor den Engeln geschaffen sei,
Ist vielleicht auch kein Gedicht.
Der Trinkende, wie es auch immer sei,
Blickt Gott frischer ins Angesicht.
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Vor zwei Jahren wurde Anja Kampmanns Roman: „Wie hoch die Wasser steigen“ für den Leipziger Buchpreis 2018 nominiert und sie hat im Juni des Jahres bei uns in der Buchhandlung daraus gelesen.
Jetzt gerade hat es Verena Güntner mit „Power“ in diese engere Auswahl geschafft und auch sie kommt zu uns die Buchhandlung; am Montag, den 30.März um 19 Uhr.
Der Roman „Power“ erscheint am 18.Februar.
Anja Kampmanns Buch ist jetzt als Taschenbuch herausgekommen.

Wie hoch die Wasser steigen von Anja Kampmann

Anja Kampmann: „Wie hoch die Wasser steigen“
btb € 11,00

Männer auf Bohrinseln müssen ein eigener Schlag sein. Sie verdienen zwar viel Geld, die Arbeit ist jedoch hart, nervenaufreibend und stumpft die Sinne ab. So auch bei Waclaw, der Hauptfigur. Er hat in einer Sturmnacht seinen besten Freund Mátyás verloren. Einfach über Bord. Über Jahre haben sie Arbeit und Freizeit geteilt, schliefen in gleichen Zimmern und fuhren gemeinsam in Urlaub. Sie verdienten zusammen viel Geld und haben es gemeinsam wieder ausgebenen. Nun ist diese Leere und Waclaw macht sich mit den Habseligkeiten von Mátyás auf die Reise nach Ungarn, dort wo dessen Familie ist. Diese Odyssee ist oft schwer zu ertragen. Denn obwohl Waclaw viel Geld hat, reist er wie ein Oblachloser, lässt sich mitnehmen, übernachtet im Freien und oft am Rande der Legalität. Es gibt Passagen in diesem Buch, die ich mir als Graphic Novel mit schwarzer Tusche gezeichnet wünsche. Unglaubliche Bilder tauchen auf und ich frage mich, wie diese junge Autorin das geschafft hat. Sie schreibt gegen den Strich, vermeidet jegliche literarische Peinlichkeiten und Glattgestrichenes. Stark, hart, aber nie brutal oder derb liest sich das oft. Und gleichzeitig tauchen Sätze auf, die ich unterstreichen wollte. Die Handlung springt in den Kapiteln, genauso wie unsere Gedanken hüpfen und uns oft nicht zur Ruhe kommen lassen.
Waclaws Reise führt ihn bis in seine Heimat, dem Ruhrgebiet, um eine alte Freundin zu treffen und seinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Aber auch wie bei Odysseus ist seine Reise noch nicht zu Ende und er zieht weiter bis nach Polen, um dort ein Zuhause zu finden. Ob dies allerdings der Endpunkt sein wird, steht in den Sternen.

„Es kam ihm unwirklich vor, alles, die gesamten letzten Jahre. Als wäre er schon weit weg von all dem. Oder als verschränkte sich diese Zeit mit Mátyás irgendwo tief in ihm mit einem anderen Verschwinden, für das ihm seit Jahren keine Sprache geblieben war. Es war ein Pochen, dumpf und weit weg, als würde er an einer Staumauer lehnen und hörte auf der anderen Seite die heftigen Bewegungen von ein paar Steinen am Grund. Wie ein Hohlraum, der ihm nie aufgefallen war.“

„Ich hab tatsächlich viel über diese Arbeitermilieus gelesen und diese physische Arbeit, die so unsichtbar geworden ist, ernst zu nehmen, war sicherlich ein großes Anliegen. Und gleichzeitig kommt man, wenn man darüber erzählt, einfach in die Situation, dass es eine Figur ist, die einfach in dieser Welt ist und die da ihre eigenen Probleme hat. Es wäre nichts fiktiver als ein Ölbohrarbeiter, der den ganzen Tag über die Arbeitswelt des Ölbohrens sinniert, sondern der hat dann eher andere Sorgen.“
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5 Fragen an Anja Kampmann (Hanser Verlag)

Ihr Roman beginnt auf einer Ölbohrplattform. Haben Sie dort schon einmal gearbeitet?
Auf eine Ölplattform zu kommen ist höllisch schwierig. Ich habe mit sehr vielen Menschen gesprochen, die dort draußen viel Zeit, sogar Jahre verbracht haben, in Papua Neuguinea, vor Australien, in der Nordsee, im Golf von Mexiko. Die Abläufe und Routinen zu verstehen war mir sehr wichtig, die Zwölfstunden-Schichten, die physische Belastung, die technischen Abläufe. Darüber zu schreiben war eine Herausforderung, auch, einen Ton zu finden, der die Härte nicht verschweigt, aber sich dem Sujet nicht anbiedert. Und mich hat interessiert, was bringt die Männer (meistens sind es Männer) dazu, dorthin zu gehen, welchen Träumen jagen sie nach? Welche Sehnsucht ist so groß, dass ich mir drei Wochen am Stück eine enge Kabine mit drei anderen Arbeitern teile, die schlecht riechen und nicht einmal meine Sprache sprechen?

Beim Lesen könnte man denken, Ihr Roman sei für Sie ein Abenteuer, die Entdeckung einer anderen Welt. Stimmt das? Und suchen Sie so etwas auch, wenn Sie selber einen Roman lesen?
Gedanken, Situationen, Menschen, die mir begegnen und die mich umtreiben, bekommen eine größere Lebendigkeit, wenn sie in eine andere Hülle schlüpfen, in eine andere Welt verlagert werden, das gibt mir eine größere Freiheit. Für mich ist dieser Umweg von außen auch ein Weg, um die eigene Welt ganz anders und ganz neu zu sehen. Ein Autor kann sich ganz schön im Weg stehen, wenn er ständig etwas behauptet und findet und „schon immer so gemeint“ hat. Letztlich ist es für mich genauso fern und exotisch, über eine Ölplattform in der Bucht von Campeche zu schreiben, wie über das Ruhrgebiet, wo meine Eltern in den 60er Jahren aufgewachsen sind. Natürlich habe ich auch viele Recherchereisen unternommen, nach Tanger, Budapest, ich war in Kairo und in der Sinai-Wüste und dennoch; damit die Landschaften im Text bestehen, müssen sie durch eine Perspektive gebrochen werden.

Der Roman beginnt auf dem offenen Meer, hält inne über den Dächern von Kairo, in den italienischen Bergen, und dann geht er in Richtung Ruhrgebiet. Wenn man sagen würde, das sei eine Art langsame Heimkehr, wären Sie da einverstanden?
Waclaw ist keiner, der die Hände im Schoß faltet, über das Leben nachdenkt und beschließt nach Hause zu fahren. Er hat zwölf Jahre ein recht rasantes Leben gelebt, war auf der ganzen Welt, hat gut verdient, in all dem gab es scheinbar keine Notwendigkeit, sich diesen großen Fragen zu widmen. All die Stationen, die er da meistert, haben ja etwas von einer Flucht, sie haben für ihn den anfänglichen Reiz verloren. Wenn einer nicht zurück kann, nirgends Fuß fasst, dann wird alles beliebig. Zum Beispiel sitzt er in Tanger auf einer Dachterrasse von einem Hotel und trinkt Whiskey Sour. „Alles war zu süß“, heißt es da. Dieser Mann ist zu alt für Entdeckungsreisen, immer wieder stößt er auf sich selbst, auf seine Müdigkeit und Ängste, und dann reist er weiter. Er will nicht hinsehen. Er treibt nach Hause, driftet. Und das ist doch komisch: Er hat so viel Geld gemacht, er kann überall hinfahren. Dennoch scheint er nicht über sein eigenes Leben verfügen zu können, er hat keine Richtung mehr, keinen inneren Kompass. Aber er hat eine Sehnsucht nach diesem Gefühl, das er von früher kennt, und das sind oft Bilder von Gemeinsamkeit, nicht mehr, als am Fenster zu stehen und mit Milena in den Regen zu sehen.

Ihr Roman hat einen ganz eigenen Rhythmus, eine ganz eigene Sprache, die einen nicht mehr loslässt. Ist Ihnen das beim Schreiben bewusst? Wie würden Sie das selbst beschreiben?
Die Sprache, der Rhythmus, wie ein Satz klingt, wie ein Bild gebaut ist, das ist mir alles sehr wichtig. Ich lese sehr ungern Bücher, die von A nach Z durchgeplottet sind, und in denen dann Sätze stehen wie: Er sah sich mit seinen stahlblauen Augen um, oder sowas. Mir ist es wichtig, das Erzählen ernst zu nehmen, die sinnliche Welt, in der wir uns bewegen, und die Figuren nicht von außen zu erklären, sondern eher Bilder zu schaffen, in denen sie sichtbar werden, Situationen, kleine Binnenerzählungen, die den Text auf eine Art erfahrbar machen. Dass ich das Ganze auf kleinem Raum verdichte, ist wohl eine Berufskrankheit, da ich aus der Lyrik komme. Aber im Roman ist es eben reizvoll, die Details dem Erzählen unterzuordnen, neu abzuklopfen, es bedeutet ja auch für mich, die Perspektive zu verschieben. Das ist spannend. Sonst weiß ich ehrlich gesagt manchmal nicht, was so anders ist an diesem Erzählen, mir kommt es oft immer noch vor wie ein Versuch, diese komplizierte, schimmernde Welt ein bisschen zu bändigen.

Ihr erstes Buch war ein Gedichtband. Was ist anders beim Schreiben, wenn man an einen Roman geht? Und was ist das größere Abenteuer, das größere Risiko?
Ich glaube, Gedichte schreibt man in einem anderen Modus, man ist viel mehr bei sich, und man kann sie nicht erzwingen – dem Roman muss man auf eine Art auch dienen, man denkt in ganz anderen Zusammenhängen. Es war auch eine Befreiung, auf andere Welten zuzugehen, zu recherchieren; Hintergründe und Zusammenhänge musste ich mir oft lange erarbeiten, auch wenn sie im Text im besten Falle noch einen Halbsatz abbekommen. Die ganze Ölindustrie, das katholische Ruhrgebiet der Nachkriegszeit, die Menschen in einer Zechensiedlung, Ungarn nach dem Aufstand 1956, da ist viel, was ich mir erschlossen habe, ohne dass meine Figur sich notwendigerweise dafür interessiert. Die Geschichte hat mich ungefähr fünf Jahre begleitet, die Figuren darin – sie machen Fehler, sie sind nicht nett, aber das müssen sie auch nicht sein.
Was ich im Erzählen liebe, ist bei den Figuren zu bleiben, sie reden zu lassen, und eben auch die Möglichkeit, auf verschiedenen Ebenen zugleich zu erzählen. Natürlich ist es die Geschichte von einem Ölbohrarbeiter, aber es ist auch die Geschichte von einem Verlust und von einer Erfahrung, die viele kennen: Fremd sein, für lange Zeit an einen anderen Ort versetzt werden und dabei den Boden unter den Füßen verlieren. Nur ist es hier natürlich viel extremer. Aber das ist es ja: Wir gehen in eine völlig andere Welt und sprechen doch über unsere. Und wie sollte es auch anders sein?

Samstag

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Heute haben
Calderón * 1600
Anne Bronte * 1820
Emmy Ball-Hennings * 1885
Raoul Schrott * 1964
Geburtstag
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Es war ein sehr schöner Abend mit Verena Güntner. Dank der vielen Freunde war die Buchhandlung rappelvoll. Verena Güntner las einen Querschnitt durch das Buch und das sehr gekonnt und professionell. Sie musste sich noch gegen ein Open Air Konzert auf dem Judenhof durchsetzen, was ihr aber keine Schwierigkeiten bereitete. Ihre Lesung brachte viele Feinheiten aus dem Buch ans Tageslicht, was wir beim schnellen Lesen (und dazu verführt dieses flott geschriebene Buch) leicht übersehen. Alle Bücher verkauft und nach der Veranstaltung den Laden wieder einigermaßen hergerichtet, so dass es heute ab 9 Uhr wieder losgehen kann.
Vielen Dank an Verena Güntner.
Ein Bericht in der Ulmer Südwestpresse erscheint nächste Woche.
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Nach der ersten Veranstaltung im neuen Jahr steht auch so ungefähr
der Plan für das Frühjahr.

Dienstag, 3.Februar um 19 Uhr
Die erste Seite
Wir stellen vier Neuheiten vor
Mit Clemens Grote
Bei uns in der Buchhandlung
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Dienstag, 10.Februar um 20 Uhr
Dennis Gastmann: Geschlossene Gesellschaft
ROXY Ulm
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Freitag, 13.Februar um 19 Uhr
Tobias Wahren: Kopf an Kopf
Bei uns in der Buchhandlung
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Montag, 16.Februar um 19 Uhr
Literalotto
Spaß mit Literatur
Mit Florian Arnold
Bei uns in der Buchhandlung
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Mittwoch, 25.Februar um 19 Uhr
Der Manesse Verlag stellt sich vor
Bei uns in der Buchhandlung
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Dienstag, 3.März um 19 Uhr
Die erste Seite
Wir stellen vier Neuheiten vor
Mit Clemens grote
Bei uns in der Buchhandlung
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Freitag, 13.März um 20 Uhr
Der Tod: Mein Leben als Tod
ROXY Ulm
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Donnerstag, 26.März um 10 Uhr
Toni Mahoni: Alles wird gut
ROXY Ulm
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Dienstag, 7.April um 19 Uhr
Die erste Seite
Wir stellen vier Neuheiten vor
Mit Clemens Grote
Bei uns in der Buchhandlung
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Dienstag, 21.April um 19 Uhr
Theater Erbach: Lisa
Nach Thomas Glavinic
Bei uns in der Buchhandlung
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Freitag, 24.April um 19 Uhr
Hermann Gummerer vom Folio Verlag
stellt seinen Verlag und Südtirol vor
Essen und Trinken vom Feinsten
Nur gegen Voranmeldung
Bei uns in der Buchhandlung
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Dienstag, 5.Mai um 19 Uhr
Die erste Seite
Wir stellen vier Neuheiten vor
Mit Clemens Grote
Bei uns in der Buchhandlung
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Donnerstag, 21.Mai um 19 Uhr
Niklas Maak: Wohnkomplex
Architekturvortrag und Film
Lichtburg Kino Ulm
In Zusammenarbeit mit der vh Ulm
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Ich hoffe, ich habe mich nicht irgendwo vertippt.

Mittwoch

Abhängen mit Büchern
Abhängen mit Büchern

Heute haben
John Dos Passos * 1896
und Andreas Steinhöfel * 1962
Geburtstag.
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Offill

Jenny Offill: „Amt für Mutmaßungen“
Deutsch von Melanie Walz
Das Original. „The Department of Speculation“ kommt als Taschenbuch im März 2015 bei uns heraus. € 11,99

Es ist doch immer gut,Tipps von KundInnen zu bekommen. Aber dass diese Buchempfehlung so stark ist, hätte ich nicht gedacht. Ich hatte das Buch beim Vertreter nicht bestellt, kannte auch die Autorin nicht. Mitte November lag es dann auf dem Büchertisch im Laden, aber es hat nie den Weg zu mir nach Hause gemacht. Knapp 170 Seiten, in vielen kleinen Abschnitten geschrieben und mit einem auffallenden Umschlag hat es mich seither angelacht. Nun endlich war es soweit. Und: Es ist grossartig.
Gestern die Erzählungen von Frau Nors und heute eigentlich noch eine kürzere Form, obwohl es ein Roman ist. Die Textbausteine sind oft nur fünf Zeilen lang und wirken irritierend. Aber einmal angefangen, merken wir, wie sie uns einsaugen. Sehr gekonnt verflechtet Jenny Offill die Gedanken ihrer Hauptperson mit Zitaten aus der Welt der Literatur und Philosphie. Und wie gestern sind ihre Beobachtungen messerscharf, haargenau getroffen und voller Witz. Eigentlich sollte ich das Büchle nochmals zur Hand nehmen und jetzt mit Stift und Papier all die gelungenen Textpassagen herausschreiben. Es würde eine ganze Liste ergeben.
„Amt für Mutmaßungen“, so haben sich die beiden Jungverliebten unten auf ihre Briefe geschrieben und dieses „Department of Speculation“ bleibt es auch das ganze Buch durch. Hier wird viel über andere nachgedacht, über sich selbst, über das, was hätte werden können, und wie es wohl weitergeht.
Wer Mutmaßungen über den Kosmos anstellt …, ist nichts anderes als oin Verrückter.“
Sokrates
Dies hat die Autorin als Motto vorausgestellt und sie beginnt den Roman mit einem Textfitzelchen, in dem sie beschreibt, dass Antilopen zehnmal besser als Menschen sehen können und somit in einer sternklaren Nacht die Ringe des Saturns sehen können. Eingeflochten hat sie in diese drei Zeilen, dass er dies ganz zu Anfang zu ihr gesagt hat. Oder beinahe.
Ganz am Anfang gab es ein jungverliebtes Paar. Sie schreibt, er macht Musik und komponiert. Newy York, Brooklyn, alles ist gut. Es ist die Szene, das Leben mit Bekannten und kein Denken an ein morgen. Ein Grosstadtleben, wie sie es sich vorgestellt haben. Aber aus dem Verliebtsein wird eine „normale“ Ehe mit viel Hochachtung für den Partner (auch dafür hat sie hervorragende Vergleiche). Ein Kind kommt, ein Schreibaby, eine Tochter, die den Alltag prägend verändert. Dies wird bis zur Hälfte des Buches aus der Sicht der Frau geschrieben, bis es danach zu einer tiefschneidenden Veränderung kommt, die eigentlich sehr einfach gelöst werden könnte, aber eine Lawine von Mutmaßungen auslöst. Ab diesem Moment gibt es kein ich, sondern nur noch ein sie und er.
Mehr möchte ich ihnen nicht erzählen. Genießen Sie lieber den kompletten Roman, den Sie sehr schnell (das erste Mal) durchgelesen haben.
Melanie Walz, die wir als Übersetzerin von Lily Brett, Antonia S.Byatt, Patricia Higsmith und u.a. auch Annie Proulx kennen, konnte hier aus dem Vollen schöpfen und hatte sicherlich eine große Freude und viel Arbeit beim Formulieren. Bei uns Lesern bleibt das Vergnügen an diesem frechen, witzigen, genaubeochteten, glasklaren Roman über eine Ehe.
Der Roman wurde von der New York Times unter die zehn besten Bücher des Jahres 2014 gewählt.

Leseprobe

„Jenny Offills Roman ‚Amt für Mutmaßungen‘ hat mir wahnsinnig gut gefallen; richtig klasse!“
Doris Dörrie

Was ich auch noch erfahren habe, ist, dass Jenny Offill Kinderbücher geschrieben hat.
Gefunden habe ich diesen sehr witzigen Trailer:


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Es war Sommer, das weiß ich noch, denn ich trug eine kurze Hose und Sandalen. Heute sind Sandalen der Tod, damals war es mir egal. Ich weiß nicht mehr, warum Ma auf die Idee kam und wie genau sie Allan dazu gebracht hat. Aber wir machten allen Ernstes einen AUSFLUG. Ich glaube, ich weiß es doch noch, es war wegen der Abtreibung, sonst hätte Allan bestimmt nein zum Ausflug gesagt. Das war Allans Lieblingsbeschäftigung: zu allem nein sagen. Vor allem, wenn Ma oder ich ihn um was gebeten haben. Als ich größer wurde, hab ich ihm vorgeschlagen, sich das Wort auf die Stirn tätowieren zu lassen. „Allan“, hab ich gesagt, „das würde ne Menge Zeit sparen, du müsstest einfach nur mit dem Finger drauf zeigen!“ Da hat er mir das letzte Mal eine verpasst. Denn danach kam punktgenau ein Wachstumsschub, sodass ich plötzlich zwei Köpfe größer war als er, und da hat er sich nicht mehr getraut. Wir machten jedenfalls allen Ernstes diesen Ausflug und fuhren mit Allans Auto, in dem ich normalerweise nie mitfahren durfte, nur Ma, und die auch nicht immer, je nachdem ob sie ihre Tage hatte oder nicht, das heißt, wenn Sex ausfiel, zog das ein Mitfahrverbot nach sich, zumindest hab ich mir das immer so zusammengereimt. Ma war das egal: „Busfahren ist doch schön, Luis!“, sagte sie, nahm meine Hand und zog mich Richtung Bushaltestelle, wenn Allan uns mal wieder vor unserem Block stehen gelassen hatte und mit seinem blankpolierten Audi davongerauscht war. Aber dieses Mal durften wir beide mitfahren. Ma wollte zum Nebelhorn und Allan, die alte Hohlbirne, hat die Nase gerümpft, weil er nicht verstehen wollte, warum man einen Ausflug macht an einen Ort, wo’s neblig ist und er schrie „Benzinverschwendung!“, aber dann stiegen wir doch alle in den Audi ein und fuhren zum Nebelhorn.

Verena Güntner kommt am Freitag ab 19 Uhr zu uns und liest aus ihrem Debüt: „Es bringen“.
Bitte reservieren Sie sich Plätze.

Dienstag

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Heute haben
Michael Bond * 1926
Jay McInereny * 1955
Daniel Kehlmann * 1975
Geburtstag.
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Ein Hoch auf den Entdecker von Paddington den Bären, der 1958 das Licht der literarischen Welt erblicken durfte. Dass Bond auch noch 15 Krimis mit „Monsieur Pamplemousse“ als Detektiv geschrieben hat, fällt uns nicht auf Anhieb ein. Pamplemousse schreibt für einen Gastronomieführer, und zwar gemeinsam mit seinem Hund „Pommes frites“. Die Rezepte in den Büchern sind zum Teil von Paul Bocuse und Vincent Klink.
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„I would love people to be entertained, to love and to cry with these stories!“
Dorthe Nors

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Dorthe Nors: „Handkantenschlag“
Erzählungen
Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg
Osburg Verlag € 17,99

Auf diesen schmalen Band mit Erzählungen bin ich über das Blog „Literaturen“ gestolpert. Mit dem Namen der Autorin konnte ich gar nichts anfangen, fand aber im Netz jede Menge Jubelbesprechungen aus den USA. Na klar, die Amis lieben ja Kurzgeschichten und da passt dann auch alles zusammen. Von wegen: Dorthe Nors ist dänin, lebt in Dänemark, schreibt auf dänisch und diese Geschichten wurden schon 2008 veröffentlicht, nachdem dort schon drei Romane erschienen sind. Erst durch den Umweg über die USA, schwappte der Erfolg wieder zurück. Ulrich Sonnenberg, den wir auch schon im Laden hatten, ist einfach ein Garant, für Übersetzungen aus dem Dänischen, die hier noch als Geheimtipp gelten. Nun fehlt nur noch, dass auch Sie diese Erzählungen entdecken.
Dorthe Nors schafft es mit wenigen Worten direkt ins Leben verschiedenster Menschen aus dem 21.Jahrhundert zu steigen. Das muss sie auch, wie sie in einem Interview sagt. Bei den wenigen Seiten einer Erzählungen muss der erste Satz stimmen. Da gibt es also keine wichtige erste Seite, sondern noch viel weniger. Und das gelingt ihr wirklich. Sie deckt die ganze Bandbreite menschlicher Schicksale ab, lässt Frauen und Männer über sich selber nachdenken, ihre Lebenssituation reflektieren. „Handkantenschlag“ lautet der Titel und genauso präzise sind die Geschichten ausgeführt. Ob das nun die junge Frau und ihr Geliebter sind, oder das langverheiratete Ehepaar, bei dem er in der Nacht noch im Internet surft. Ob eine Liebesgeschichte, die auf der Brooklyn Bridge endet, oder der Mann, der sich mit einem Benzinkanister und der Telefonnummer seiner Frau im Büro einschliesst. Nors bringt Biografien auf den Punkt. Es können ganz banale Situationen sein, aber auch Sekunden, in den sich ein Leben komplett verändern kann. Die Geschichten verwirren uns und lassen uns über unser eigenes leben reflektieren .Über allem jedoch liegt eine große Schönheit, die uns mit viel Empathie mit den beschriebenen Personen mitleben lässt. Sei es auch nur für ein paar wenige Seiten.
Es ist einfach toll, neue SchriftstellerInnen zu endecken. Das entschädigt für das viele Lesen. Vielleicht können wir dank Ulrich Sonnenburg auch ihre Romane entdecken.

Leseprobe
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„Herr Knittel, mein Sportlehrer, erklärt gerade eine Sache am Bock, aber ich höre nicht zu. Turnen ist die schwulste Sache der Welt. Ich lehne an der Sprossenwand und schaue an mir runter. Schaue meine Arme an und die Haut, die um sie rumgespannt ist, und das macht mich wie immer wahnsinnig aggressiv. Ich schaue von den Armen weg und nach oben. Zuder Fensterreihe unter der Decke der Turnhalle. Man kann dieFenster nicht öffnen, deshalb stinkt es in der Halle immerohne Ende nach Schweißfüßen. Draußen ist es bewölkt, trotzdem recht hell. Ich halte einen Arm nach oben ins Licht und betrachte ihn angestrengt. Die scheiß Adern, das ist wieimmer alles, was man sieht. Ich kotze innerlich. So richtiggebracht hat das Schaben noch nichts. Ich ziehe die Unterarmhaut mit zwei Fingern der anderen Hand auseinander.Aber nichts zu machen. Ich bekomme so eine Wut, dass ich mich von der Sprossenwand abstoße und Maike zur Seite schubse, die die Letzte in der Schlange vor dem Bock und die Einzige in der Klasse ist, die mich noch nie rangelassen hat.“

Das ist noch ein Textausschnitt aus „Es bringen“.
Verena Güntner kommt am Freitag, den 16.1. um 19 Uhr zu uns in die Buchhandlung.
Der Vorverkauf läuft auf vollen Touren und es wird wohl heimelig eng werden in unserer guten Bücherstube.

Montag

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Heute haben
Johann Heinrich Pestalozzi * 1746
Jakob Michael Reinhold Lenz * 1751
Jack London * 1876
Danil Charms * 1905
Haruki Murakami * 1949
Antonio Munoz Molina * 1956
Geburtstag
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Jakob Michael Reinhold Lenz
An die Sonne

Seele der Welt, unermüdete Sonne!
Mutter der Liebe, der Freuden, des Weins!
Ach ohne dich erstarret die Erde
Und die Geschöpfe in Traurigkeit.
Und wie kann ich von deinem Einfluß
Hier allein beseelt und beseligt
Ach wie kann ich den Rücken dir wenden?

Wärme, Milde! Mein Vaterland
Mit deinem süßesten Strahl, nur laß mich,
Ach ich flehe, hier dir näher,
Nah wie der Adler dir bleiben.
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liebe

„Die Liebe in mir“
Original: „Reign Over Me“
Regie: Mike Binder
DVD € 9,99
ab 6 freigegeben

Charlie Fineman (gespielt von Adam Sandler, den wir eigentlich in Blödelrollen kennen) leidet extrem unter dem Verlust seiner Familie, seiner Frau und seiner drei Töchter, die im Flugzeug saßen, das in am 11.September in einer der Türme raste. Seidem hat er sich verschlossen und lebt zurückgezogen in seinem Apartment und vertreibt sich die Zeit mit einem Computerspiel. Unter seinen Kopfhörern verborgen und auf seinem Minimotorroller fährt er durch Manhattan, um chinesisch essen zugehen, oder Besorgungen zu machen. Mit dem Entschädungsgeld als Opfer kann er finanziell sehr gut leben. Die andere Hauptperson, Alan, ein schwarzer Zahnarzt, auch mit viel Geld, einer Wohnung in bester Lage, mit Frau und Kindern, sieht ihn zu Beginn des Filmes über eine Straßenkreuzung flitzen, nachdem er ihn seit Jahren nicht mehr getroffen hat. Gemeinsam waren sie Studienkollegen, haben beide als Zahnarzt gearbeitet, bis Charlie aus der Bahn geworfen worden ist. Alan nimmt die Spurensuche auf und findet seinen alten Freund wieder, der ihn jedoch nicht erkennt, oder nicht erkennen will, da er sich an nichts mehr erinnern will. Fast wie ein Autist steht Charlie seinem Freund von früher gegenüber. Nun beginnt für beide eine Zeit der Veränderung. Charlie öffnet sich sehr langsam und Alan nutzt die Gelegenheit, um aus seinem Trott zu flüchten, zumal er noch einen Vorwurf wegen sexuellen Missbrauchs am Hals hat, der allerdings aus der Luft gegriffen ist.
„Reign Over Me“, der Originaltitel, ist auch der Name eines Musikstückes der Who (Love, reign over me“) und dieser Ohrwurm geht mir nicht mehr aus dem Kopf, da er immer wieder eingespielt wird. Genauso wie viele kleine wunderbare Szenen aus dem Film, die ich gerne noch einmal sehen möchte. Diese Gespräche zwischen den beiden Männern, oder die Szenen mit Charlie und seiner Therapeutin, die ihm so langsam auf den richtigen Weg bringt. Die Sequenz während oder kurz nach der Gerichts-verhandlung, gegen Ende des Filmes, sind schon große Klasse. Der Richter, gespielt von Donald Sutherland, hat den Überblick, durchschaut, was im Kopf von Charlie vorgeht und lässt einige sehr schlaue Sätze los. Und natürlich die Rollerfahrten durch das nächtliche Manhattan. Da bekomme ich schon ordentlich Sehnsucht.
Mir hat der Film sehr gut gefallen, obwohl er sich natürlich aller Hollywood-Klischees bedient, aber allein wie Sandler diesen Charlie spielt, der irgendwie aussieht und nuschelt wie ein jüngerer Bob Dylan, sind schon sehenswert. Und wenn manchmal die Augen feucht werden, schadet das ja nicht.


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Diese Woche besucht uns Verena Güntner und liest aus ihrem Buch „Es bringen“.
Es könnte voll werden, da es sich um ein Heimspiel, der in Ulm geborenen Autorin handelt. Sie können sich aber schon Plätze reservieren.

Es bringen

Freitag, 16.Januar um 19 Uhr. Eintritt € 10,00

„Ich schiebe einen nach dem anderen zur Seite, nur Hannes sagt „Ey!“, aber der bekommt meinen Zwei-Sekunden-Mörderblick und guckt sofort weg. Vorne hievt Herr Knittel grade den dicken Ben über den Bock. Herr Knittel macht ein besorgtes Gesicht, während er Ben hievt. Er macht immer ein besorgtes Gesicht, es ist sein Hobby, das Besorgtgucken. Ich hab das gleich in der ersten Stunde kapiert und nie mehr
falsch eingeordnet. Man kann es sogar für sich benutzen, das Besorgtsein vom Knittel, und das hab ich gemacht. Einmal, vor nem halben Jahr war das, da hab ich so getan, als hätte ich Rippenbruch. Hatte ich nämlich tatsächlich mal nach ner Klopperei, ist schon länger her, aber zu der Zeit hatte ich den Trainingsplan noch nicht genau aufgestellt und hab die Röntgenbilder gar nicht richtig angeschaut, auf denen mir
der Arzt die drei gebrochenen Rippen gezeigt hat. Das würde mir heute nicht mehr passieren. Ich konnte das Ganze aber trotzdem bei der Rippenbruchvortäuschung extrem gut einsetzen, weil ich mir den Schmerz damals gut eingeprägt habe und sowieso automatisch immer alles für mögliche spätere Trainingseinsätze abspeichere.“

Freitag

Heute haben
Kurt Tucholsky * 1890
Karel Capek * 1890
Simone de Beauvoir * 1908
Heiner Müller * 1919
Klaus Schlesinger * 1937
Gisbert Haefs * 1950
Benjamin Lebert * 1982
Geburtstag.
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Leider habe ich das Zitat nicht mir gefunden, das belegt, dass Ulm auch in der Weltliteratur vorkommt. Wenn auch immer nur am Rande und im Vorbeifahren. So auch in „Schloss Gripsholm“ von Kurt Tucholsky, der heute Geburtstag hat. Sein dazugekommener Freund sagt da so ähnlich, dass er noch über Ulm müsse, weil er dort eine Freundin zustehen hat. Was für ein toller Ausdruck. Ich denke, damit würde man heute auch wieder Eindruck schinden.

Über die Ereignisse in Paris und um die Ermordung der zwölf Journalisten hätte er sich auf jeden Fall auch geäußert. Mir bleibt fast nur Sprachlosigkeit.

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Aufruf in unserem Fachblatt

Für Freiheit und Toleranz

Durch Anschläge wie auf das Magazin “Charlie Hebdo” sollen der freie Geist und die Toleranz vernichtet werden. Doch wir dürfen und wollen unser Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit nicht aufgeben. Deshalb stehen wir weltweit immer wieder aufs Neue kompromisslos für die Freiheit des Wortes und des Publizierens ein. Aufklärung und Information sind wichtiger denn je, damit die Anschläge nicht zum Anlass unreflektierter Propaganda werden.
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Wir bleiben zwar in Frankreich, aber mit dem kleinen Nick begeben wir uns in ganz andere Gefilde.
Die Tage des Enkelinbesuches gehen zu Ende und gestern abend war „Kinotag“ angesagt. In der Comic-Serie, die im ZDF lief, tauchen Nick und seine Bande, seine Eltern, Herr Hühnerbrüh und die Lehrerin alle wieder auf. Die Figuren sind kinokompatibel gezeichnet und verlieren somit den Charme der Sempé-Illustrationen. Die neun kurzen Episoden haben aber immer noch den gleichen Kinderwitz, wie in den Geschichten von Goscinny und wir Erwachsenen ertappen uns natürlich immer wieder im Verhalten der Eltern der kleinen Racker. Alles ist ein wenig antiquiert und harmlos, es gehen jede Menge Fensterscheiben zu Bruch. Das geschenkte Fahrrad für Nick, wird von seinem Nachbarn zerlegt, ein Ausreissversuch endet auf dem Bolzplatz, der Blumenstrauß zum Muttertag wird mehrfach zerstört, bis nur noch eine Rose übrigbleibt und ein freier Tag, wegen vorgegaukelter Magenschmerzen, entwickelt sich zu einem langweiligen Abenteuer. Zumal die Schule an diesem Tag eh ausgefallen ist. Was Nick allerdings nicht wusste. Blöd! Die einzelnen Charaktere tauchen alle auf. Der kleine Streber mit der Brille, der Junge, der immer prügeln will und ständig mit einem Pflaster auf der Nase zu sehen ist. Der, der immer isst und derjenige mit dem tollen gelben Pulli und den ewig schmutzigen Händen. Natürlich spielen die beiden Mädels wichtige Rollen. Sie sind halt schon Damen, während die Jungs nur an Weltraumabenteuer und Fussball denken. Hat sich nix geändert.
Ein prima Unterhaltung in kurzen Episoden und schön in Häppchen anzusehen.

Die einzelnen Folgen und Staffeln gibt es in verschiedenen Zusammensetzungen zwischen € 8,99 und € 12,99.

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Verena Güntner liest jetzt schon mal zehn Seiten.
Mehr zu hören und zu sehen gibt es am Freitag, den 16.1. ab 19 Uhr bei uns in der Buchhandlung.

Mittwoch

Heute haben
Albrecht Haushofer * 1903
Erwin Wickert * 1915
Roland Topor * 1938
Helga Schubert * 1940
Franz Josef Czernin * 1952
Nicholas Baker * 1957
Friedrich Ani * 1959
Sofie Oksanen * 1977
Geburtstag
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Nun nimmt das neue Jahr Formen an. Die wichtigsten Aufräumaktionen sind abgeschlossen, Bücher nachbestellt und der erste Vertreter hat sich für heute angekündigt. Wie das mit dem Telefon und dem nicht vorhandenen Internet im Laden weitergeht, steht in den Sternen. Vielleicht sollte ich dem Telekom-Bautrupp Passagen aus Dantes Inferno zumailen.
Aber wir bleiben gelassen, zählen bis 100, auf dass der Ärger sich verzieht.
Ganz einfach geht das mit diesem sehr besonderen Kinder-Bilderbuch aus dem NordSüd Verlag.

Bardos

Magali Bardos: „Bis 100“
Aus dem Französischen von Leonie Staubli
Bilderbuch ab 4 Jahren
NordSüd Verlag € 14,95

6 Bären leben in einem (1) Wald bei 2 Bergen. Jeder hat 4 Pfoten und es gibt 5 mal am Tag Honig. Was aber passiert, wenn sie ihn verlassen? Als 8 Jäger auftauchen, beginnt das Spektakel – die Bären platzen in eine Versammlung von 16 Gästen, essen 20 Torten, feiern ein wildes Fest am 31., kriegen 39 Grad Fieber und besuchen 55 Tiere auf Safari. Und so geht es munter weiter bis wir bei der Zahl 100 angelangt sind.
123
Das gibt es ein Konzert mit 49 Musikern, die 48 Schleifen (Fliegen) umgebunden haben. Wer mag das zählen? Ich habe meine Enkelin gefragt, ob Frau Bardos wohl schummelt und sie meinte sofort: „Sicher!“. Aber vielleicht zählen sie bei der Safari in Afrika auf den sechs abgebildeten Masken die 59 Kreise, 60 Federn und 61 Dreiecke nach. Es kommt noch mehr. Zum 72. Geburtstag gibt es eine Päckchen mit 73 Rauten drauf und 74 Buntstifte drin. Später finden wir noch 83 Enten und 87 Vögel, bis wir bei 91 Stück Honigkuchen und 92 Zuckerperlen angelangt und wir bei 100 Bäumen zuhause (im Wald) wieder angelangt sind.
Ein großes Vergnügen, bei dem wir schon alle Hände brauchen und ein Stück Papier mit einem Stift, um die Anzahl der verschiedenen Dinge nachprüfen zu können.
Mit Hilfe der sechs Bären geht das sicherlich ganz einfach.

Leseprobe

Auf dem Blog von Magali Bardos finden Sie noch mehr Abbildungen, wenn Sie auf den Bären klicken.
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Es bringen

Ein weiteres Textfitzelchen aus Verena Güntners Roman: „Es bringen“.
Sie liest daraus am Freitag, den 16.1. ab 19 Uhr bei uns in der Buchhandlung.

Unser Küchenboden war ein Rindenmeer, ohne Scheiß jetzt. Ich schabe seit einer Woche täglich eine halbe Stunde anmeiner Haut rum. Ich muss sehr vorsichtig sein, denn wennich zu viel an einer Stelle schabe, wird die Haut natürlichwund, fängt vielleicht sogar an zu bluten, dann können sich Krusten bilden, und das ist das Letzte, was ich bei diesem Projekt brauchen kann. Es gibt den Trainingsplan und der muss eingehalten werden. Weil ich mich selbst trainiere, muss der sogar unbedingt eingehalten werden. Trainingsrückstand gibt’s bei mir nicht. Ich als Mannschaft muss besser werden. Jeden Tag, jede Sekunde. Denn mein Ziel ist: Alles wissen.

Montag

Heute haben
Paula Ludwig * 1900
Fred Wander * 1917
Friedrich Dürrenmatt * 1921
Celestino Piatti * 1922
Juan Goytisolo * 1931
Umberto Eco * 1932
Paul Ingendaay * 1961
Elke Naters * 1963
Geburtstag
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Johann Wolfgang von Goethe
Dem aufgehenden Vollmonde

Willst du mich sogleich verlassen?
Warst im Augenblick so nah!
Dich umfinstern Wolkenmassen,
Und nun bist du gar nicht da.

Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
Blickt dein Rand herauf als Stern!
Zeugest mir, daß ich geliebt bin,
Sei das Liebchen noch so fern.

So hinan denn! hell und heller,
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Überselig ist die Nacht.
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Neues von Werner Färber,
dem ich hiermit auch ein sehr gutes neues Jahr wünsche, damit er uns noch länger mit seinen Ungereimhtheiten erfreuen kann.

UNGEREIMTHEIT DER WOCHE
 
MÄUSEUMZUG
 
In einem großen Möbellager
döst sehr friedlich eine Katze,
anstatt zu jagen kleine Nager,
vor sich hin auf ’ner Matratze.
 
Bald darauf erschrickt ’ne Kundin,
als sie ihr neues Bett zu Haus
völlig arglos auspackt und in
der Matratze lebt ’ne Maus.
 
Die kleine Maus ist angesichts
der verständlichen Empörung
bedrückt und ruft: „Ich tu dir nichts!
Entschuldige die Störung!“
 
Da sagt die Frau: „Ich glaub, ich find’
dich ja ganz niedlich und auch nett.
Ich wollt‘ ein Haustier schon als Kind.
Komm her, wir teilen uns das Bett.“
 
In einem großen Möbellager
döst sehr friedlich eine Katze
und ahnt nicht, dass jüngst ein Nager,
von hier wegzog mit Matratze.
UNGEREIMTHEIT DER WOCHE (aus der Reihe BEI HEMPELS UNTERM SOFA)
BEI HEMPELS UNTERM SOFA LXIV
 
Frau Hempel wünschte für Silvester
sich dereinst ein Blasorchester.
Dafür haben wir, mein Schatz,
wirklich nicht genügend Platz“,
erwiderte darauf ihr Gatte,
schenkte ihr zum Trost ne‘ Platte.
 
Da die Musik drauf aber doof wa’,
liegt nun die Platte unterm Sofa.
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Wenn das Wetter Kapriolen schlägt und das Enkelkind immer noch zu Besuch ist, dann wird gespielt, bis der Küchentisch qualmt. Sie hat zwar Harry Potter im Regal entdeckt und frisst sich im Moment durch den zweiten Band, für diverse Spielrunden bleibt jedoch immer Platz. „Elfer raus!“, Patiencen und verschiedene kurze Spiele werden öfter wiederholt, bis wir nicht mehr können. Neu entdeckt haben wir „Keltis“ aus dem Kosmos Verlag. Ein pfiffiges Spiel in kleiner Verpackung, das wir bisher nicht beachtet haben, das uns jedoch sofort überzeugt hat.

keltis

Reiner Knizia: „Keltis“
Der Weg der Steine
Die Mirbringvariante
Kosmos Verlag € 6,99

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Wer an der Reihe ist, deckt ein Steinplättchen auf. Anschließend entscheidet man, ob man es in seine Auslage legen oder offen liegen lassen will. Statt ein neues Plättchen aufzudecken, kann man eins von den offen ausliegenden nehmen. Die Legeregeln sind die gleichen wie bei der großen Variante, das Spiel des Jahres geworden ist. Entweder beginnt man eine Reihe mit hohen Werten und legt immer kleinere oder umgekehrt. Auch die vom großen Spiel bekannten Extrazüge und Bonuspunkte gibt es hier ebenso wie das Sammeln von Wunschsteinen. Wer am Schluss, wenn alle Steine aufgedeckt sind, die meisten Punkte hat, gewinnt. Dabei gibt es umso mehr Punkte je mehr Steine man in eine Reihe legen konnte.
Mitspielen können 2-4 Personen ab ca. 7 Jahren. Die Spieldauer beträgt ca. 15 Minuten.

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Wenn man nur zu zweit spielt, lassen sich viel mehr Farbrreihen aufbauen, als wenn 4 Personen am Start sind. Da heisst es dann wirklich überlegen, ob es sich lohnt, eine neue Reihe zu bilden, oder lieber die eigene weiterzubauen. Aber wehe, einer schnappt einem die passende Zahl weg. Beim Abrechnen ergeben sich auch noch Überraschungen, da Bonuspunkte auf den Zahlensteine nicht zuverachten sind.
Ein Spiel, das lustig und schnell gespielt werden kann, kurzweilig ist und bei dem man immer die Augen auf die Zahlenreihen der anderen gerichtet sein sollten.

Aber was brauche ich denn alles erzählen. Auf youtube gibt es alles, auch eine Spielanleitung als Video:

Viel Vergnügen beim Spielen.
Das Spiel ist über unseren Buchgrosshändler zu beziehen und ich besorge gleich mal eines für den Laden.
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Es bringen

Ein weiteres Textstückchen aus „Es bringen“ von Verena Güntner, die am Freitag, den 16.1. bei uns lesen wird.

Was ich vorhabe, ist: meine Haut so zart machen, bis sie durchsichtig wird. Dass ich  nicht weiß, wie mein Kuttelknochen-Bereich aussieht, dafür hab ich null Akzeptanz. Ich
trage ja all den Krempel seit sechzehn Jahren mit mir rum, plus meine Zeit als Baby in Mas Bauch. Wenn ihr mich fragt, ist das ne Menge Zeit für Inventar, das man nicht kennt! Ich benutze für das Ausdünnen ein stumpfes Messer. Ein Messer, das ich schon sehr lange habe, das mal mein Kindermesser war. In seinen Metallgriff sind ein kleiner
Zwerg und eine Blume eingeprägt. Als Kind fand ich das toll. Heute braucht ihr mir mit Zwergen aber nicht mehr kommen. Die Zähnchen der Messerschneide sind abgewetzt. Ich habe, als ich klein war, damit immer gern die Rinde von den Broten gesäbelt.