Montag, 11.Dezember


Heute haben
Christian Dietrich Grabbe * 1801
Alfred de Musset * 1810
Paul Kornfeld * 1889
Nagib Mahfus * 1911
Alexander Solschenizyn * 1918
Grace Paley * 1922
Geburtstag
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“Let us go forth with fear and courage and rage to save the world.”
Grace Paley
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Wir ziehen wieder ein besonderes Buch aus dem Regal:


Francois Cheng: „Fünf Meditationen über den Tod und über das Leben
C.H.Beck Verlag € 14,00
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Herbei, o ihr Lesenden, fröhlich triumphierend,
O kommet, o kommet nach Jastram hin!

Thomas Dietrich
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Gestern wurde der Friedensnobelpreis an die iranischen Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi verliehen.

Auf tagesschau.de gab es ein Interview:

Der iranischen Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi wurde in Abwesenheit der Friedensnobelpreis verliehen. Im Interview aus dem Gefängnis sprach sie zuvor über „Weiße Folter“ und ihren größten Schmerz. Sie befindet sich im Hungerstreik.

ARD: Sie können den Friedensnobelpreis nicht persönlich entgegennehmen. Was ist Ihre Botschaft zum Tag der Preisverleihung?

Narges Mohammadi: Ich fordere die Welt auf, die Verwirklichung der Menschenrechte im Iran, in Afghanistan und in allen Völkern der Region für einen dauerhaften Frieden zu unterstützen und Menschenrechte als absolut notwendig und als Voraussetzung für jegliche Verhandlungen, Verträge und Kontakte mit diesen Regierungen zu betrachten. Solange in den Ländern des Nahen Ostens keine Demokratie erreicht wird, wird ein dauerhafter Frieden nicht Wirklichkeit werden. Autoritäre Regierungen sind die Quelle extremistischer und terroristischer Bewegungen, die weltweit Unsicherheit, Gewalt und Instabilität verbreiten. Demokratie wird in den Ländern des Nahen Ostens nicht erreicht werden, solange in diesen Ländern Menschenrechte und Zivilgesellschaft nicht geschützt werden.

ARD: Der Friedensnobelpreis ehrt auch all jene iranischen Frauen, die seit dem Tod von Jina Mahsa Amini vor einem Jahr unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ gegen das Regime auf die Straße gegangen sind. Wo steht diese Bewegung jetzt?

Mohammadi: Die religiös-autoritäre Regierung hat die Befreiungsbewegung „Frau, Leben, Freiheit“ mit aller Macht und mit allen Ressourcen unerbittlich unterdrückt; mit den gewalttätigsten Methoden. Die Regierung ist gezwungen, ihre Unterdrückung in alle gesellschaftlichen Milieus auszuweiten. Repression findet überall statt: In Schulen, sogar in Grundschulen, Universitäten, auf den Straßen, in Krankenhäusern, Konzerten, Stadien und Sporthallen, bei politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen. Die Menschen konfrontieren die Regierung immer mehr, indem sie sich auf kreative und vielfältige Weise in sozialen Bewegungen organisieren. Dass die Regierung ihre Unterdrückung derart ausweitet, zeigt, wie stark die Proteste sind und wie breit sie mittlerweile in der Gesellschaft verankert sind. Auch wenn der Protest nicht mehr auf der Straße ist, sein Geist ist noch da.

ARD: Sie haben in Isolationshaft die sogenannte Weiße Folter selbst vier Mal erleben müssen. Sie berichten, wie Sie und andere Insassen in zwei mal drei Meter kleine, permanent erleuchtete Zellen gesperrt werden, häufig ohne Tageslicht. Welche Wirkung hatte diese Einzelhaft auf Sie selbst?

Mohammadi: Als ich 2001 zum ersten Mal in Isolationshaft kam, war ich 29 Jahre alt. In der Zelle spürte ich nur Angst, Schrecken und Unsicherheit. Die Einzelzelle war für mich ein unbekanntes Phänomen, ich war völlig verwirrt und fassungslos. Die Verhöre bestanden nur aus Drohungen, es gab keine normalen Gespräche oder Worte. Die sich ausbreitende Stille war wie ein ständiger Schrei, der meine Gehirnzellen lahmlegte. Auch meine zweite Isolationshaft im Jahr 2010, als meine Kinder, die Zwillinge Ali und Kiana, drei Jahre und fünf Monate alt waren, war quasi tödlich. Es war ein Ort der Qual. Das Leiden dieser Zeit ist unbeschreiblich. Ich weiß nicht, wie ich es ertragen habe.
Diese Zeit ist ein endloser, schrecklicher Albtraum in meinem Inneren. Während dieser Zeit fiel ich in der Zelle mehrmals in Ohnmacht. Mein Körper war übersät mit Prellungen und Wunden. Trotz der Angst, diese Isolationshaft wieder erleben zu müssen, bin ich entschlossen, den Kampf fortzusetzen.

ARD: Sie haben andere Folteropfer interviewt, die der Film „Unbreakable“ nun erstmals im deutschen Fernsehen zeigt. Mit diesen Interviews haben sie zeigen können, wie politische Häftlinge psychisch gebrochen und zu falschen Geständnissen gezwungen wurden, aufgrund derer ihnen die Verurteilung und teilweise auch die Hinrichtung droht. Was hat Sie während Ihrer Interviews am meisten bewegt?

Mohammadi: Was mich schockierte und was für mich schwer zu fassen war, waren die Auswirkungen und Folgen der Einzelhaft. Selbst die Menschen, deren Isolationshaft schon Jahrzehnte her war, sprachen von den immer noch anhaltenden Auswirkungen auf ihren Geist, ihre Seele und sogar ihren Körper. Es ist eine erschreckende Wirklichkeit. Und trotzdem erhalten Menschen, die Einzelhaft durchleben mussten, weiterhin keine Behandlung für diese Traumata. Das liegt daran, dass so wenig über diese Art der Folter bekannt ist. Die Berichte von Menschen, die in Isolationshaft waren und Weißer Folter ausgesetzt waren, sind unerträglich. Ich musste die Gespräche mehrmals unterbrechen, weil Erzählungen wie jene über erzwungene Geständnisse so verstörend waren. Ich denke oft an diejenigen, die in Isolationshaft erzwungene Geständnisse abgelegt haben und hingerichtet wurden. Ihre Geschichten sind mit ihnen begraben.Trennung von den Kindern „wie Sterben“

ARD: Sie waren jahrelang im Gefängnis und kämpfen weiterhin. Gibt es Momente, in denen Sie schwach sind?

Mohammadi: Während die Jahre meines Lebens hinter den Mauern des Evin-Gefängnisses vergingen, war es immer mein Ziel, gegen die Ungerechtigkeit aufzustehen und zu kämpfen. Dreimal nahmen mich Regimekräfte fest, trennten mich von meinen Kindern und brachten mich ins Gefängnis. Da zweifelte ich jedes Mal an meiner Überlebensfähigkeit. Das Wort „schwierig“ ist definitiv nicht laut und deutlich genug.

Die Trennung von Kiana und Ali war fast wie Sterben. In den Momenten, in denen ich über das Fehlen einer Mutter während Alis und Kianas Kindheit und Jugend nachdenke, überkommt mich manchmal eine erdrückende Traurigkeit, die mich denken lässt, dass ich das nicht überlebe – auch wenn ich durch diese lange Trennung nicht besiegt werde. Für meinen Einsatz für Freiheit, Gleichberechtigung und Demokratie habe ich als Frau, Mutter und Mensch alles aufgegeben und das bereue ich nicht. Aber das gilt nicht für meine Kinder Ali und Kiana. Ich bedaure, dass ich nicht bei ihnen sein kann.

Das Gespräch führte Katja Deiß, HR

Über das Leben von Narges Mohammadi sendet das Erste um 23:35 Uhr die Dokumentation „Unbreakable – Mein Freiheitskampf im Iran“.


Rowohlt Verlag € 14,00

Freitag, 17. November


Heute haben
Isabelle Eberhardt * 1877
Curt Goetz * 1888
Roger Vitrac * 1899
Mario Soldati * 1906
Ellis Kaut * 1920
Geburtstag
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„In meinem Bauch ist noch ein Lückerl für ein Stückerl.“
Zitat von Pumuckl (Ellis Kaut)
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Paul Auster: „Baumgartner
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz
Rowohlt Verlag € 22,00

Paul Austers neuester Roman enthält viel Biographisches, wobei der Autor ein Meister des Auf- und Zudecken von Tatsachen ist. Seine ewigen Themen: Was ist Wahrheit? Wie sieht es mit Zufällen im Leben aus? Wie verhalte ich mich nach einem Schicksalsschlag? Was macht das Leben meiner Groß-Eltern mit meinem Leben? finden sich auch hier in diesem Alternswerk wieder.
Sy Baumgartnern hat vor 10 Jahren seine Ehefrau bei einem Badeunfall verloren. Seither betrat er ihr Arbeitszimmer nicht mehr. Nun, mit Mitte 70 und etwas wackelig auf den Beinen, erinnert er sich an sein Leben als Sohn jüdischer Einwanderern aus Galizien. An seine Reise in diese Gegend, an die Zeit in Paris und natürlich seine Zeit mit Anna, seiner Frau, über die er genauso gestolpert ist, wie jetzt an der Kellertreppe.
In diesem wehmütigen, warmherzigen Buch lässt Auster tief in sein vergangenes Leben blicken und hat mit „Baumgartner“ ein tröstliches, hoffnungsvolles Buch über das Alter(n), das Leben und die Liebe geschreiben, wobei er uns kein fertiges Ende präsentiert.

Leseprobe
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Heute Abend in der vh Ulm
Beginn 19:30 Uhr

Dienstag, 24.Oktober

Heute haben
Dorothea Schlegel * 1764
August von Platen * 1796
Wenedikt Jerofejw * 1938
Walter Kappacher * 1938
Zsuzsa Bánk * 1965
Geburtstag
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„Glücklich ist ein bisschen viel. Sagen wir lieber: nicht unglücklich. Kein bisschen unglücklich. Nicht ein winziges bisschen unglücklich.“
Zsuzsa Bánk aus: „Schlafen werden wir später“
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Toni Morrison: „Sehr blaue Augen
Aus dem Amerikanischen von Tanja Handels
Mit einem Vorwort der Autorin und einem Nachwort von Alice Hasters

„Ich wollte dieses Buch lesen, und niemand hatte es geschrieben, also dachte ich, dass ich es schreiben würde, um es zu lesen.“
Toni Morrison

Das Debüt der Nobelpreisträgerin Toni Morrison ist in diesem Herbst in einer Neuübersetzung erschienen. Mit Vor- und Nachwort und diversen Anmerkungen versehen, in denen u.a. auf rassistische Bemerkungen hingewiesen wird und wie die Übersetzerin damit umgegangen ist.
Allein das deutet darauf hin, wieviel Sprengstoff damals und auch heute in diesem Roman stecken.
Toni Morrison erzählt die Geschichte dreier Schwarzer Mädchen im Jahr 1941in der Kleinstadt Lorain, Ohio (der Geburtsstadt der Autorin).
Claudia, die jüngste der drei hasst ihre blonde (Barbie)Puppe, zerlegt sie und will wissen, wie dieses Hartplastikding innen aussieht. Ihre ältere Schwester Frieda (10 Jahre) ist ihr eine enge Vertraute, mit der sie sich beratschlagen kann. Sie kommen in Kontakt mit der 12jährigen Pecola, mit der das Schicksal übel mitspielt. Pecola möchte blaue Augen, sehr blaue Augen und träumt so zu sein wie Shirley Temple.
Toni Morrsion schreibt diesen Roman nicht linear, sondern in Schleifen, in denen sie auf die Lebensläufe einzelner Personen eingeht und in denen wir erfahren, warum sich diese dann in diesem Jahr 1941 so verhalten.
Als Überschriften benutzt sie Sätze aus einer US-Fibel und wiederholt sie in Endlosschleifen, um zu zeigen, wie banal sie sind und wie wenig sie mit der Welt der drei Mädchen zu tun haben.
Ich war komplett gefesselt von der Geschichte und wie Toni Morrison sie aufgebaut hat. Dieses Aufwachsen in einer Welt voller Rassismus, Ausgegrenztsein, Sexismus ist auch 80 Jahre später schwer auszuhalten und es hat sich vielleicht nicht so viel grundlegend geändert.
Schreibt Carson McCullers in „Frankie“ vom gleichnamigen Mädchen, das raus aus der Enge will, ist Claudia so verbunden mit ihrer Welt, dass es für sie wohl keinen Ausweg geben kann.
Fast möchte ich schreiben: Ein Muss. Die 180 Seiten sind ein großes Stück Weltliteratur.

„Toni Morrisons Bücher verändern das Leben. In ihnen bekommen die zu oft Übersehenen und Ausgegrenzten eine Bühne, beschrieben mit unglaublich schöner Sprache und Feingefühl, sodass sie selbst in brutalen Momenten nie die Würde und Menschlichkeit verlieren.“ 
Alice Hasters

Toni Morrison wurde 1931 in Lorain, Ohio, geboren. Sie studierte an der renommierten Cornell University Anglistik und hatte an der Princeton University eine Professur für afroamerikanische Literatur inne. Zu ihren bedeutendsten Werken zählen ‚Sehr blaue Augen‘, ‚Solomons Lied‘, ‚Menschenkind‘, ‚Jazz‘, ‚Paradies‘ und diverse Essaysammlungen. Sie war Mitglied des National Council on the Arts und der American Academy of Arts and Letters. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, u. a. mit dem National Book Critics‘ Circle Award und dem American-Academy-and-Institute-of-Arts-and-Letters Award für Erzählliteratur. 1993 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur, und 2012 zeichnete Barack Obama sie mit der Presidential Medal of Freedom aus. Toni Morrison starb am 5. August 2019.
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Morgen abend, Mittwoch, 25.10., ist Judith Hermann mit ihrem neuen Buch in der vh Ulm.
Beginn: 19 Uhr
Der Club Orange ist ausverkauft. Vielleicht gibt es noch Plätze im Foyer.
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Am Donnerstagabend, 26.10. um 19 Uhr sind Christiane Wachsmann und Martin Mäntele bei uns im Buchladen und erzählen über zwei Neuerscheinungen und über die aktuelle Ausstellung in der HfG Ulm.
Eintritt frei.

Samstag, 7.Oktober

Heute haben
Wilhelm Müller * 1794
Heinrich Federer * 1866
Georg Hermann * 1871
Juan Benet * 1927
Thomas Keneally * 1935
Jesús Díaz * 1941
Geburtstag
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Wilhelm Müller

Dein Gesang, o Nachtigall,
ist ein Wunder dieser Welt,
weil ihn keiner kann verstehn,
und er jedem doch gefällt.
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Gestern ausgepackt und mich gleich in das Kapitel über Nina Simone festgelesen:


Peter Kemper: The Sound of Rebellion
Zur politischen Ästethik des Jazz
Reclam Verlag € 38,00

„Es ist ein Fehler zu glauben, dass nur Schwarze über Black Music schreiben können. Der Diskurs zu diesen Fragen sollte so vielfältig wie möglich sein.“
Archie Shepp

Rassismus und soziale Ausgrenzung sind schon immer mit dem Jazz verbunden, schreibt der Musikjournalist Peter Kemper. In diesem umfassenden Sachbuch zeigt er Schritt für Schritt die Geschichte des Jazz in Verbindung mit der Emanzipationsgeschichte der AfroamerikanerInnenn der letzten 100 Jahre auf. Das Leben und Werk wichtiger Jazzgrößen, wie z.B. Louis Armstrong, Charles Mingus, Miles Davis und auch die obengenannte Nina Simon, werden genauer ausgeleuchtet, genauso wie die verschiedensten Stilrichtungen des Jazz, bis hin zum Hip Hop und zu Black Music Matters.

Allein schon die Inhaltsangabe zeigt die ganze Bandbreite:

Einleitung: Soundtrack afroamerikanischer Emanzipation

I. ›Onkel Tom‹ zeigt Zähne: Wie Louis Armstrong die Welt überraschte

II. Stil und Eleganz: Duke Ellingtons emanzipatorische Maskerade

III. Billie Holiday: »Strange Fruit« als kulturelle Kriegserklärung

IV. Von Charlie Parker zu Art Blakey: Bebop und Hard Bob als Beispiele stilistischer Militanz

V. Abbey Lincoln und Max Roach: Wir feiern unsere Hautfarbe!
Exkurs: Randy Westons Uhuru Afrika
Exkurs: Das African Piano des Abdullah Ibrahim

VI. Charles Mingus oder: Die Kreativität des Zorns

VII. John Coltrane – »Alabama« oder: Ein Attentat schreibt Jazzgeschichte

VIII. Albert Ayler: Der stumme Schrei – Ansätze zu einer ›spirituellen Politik‹

IX. Idealismus vs. Egoismus: Aufstieg und Fall der Jazz Composers Guild

X. Saxophon als Megaphon oder: Zur Gebrauchslyrik von Archie Shepp

XI. Miles Davis – Das Herz eines Boxers
Exkurs: Zum ›Jazz-Krieg‹ mit Wynton Marsalis

XII. Weltraum-Phantasien – Der Afrofuturismus von Sun Ra und seinen Erben
Exkurs: The Comet Is Coming – Der Space-Jazz von Shabaka Hutchings

XIII. Great Black Music – Ancient to the Future!: Zur Symbolpolitik des Art Ensemble of Chicago

XIV. Demokratie der Klänge: Ornette Colemans Vision kollektiver Verständigung
Exkurs: Charlie Haden’s Liberation Music Orchestra

XV. Energie und Ekstase: Zur Sound-Strategie von Pharoah Sanders und Cecil Taylor

XVI. Black Music Matters – Kamasi Washington und seine Hip-Hop-Hood

XVII. The Future is Female – Zur Erinnerungspolitik von Matana Roberts, Moor Mother und Angel Bat Dawid
XVIII. Wie politisch kann die Sprache des Jazz sein? – Abschließende Überlegungen zur Semantik von Sounds

Wer spricht? – Ein Nachwort in eigener Sache

Leseprobe
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Wir freuen uns über die Nobelpreise für Jon Fosse und Narges Mohammadi.
Die Bücher der beiden sind natürlich im Moment nicht mehr lieferbar.
Aber in 10 Tagen werden wir sicherlich eine große Auswahl in der Buchhandlung vorrätig haben.



Freitag, 25.August


Heute haben
Johann Gottfried Herder * 1744
Bret Harte * 1836
Alberto Savinio * 1891
Dorothea Tanning * 1910
Dorothy Dunnett * 1923
Howard Jacobson * 1942
Martin Amis * 1949
Maxim Biller * 1960
Taslima Nasrin * 1962
Geburtstag
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„Poesie ist als ein notwendiges Luftkissen zwischen uns und die Wirklichkeit geschoben, um deren harten Druck zu erleichtern.“
Isolde Kurz
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Unser Buchtipp:


Tobias Rüther: „Herrndorf
Eine Biographie
Rowohlt Verlag € 25,00

Fast vier Millionen Exemplare von „Tschick“ sind mittlerweile verkauft worden. Nicht nur deshalb gehört Wolfgang Herrndorf zu den bedeutendsten Autoren der letzten Jahre.
Der Journalist Tobias Rüther kannte Herrndorf nicht, ist ihm nie begegnet, war aber in seinem Umfeld unterwegs. Herrndorfs Eltern und seine Frau haben ihn beauftragt, eine Biographie zu schreiben und ihm alle Unterlagen, das komplette Archiv, zur Verfügung gestellt.
Die sehr gut zu lesende Lektüre offenbart einen Menschen, der sehr speziell mit sich und seinen Mitmenschen war. Hochbegabt und doch ein großer Zweifler. Ein Maler, der beim Kunststudium aneckt und trotzdem sein Ding durchzieht. Ein Comiczeichner bei der „Titanic“, ein Schriftsteller, der sich in allen Schreibstilen ausprobiert und besessen an Wörtern und Sätzen feilt, bis solche grandiosen Romane wie „Sand“ dabei herauskommen.
Ein außergewöhnlicher Mensch, der früh gestorben ist und der sein Leben mit seiner Tumorerkrankung bis zuletzt in seinem Blog „Arbeit und Struktur“ dokumentierte.
In der Nacht vom 26. auf den 27.August 2013 hat er sich das Leben genommen.

Leseprobe
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Auf tagesschau.de gefunden:

Klimawandel
Rekordhitze in den Weltmeeren

Der Ozean ist ein gewaltiger Wärmepuffer, der einen Großteil der Wärme schluckt, den der menschengemachte Klimawandel verursacht. Die nun erreichten Temperaturen sind beispiellos – und werden Folgen haben.
Die Oberflächentemperatur der Ozeane hat neue Rekordwerte erreicht. Im globalen Mittel liegt sie nach vorläufigen Daten der US-Plattform „Climate Reanalyzer“ nun schon seit rund zwei Wochen bei 21,1 Grad – ein Wert, der in den rund 40 Jahren Aufzeichnung bis 2022 niemals erreicht wurde.
Die Temperatur liegt damit anhaltend weit über den üblichen Werten für den Monat August. Außerordentlich warm sind die Ozeane nun schon seit fast einem halben Jahr, seit März weist die Oberfläche der Meere global Rekordtemperaturen für den jeweiligen Monat auf.
Anfang April hatten die Temperaturen schon einmal mehrere Tage bei 21,1 Grad und damit so hoch wie nie seit Beginn der Auswertung gelegen. Davor war ein Rekord von 21 Grad im März 2016 und erneut Ende März 2023 erfasst.

Menschengemachte Treibhausgase als Hauptgrund

Als Hauptgrund für den Anstieg gelten die menschengemachten Treibhausgase. Über 90 Prozent der durch sie entstehenden Wärme wird Experten zufolge von den Ozeanen aufgenommen.
So winzig sich dabei Veränderungen um Zehntel Grad anhören mögen: Dahinter steckt die Erwärmung unfassbar großer Wassermassen, wie Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erklärt. Ein Liter Wasser könne dreitausend mal mehr Wärme aufnehmen als ein Liter Luft. …

Den kompletten Artikel finden Sie hier.

Dienstag, 15.August

Heute haben
Matthias Claudius * 1740
Sir Walter Scott * 1771
Nicole Avril * 1939
Garry Discher *1949
Stieg Larsson * 1954
Roger Willemsen * 1955
Ines Pedrosa * 1962
Geburtstag
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„Bestimmten Verhältnissen dem Leben gegenüber ist Radikalität das einzig Vernünftige, was Humanität noch rettet.“
Roger Willemsen
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Ein Entdeckung

Ia Genberg: „Die Details
Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat
Rowohlt Verlag € 22,00

Ausgezeichnet mit dem Augustpriset, dem wichtigsten schwedischen Literaturpreis.

Da liegen ein paar Exemplare eines neuen Romans auf dem Neuerscheinungstisch. Nicht allzu dick, grün. Warum habe ich das Buch bestellt, frage mich und greife zu. Kaum habe ich ein paar Seiten gelesen, merke ich, dass mir der Rowohlt Vertreter einen sehr guten Tipp gegeben hat. Ich komme nicht mehr los, bin gefangen in der Welt der Ich-Erzählerin.
Was wären wir ohne einander? Welche Begegnungen machen uns zu denen, die wir sind? Und was bleibt, wenn wir einander verlieren? Das sind einige der wichtigen Fragen in diesem Roman.
Ia Genberg infizierte sich zu Beginn der Corona Pandemie und lag wochenlang mit Fieber im Bett. Nach vielen Stunden mit Serien schauen, greift sie zu einem Buch aus dem Regal und findet eine Widmung, die sie zu diesem Roman inspirierte und sie sozusagen auf der Bettkante zu schreiben begann.
Sie schreibt über Beziehungen, die ihr Leben geprägt haben. Es sind Frauen und Männer, die sie eine Zeit begleitet und geprägt haben. Diese Personen existieren nicht mehr in ihrem Leben, sie sind verschwunden. Bis auf Sally, die sie auf Dauer begleitet. Im letzten Kapitel ist es Birgitte, ihre Mutter. Sehr intensiv, sehr nahe und doch mit einem großen Abstand beschreibt sie ihre Mutter, ihren Vater. Ein Kapitel, das mir sehr nahegegangen ist.

Leseprobe

Ein interessantes Gespräch mit Ia Genberg zu ihrem Roman finden Sie hier.
„Es ist ein Fest. Aber auch ein Kampf.“

„Wir leben so viele Leben in unserem Leben, kleinere Leben mit Menschen, die kommen und gehen, Freundinnen und Freunden, die verschwinden, Kindern, die groß werden, und ich weiß nie, welches meiner Leben den eigentlichen Rahmen bildet.“
Ia Genberg


Mittwoch, 5.Juli

Heute haben
Felix Timmermans * 1886
Jean Cocteau * 1889
Barbara Frischmuth * 1941
Josef Haslinger * 1955
Geburtstag
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Ferdinand von Saar
Stadtsommer

Funkelnd über den Dächern
Liegt der heiße Strahl;
Ach, kein Lüften, kein Fächern
Lindert die sengende Qual.

Stumm in der Häuser Schatten
Gehen die Menschen hin;
Von Wäldern und grünen Matten
Träumt ihr lechzender Sinn.

Leiser rollen die Wagen,
Plätschert der Brunnen Fluth;
In solchen schlummernden Tagen
Selbst die Liebe ruht.

Einsam im weiten Raume
Schlummerst auch du, mein Herz,
Und leis‘ nur wie im Traume
Durchzuckt dich der Sehnsucht Schmerz.
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Unser Buchtipp:


J.O.Morgan: „Der Apparat
Aus dem Englischen von Jan Schönherr
Rowohlt Verlag € 24,00

Wir befinden uns in einer Welt, wie der unseren. Ein normales Leben irgendwo in England.
Anhand verschiedener Personen in aufeinanderfolgenden Kapiteln erfahren wir über die Veränderung einer Gesellschaft durch eine einzigartige Erfindung. Denn: Es gibt kein Internet, aber die Teleportation. Sie kennen sicherlich den Begriff des beamens und genau so funktioniert das hier auch.
Im ersten Kapitel befinden wir uns noch in der Anfangsphase, in der ein kühlschrankartiges Monstrum in einer Wohnung aufgebaut wird, das einen Wahnsinnslärm verursacht, an dicken Kabeln hängt und es tatsächlich fertigbringt einen Eierlöffel verschwindenzulassen, der dann an anderer Stelle, in einem anderen Gerät wieder auftaucht. Die Entwicklung geht rasant weiter, bis dahin, dass es ganz normal ist, sich selbst, Waren und Produkte innerhalb kürzester Zeit von A nach B zu transportieren. Im letzten Kapitel wird über die Rohstoffausbeutung des Mondes nachgedacht.
Dies alles erinnert schwer an die Anfänge unseres Internets, die Modems mit ihren komischen Geräuschen, die langen Zeiten des Verbindungsaufbaus, bis zu unseren Taschentelefonen, die die größen Computer, Fotoapparate, Zeitungen, Telefone, … ersetzen.
In welcher Abhängigkeit befinden wir uns? Wem nützt diese Erfindung wirklich? Wie verändern wir uns durch diese Reisen, in den unsere Moleküle auseinandergebaut und neu zusammengesetzt werden? Sind wir noch die selben Menschen? Und was passiert, wenn auf einer Klassenfahrt eine Schülerin nicht mit den anderen zusammen am Bestimmungsort ankommt?
Der Lyriker Morgan lässt in seinem Roman Menschen zu Wort kommen, wie wir gut zu kennen meinen und deren Äußerungen und Meinungen identisch sind zu dem, wie sie bei uns im Alltag vorkommen.

Leseprobe
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tagesschau.de berichtet:
Montag war der heißeste Tag der Geschichte

Es sei kein Meilenstein zum Feiern, sondern „ein Todesurteil“: US-Forschern zufolge war gestern, der 3. Juli, der weltweit bislang heißeste Tag seit Beginn der Aufzeichnungen. Schuld daran seien der Klimawandel und El Niño.
US-Wissenschaftlern zufolge war Montag, der 3. Juli, der weltweit bislang heißeste Tag seit Beginn der Aufzeichnungen. Die durchschnittliche globale Temperatur habe 17,01 Grad Celsius erreicht, teilten die Nationalen Zentren zur Umweltvorhersage (NCEP) der USA mit. Damit sei der bisherige Rekord vom August 2016 mit 16,92 Grad Celsius übertroffen worden.
„Das ist kein Meilenstein, den wir feiern sollten“, sagte die Forscherin Friederike Otto von dem auf Klimawandel und Umwelt spezialisierten Grantham-Institut am Imperial College in London. „Es ist ein Todesurteil für Menschen und Ökosysteme.“

Hitzewelle in China, fast 50 Grad in Nordafrika

In den vergangenen Wochen litt der Süden der USA unter einer intensiven Hitzeglocke. In China setzte sich eine Hitzewelle fort, bei der Temperaturen von über 35 Grad erreicht wurden. Nordafrika verzeichnete Temperaturen nahe 50 Grad.
Auch in der Antarktis stiegen die Thermometer ungewöhnlich hoch: An der ukrainischen Polar-Station Vernadsky wurde kürzlich mit 8,7 Grad der Temperaturrekord für Juni gebrochen. Für die Entwicklung haben Wissenschaftler den Klimawandel in Verbindung mit einem aufkommenden El-Niño-Phänomen verantwortlich gemacht.

Donnerstag, 16.März

Heute haben
César Vallejo * 1892
Sybille Bedford * 1911
Tiziano Scarpa * 1963
Zoe Jenny * 1974
Geburtstag
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Theodor Storm
März

Und aus der Erde schauet nur
Alleine noch Schneeglöckchen;
So kalt, so kalt ist noch die Flur,
Es friert im weißen Röckchen.
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Unser Buchtipp:

Toni Morrison: „Rezitativ
Aus dem Amerikanischen von Tanja Handels
Mit einem langen Nachwort von Zadie Smith
Rowohlt Verlag € 20,00
Random House € 14,90

1983 veröffentlichte Toni Morrison diese Erzählung. „Rezitativ“ bleibt ihre einzige in ihrem umfangreichen Werk. In deutsch steht sie uns jetzt jetzt zum ersten Mal zur Verfügung.
Wie ein Experiment mutet die Lektüre im Nachklang an. Eine Versuchanordnung, über die wir lange gemeinsam diskutieren könnten.
Twyla und Roberta trafen sich in einem Kinderheim. Ihre alleinerziehende Mütter konnten sich nicht ausreichend um die beiden Mädchen kümmern. Twylas Mutter hatte die Nächte durchgetanzt und ihr Kind allein gelassen. Robertas Mutter war ständig krank. Vier Monate lebten sie dort zusammen.
„Schlimm genug, früh am Morgen aus dem eigenen Bett geholt zu werden – aber dann noch an einem fremden Ort festzusitzen, zusammen mit einem Mädchen von ganz anderer Hautfarbe. Und Mary, so heißt meine Mutter, hatte ja recht. Von Zeit zu Zeit hörte sie nämlich gerade so lange mit dem Tanzen auf, um mir was Wichtiges zu erklären, und unter anderem hat sie mir erklärt, dass die sich nie die Haare waschen und komisch riechen.“
Eines der beiden Mädchen ist schwarz, das andere weiss. Nach diesem Zitat ist klar, wer. Aber stimmt das? Toni Morrison lässt das, ganz bewusst, offen. Bis zum Schluss, wissen wir es nicht, erahnen, verwerfen.
Dieses raffinierte Spiel mit den verschiedenen Wahrnehmungen zieht sich durch den kompletten Text. Dazu kommen noch die Fallstricke mit unseren Erinnerungen, an denen wir ein halbes Leben festhalten, obwohl es sich vielleicht/wahrscheinlich ganz anders ereignet hat. Denn Jahre später treffen sich die beiden Frauen mehrfach wieder. Irgendwie sind die Rollen, die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sie leben, wie auf den Kopf gedreht, wenn wir uns an die beiden Mädchen zu Beginn der Erzählung erinnern.
Die Rassentrennung ist seit den 60er Jahren in den USA abgeschafft, aber weder 1983, noch 2023 hat die Gewalt gegen die schwarze Bevölkerung nachgelassen. Erst vor zwei Tagen haben wir das in den Texten von Mumia Abu-Jamal zu hören bekommen.

Wichtig an dieser Ausgabe ist das sehr lange Nachwort (im Original heisst es: Einführung) von Zadie Smith, das unglaublich klug, erhellend ist und uns die Erzählung nochmals aufdröselt, in das Werk der Nobelpreisträgerin einführt und die Bezüge zum täglichen Rassismus herstellt.

Eine kleine Sensation.

Leseprobe
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Montag, 13.März


Heute haben
Oskar Loerke * 1884
Hugh Walpole * 1884
Frank Thieß * 1890
Jannett Flanner * 1892
Erich Kästner * 1904
Juri Andruchowytsch * 1960
Geburtstag
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Oskar Loerke
Die Stadt verklingt

Woher die feinen Töne schweben
Wie weit verwehter Düfte Schwaden?
Sie sind vom weiten Weg beladen
Mit Mörtelmehl und Spinneweben.

Verstaubtem Öl in Schlüssellöchern
Und stickluftdunkler Korridore,
Mit Säuren, Weines rotem Flore,
Mit Anklang, eisern, hölzern, knöchern.

Und während sie dich schwer erheben,
Kommt schon der Mond mit großem Rade,
Und unter dir klingt als Ballade
Die Stadt, der Abend und dein Leben.
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Frisch ausgepackt:


Lisa Roy: „Keine gute Geschichte
Rowohlt Verlag € 22,00

Dieser Debütroman hat es in sich und wer sich darauf einlässt, kommt schlecht wieder davon los. Lisa Roy schreibt direkt, schonungslos und mit viel Humor über eine Situation, die wir im ersten Moment gut kennen.
Arielle Freytag wuchs im prekären Essener Stadtteil Katernberg auf, schaffte den Weg dort heraus und verdiente in ihrer Arbeit viel Geld, bis sie eine Depression aus der Bahn warf. Kaum ist sie wieder in ihren eigenen vier Wänden, erhält sie einen Anruf, dass es ihrer Großmutter sehr schlecht geht und ob sie sich nicht um sie sie kümmern könne. So steht sie wieder in ihrem alten Viertel, stolpert über ehemalige Freund:innen und Bekannte und findet überall Plakate von zwei Mädchen, die vermisst sind. Arielles Mutter war auch eines Tages verschwunden, ihren Vater kennt sie nicht und sie wuchs bei ihrer Großmutter auf.
Was sich in dieser Beschreibung sehr ernst und niederdrückend anhört, liest sich im Buch anders. Lisa Roy hat einen schnellen, direkten Ton, schildert das sehr einfache Leben im Stadtteil und nimmt uns mit auf eine Fahrt durch diverse Leben ohne Hoffnungen, mit Rückblicken in ihre Kindheit und einigen Hoffnungsschimmern. Und das alles hat eine gewisse Leichtigkeit im Stil und Treffsicherheit in ihren Beschreibungen, dass die 240 Seiten zu einer schnellen, nachhaltigen Lektüre werden.

Lisa Roywurde 1990 in Leipzig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Sie studierte in Dortmund und Köln und veröffentlichte in verschiedenen Literaturzeitschriften und Anthologien. Für die Arbeit an ihrem ersten Roman Keine gute Geschichte erhielt sie 2021 das Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium der Stadt Köln und den GWK-Förderpreis Literatur. Lisa Roy lebt mit ihrer Familie in Köln. 

Leseprobe
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Dienstag, 14.März, 19 Uhr in der Buchhandlung
Mumia Abu-Jamal: „Texte aus dem Todestrakt“
Buchpräsentation
Organisiert von amnesty international Ulm
Es liest Clemens Grote

Mumia Abu-Jamal sitzt seit über 40 Jahren im Gefängnis – zu Unrecht zum Tode verurteilt, wie seine Unterstützer sagen. Denn die ihm vorgeworfene Tat kann so, wie vor Gericht behauptet, nicht stattgefunden haben. Wurde an ihm ein Exempel statuiert? Doch Abu-Jamal lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Seit über 30 Jahren verfasst er Beiträge für die Gefangenenplattform PRISON RADIO zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen wie der Todesstrafe, den regressiven Tendenzen der US-Strafjustiz, Rassismus, dem Trump-Mob, Kapitalismus, Krieg und Klimakrise oder der Beziehung indigener Gesellschaften zur Ökologie. Die hier versammelten Essays erscheinen zum größten Teil erstmals auf Deutsch.

Mumia Abu-Jamal (*1954 als Wesley Cook) engagierte sich schon als Teenager in der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung und bei den Black Panthers. Später fand er zu MOVE, einer radikalökologischen, anarchistischen Gruppierung um den charismatischen John Africa, die in Philadelphia wirkte und dort heftigsten Repressalien der Polizei ausgesetzt war. Auch Abu-Jamal wurde 1981 auf Grund angeblichen Mordes an einem Polizisten verhaftet und sitzt seitdem im Gefängnis. Versuche, seine Unschuld vor Gericht zu beweisen, waren bisher ebenso erfolglos wie die Bestrebungen zahlreicher Aktivisten und Ermittler, durch Aufklärung des Falles für Gerechtigkeit zu sorgen.

Mittwoch, 8.März

Heute haben
Kenneth Grahame * 1859
Heinar Kipphardt * 1922
Walter Jens * 1923
Juri Rytcheu * 1930
Jeffrey Eugenides * 1960
Geburtstag
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„Es gibt Leute, die bereit sind, die Freiheit zu schützen, bis nichts mehr von ihr übrig ist.“
Heinar Kipphardt
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Platz 1 der SWR Bestenliste März 2023


Friedrich Christian Delius: «Darling, it’s Dilius!»

Erinnerungen mit großem A
Rowohlt Verlag € 24,00

F.C.Delius war immer für eine Überraschung gut. Politisch, gesellschaftlich hat er sich mit seinen Texten eingemischt und das in seiner literarisch ruhigen, oft auch ironischen Art aufnotiert. Frühe Werkreportagen, wie bei Siemens, seine SPD Zeit mit Willy Brandt, das Erlebnis Fußball-Weltmeister zu werden und das am Sonntagnachmittag am Radio verfolgen zu können, die Flucht eines Mannes aus der DDR und seine Rückkehr, das Zittern des Papst beim Gebet in einer römischen Kirche und vieles vieles mehr, hat er in seinen (meist schmalen) Romanen veröffentlicht.
80 Jahre wäre er im Februar diesen Jahres geworden. Gestorben ist er im Frühjahr davor. Hinerlassen hat er uns eine Biographie in 300 Kapiteln, die alle mit einem Wort mit A in der Überschrift beginnen.
Von „Abbey Road“, „Abendrot“, „Adorf“, „Adorno“, „Akte“, „Aktien“, „Altkanzler“, „Abstand“, „Anstand“, „Aufstand“ bis zu „Arroganz“ und „Azzurro“ geht die Reihe und dahinter verstecken sich poetische, gedankenscharfe, sehr perönliche Erinnerungen aus seinem Leben. Rom, Berlin, New York, Kindheit, Familie, Arbeit und Mitmenschen sind u.a. Themen darin und zeigen einen sehr klugen, zurückhaltenden Menschen und Autor, der versteht, uns zu unterhalten.
Hi, Dilius, schade, dass es beim A geblieben ist. Was wäre es wohl für ein Buch geworden, wenn Sie den Buchstaben D ausgesucht hätten?
Vielen Dank für diese Lebenserinnerung und Auf Wiedersehen.

Leseprobe
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Ausstellung: „Frau, Leben, Freiheit“                                         

Illustrationen von Demonstrierenden der Revolution im Iran vom 11.3.- 21.4.2023
täglich 9-18 Uhr, Sonntag bis 16 Uhr im Haus der Begegnung

Herzlich willkommen zur Vernissage: 11. März um 18.00 Uhr im Haus der Begegnung
Bei der Vernissage wird es eine Liveschaltung zu der Künstlerin Naghmeh Jah aus Kanada geben und die Schauspielerin Jasmin Tabatabai spricht per Videobotschaft zur Situation im Iran.

Unter den politischen Slogans des Jahres 2022 dürfte jener aus dem Iran der bekannteste sein: „Frau, Leben, Freiheit“ riefen Tausende in den Straßen der Islamischen Republik. Auslöser der landesweiten Massendemonstrationen in Iran war der Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin JînaMahsa Amini.
Mittlerweile sind es Proteste von enormem Ausmaß, angeführt von Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens ihre Stimme erheben gegen brutale Menschenrechtsverletzungen. Es ist demographisch die jüngste Widerstandsbewegung, die auch von mutigen Männern unterstützt wird.
Mittlerweile gibt es ca. 19000 inhaftierte Demonstrierende und unzählige Ermordungen und Hinrichtungen. Die im Exil lebende iranische Künstlerin Frau Naghmeh Jah möchte diese mutigen Menschen, die entweder hingerichtet, ermordet, gefoltert oder inhaftiert wurden und werden ein unvergessliches Gesicht geben, indem sie tagesaktuell auf social Media kunstvolle Grafiken von ihnen veröffentlicht.

Veranstalter*innen:   Diakonische Bezirksstelle, Iraniansofulm, Haus der Begegnung