Dienstag, 22.November


Heute haben
George Eliot * 1819
André Gide * 1869
William Kotzwinkle * 1943
Valery Wilson Wesley * 1947
Viktor Pelewin * 1962
Geburtstag
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Anja Kampmann
moorchaussee

am ende beginnt die marsch
das land dehnt sich in flachen carrées
um die man hunde führt und müde beine
laufen alles ist alltäglich
im herbst spurten die rehe schneller
als der geist zu den aufleuchtenden lichtern
laternenumzüge martinsbrot
inzwischen sind feuer verboten
aber das rauschen hier ist wie
der himmel und zeigt oben weitere straßen
ums moor ziehen sie jetzt zäune
auf den schildern bleiben die entfernungen stets
exakt. und der himmel ist geflutet
mit heimwegen die im dunkeln
unsicher blinken.
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Unser Buchtipp:


Yuval Noah Harari: „Wie wir Menschen die Welt eroberten“
Übersetzt von Birgit Niehaus
Illustriert von Richard Zaplana Ruiz
dtv € 20,00
Kinder/Jugendbuch ab 10 Jahren

Den erfolgreichen Buchautor Harari lässt sein Thema „Menschheitsgeschichte“ nicht los und das ist gut so.
Nach seinem (immer noch) sehr erfolgreichem Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ folgten noch zwei weitere Bände über die Gegenwart und unsere Zukunft. Danach zwei Graphic Novels „Sapiens“ und jetzt noch einmal ein Buch für Leser:innen ab 10 Jahren.
Und wieder spannt er einen großen Bogen von der Entstehung der ersten Menschen, bis hin zu den Problemen unserer heutigen Zeit, wie zum Beispiel Klimakrise, Pandemie und die zunehmende, übergriffige Digitalisierung.
Wie konnte sich dieser körperlich relativ schwache Affe zum Herrn der Welt aufschwingen? Und was musste er tun, um sich die Erde untertan zu machen? Und was ist daraus entstanden und was können wir aus dieser Entwicklung lernen?
Yuval Noah Harari nimmt sich dafür Zeit und möchte diese Geschichte für Jugendliche in vier Bänden erzählen.
Hier also „Unstoppable Us“ Band 1, wie die Reihe im Original heißt.

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Heute Abend:

Dienstag, 22.November, 19 Uhr
Dr.Martin Mäntele stellt uns Otl Aicher vor.

100 Jahre Otl Aicher, 100 Plakate im HfG-Archiv
Eintritt frei

Achtung!!
Alle, die zum Vortrag kommen, erhalten eine Freikarte für die Otl Aicher-Ausstellung oben in der HfG
.

Freitag, 10.Juni

Heute haben
Saul Bellow * 1915
James Salter * 1925
Maurice Sendak * 1928
Mensje van Keulen * 1946
Geburtstag
und heute erst Peter Kurzeck, den ich gestern schon erwähnt habe.
Rudi Deuble, der Mitherausgeber seiner Werke, hat mich darauf hingewiesen.
Übrigens kommt Rudi Deuble am Donnerstag, 13.Oktober zu uns in die Buchhandlung und stellt ein weiteres Buch von Peter Kurzeck vor.
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Mittags ist das Licht so grell, daß du all deine Kraft zusammennehmen mußt,
nur um in diesem Licht zu sein. Aber mußt bleiben in diesem Licht. Hin und
her, auf und ab – du kannst dich nicht trennen! Wie das Leben selbst.
Erschöpft oder nicht, du findest kein Ende in diesem Licht. Im Licht und so nah
bist du dir und den Menschen und allem, was du siehst. Jedem einzelnen vonder Sonne beseelten Grashalm. So weit alle Wege, so eine Nähe zu dir selbst.
Jedes Ding als Erleuchtung in diesem Licht. Der längste Tag. Zwei oder drei
längste Tage.

aus: Peter Kurzeck: „Der vorige Sommer und der Sommer davor“
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Dieses Buch ist eine Wucht:


Ilya Kaminski: „Republik der Taubheit

Aus dem Englischen von Anja Kampmann
Hanser Verlag € 22,00

Was es doch für Zufälle gibt. Gestern nachmittag las ich das Buch und dann stellt sich heraus, dass es am selben Abend in der Kulkturzeit auf 3sat vorgestellt wird.
Ein paar Gedichte aus dem Buch habe ich, mit Genehmigung von Anja Kampmann, die das Buch übersetzte und auch bei uns schon in der Buchhandlung ihren Roman „Wie hoch die Wasser steigen“ vorgestellt und zuvor ein paar ihrer eigenen Gedichte vorgelesen hat, hier auf dem Blog veröffentlicht. Damals haben mich die poetischen Zeilen sehr bewegt. Mir war aber nicht klar, dass dies Teile aus einem Ganzen waren. Einem Roman in Gedichten, einer poetischen Parabel über Krieg, über Liebe, über unser Zusammenleben und gegen das Schweigen.
Selten habe ich so starke, bewegende Zeilen gelesen, wie gestern Nachmittag.

In der Stadt Vasenka wird ein tauber Junge, der einem Puppenspiel zuschaut, von Soldaten auf offener Straße erschossen. Daraufhin schweigen alle Bewohner der Stadt, geben sich als taub aus, verständigen sich in Gebärdensprache und leisten in dieser Form Widerstand. „Deaf Republic“ heisst das Buch im Original, wobei da sicherlich die Verwandschaft von deaf und death zu lesen ist.
Neben den Grausamkeiten des Krieges gibt es eine herzzerreissende Liebesgeschichte zwischen Sonya und Alfonso und deren noch ungeborenes Kind („so groß wie ein Seepferdchen“) Anuschka.
Dass dies alles nicht gut ausgehen kann, dass das Puppenspiel in den Wirren des Krieges nicht übersteht und seine MitspielerInnen nicht überleben, ist zwar kaum auszuhalten, aber wenn wir die täglichen Nachrichten aus der Ukraine verfolgen, pure Realität.
Vielen Dank an Anja Kampmann, dass sie das Buch für uns entdeckt und übertragen hat. Von einer Übersetzung kann hier fast nicht gesprochen werden. Ich denke, dass nur eine Lyrikerin sich in diese poetische Form hineinversetzen kann.

Ilya Kaminsky
Wir lebten glücklich während des Krieges

Und als sie die Häuser der anderen zerbombten

protestierten wir,
aber nicht genug, wir waren dagegen, aber nicht 

genug. Ich lag
in meinem Bett, um mein Bett ging Amerika

zugrunde: unsichtbares Haus um unsichtbares Haus um unsichtbares Haus-

Ich stellte einen Stuhl hinaus und betrachtete die Sonne.

Im sechsten Monat
dieser verhängnisvollen Herrschaft im Haus des Geldes

in der Straße des Geldes in der Stadt des Geldes im Land des Geldes,
unserem großartigen Land des Geldes, lebten wir (vergib uns)

glücklich während des Krieges.

Ilya Kaminsky, geboren 1977 in der ehemaligen Sowjetunion, wanderte 1993 in die USA aus. Er ist ein ukrainisch-russisch-jüdisch-amerikanischer Dichter, Kritiker, Übersetzer und Lyrik-Professor. Bekannt wurde er durch die Gedichtsammlungen „Tanzen in Odessa“ und „Republik der Taubheit“, für die er zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Sein Werk wurde bislang in über zwanzig Sprachen übersetzt.
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Hardy on Tour

Tag 14
82 km bis nach Land’s End 

Die 42 km, von meinem Übernachtungsplatz in das sehr bekannte Küstenstädtchen St. Ives, waren trotz des Gegenwindes recht schnell zurückgelegt. Leider schlug, kaum dort angekommen, das Wetter um und es begann zu nieseln.
St.Ives ist nicht nur wunderschön gelegen, sondern auch bekannt für seine zahlreichen Galerien und seine beliebten Surfstrände. Es gibt wohl keinen besseren Ort um endlich mal ein Bad im Meer sich zu gönnen; immerhin hat das Wasser schon annehmbare 14 Grad, allemal erfrischend jedenfalls. 
Die Küstenstraße von St.Ives nach Land End ist eigentlich wunderschön und bietet eine prächtige Szenerie; nur bei Wind und Regen habe ich davon leider nicht allzuviel  mitbekommen. Da strampel ich die steilen Anstiege hoch, muß bei der Minimalgeschwindigkeit von grade mal 6 km/h eh schon schauen, daß ich in Balance bleibe mit dem Fahrrad, und dann spielt der Wind sein fieses Spiel, in dem er ordentlich Böen einem entgegenbläst. Aber ich habe mir die Laune nicht verderben lassen und habe mein gesamtes Liedgut dem englischen Regen gegengeträllert. Kurz vor Land’s End hatte schließlich auch der Regen genug und stellte sein Tagwerk ein. Am Abend gab es sogar noch richtig Sonne zu bestaunen. 
Land’s End – das erste Ziel meiner Tour habe ich nach ziemlich genau 1.600 geradelten km nun also erreicht und zugleich ist hier der Startpunkt der „End to End Tour“ hoch in den Nordosten der Insel nach John o Groats in Schottland und dorthin geht also ab morgen die Reise.

Montag, 7.März

Erdmännchen und Erdfrauen sind eingetroffen und können gegen eine Spende ab € 20 mitgenommen werden.

Heute haben
Alessandro Manzoni * 1786
Paul Ernst * 1866
Milo Dor * 1923
George Perec * 1936
Robert Harris * 1957
Breat Easton Ellis * 1964
Joanne Harris * 1964
Geburtstag
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Ilya Kaminsky
Wir lebten glücklich während des Krieges

Und als sie die Häuser der anderen zerbombten

protestierten wir,
aber nicht genug, wir waren dagegen, aber nicht 

genug. Ich lag
in meinem Bett, um mein Bett ging Amerika

zugrunde: unsichtbares Haus um unsichtbares Haus um unsichtbares Haus-

Ich stellte einen Stuhl hinaus und betrachtete die Sonne.

Im sechsten Monat
dieser verhängnisvollen Herrschaft im Haus des Geldes

in der Straße des Geldes in der Stadt des Geldes im Land des Geldes,
unserem großartigen Land des Geldes, lebten wir (vergib uns)

glücklich während des Krieges.
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Aus: Ilya Kaminsky, „Republik der Taubheit
Übersetzt von Anja Kampmann
Erscheint im Sommer 2022 im Carl Hanser Verlag

Was ist Schweigen?, fragt uns die erstaunliche lyrische Parabel des gebürtigen Ukrainers Ilya Kaminsky. Eine einzigartige Reflexion über Menschlichkeit in finsteren Zeiten, in der strahlenden Übersetzung von Anja Kampmann.

Sich taub stellen – so leisten die Bewohner Vasenkas, einer militärisch okkupierten Stadt, Widerstand, als ein tauber Junge, der auf dem Marktplatz einem Puppenspiel zusieht, von Soldaten erschossen wird. Der Protest koordiniert sich von nun an in der Gebärdensprache. Unter den Oppositionellen sind auch Alfonso und Sonya, die ein Kind erwarten. Doch als sie es wegen der Repressalien nicht aufziehen können, wird es von Momma Golya, der Leiterin des Puppentheaters, versorgt. Vasenka ist ein Kriegsschauplatz, aber auch ein Ort, an dem geliebt wird, an dem die Menschen einander Zeichen der Solidarität geben und ihren Widerstand nicht aufgeben. Kaminskys weltweit gefeierte „Republik der Taubheit“ konfrontiert uns mit unserer kollektiven Kapitulation vor der Gewalt. Es ist zugleich eine Liebesgeschichte, eine Elegie und ein dringendes Plädoyer gegen Schweigen.

Ilya Kaminsky, geboren 1977 in Odessa in der ehemaligen UdSSR, wanderte 1993 in die USA aus. Er ist ein schwerhöriger, ukrainisch-russisch-jüdisch-amerikanischer Dichter, Kritiker, Übersetzer und Professor. Bekannt wurde er durch die Gedichtsammlung „Dancing in Odessa“ und „Die Republik der Taubheit“, für die er zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Er wurde bislang in über zwanzig Sprachen übersetzt.

Anja Kampmann, 1983 in Hamburg geboren, wurde für ihr literarisches Werk vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Rainer-Malkowski-Preis 2021. Bei Hanser erschien zuletzt ihr Gedichtband Der Hund ist immer hungrig (2021).
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Klima.fit – Klimawandel vor der Haustüre! Was kann ich tun?

In den letzten Jahren haben Extremwetterereignisse wie vermehrte Hitzetage, Dürren und Starkregen gezeigt, dass sich die Rahmenbedingungen unseres Alltags unter dem Einfluss des Klimawandels längst verändert haben. Das stellt uns als Privatpersonen, aber auch die Kommunen vor neue Herausforderungen. 

Der vh-Kurs „klimafit – Klimawandel vor der Haustür! Was kann ich tun?“ beschäftigt sich u.a. mit folgenden Fragen: Worin bestehen die Ursachen des Klimawandels? Auf welche Folgen müssen wir uns einstellen? Was bedeutet der Klimawandel für die eigene Kommune? Und: Welche Möglichkeiten des Handelns im Klimaschutz und in der Anpassung haben wir?

Somit will der Kurs konkretes Wissen vermitteln und gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten für den Alltag und weiteres Engagement an die Hand geben. Das innovative Kursformat aus vier Präsenz- und zwei Online-Terminen soll es Teilnehmer*innen ermöglichen, aktuelle Fragen mit bekannten Wissenschaftler*innen auf Augenhöhe zu diskutieren. Zudem bekommen Teilnehmer*innen die Möglichkeit, das örtliche Klimaschutzmanagement kennenzulernen, gleichgesinnte Menschen zu treffen und Klimaschutzakteuren der Region zu begegnen! 

Am Ende des Kurses erhalten sie ein Zertifikat, ausgestellt von dem Helmholtz-Forschungsverbund Regionale Klimaänderungen und Mensch (REKLIM) und dem WWF Deutschland. Beide sind für die Inhalte des Kurses verantwortlich. Gefördert wird der Kurs vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit aufgrund eines Beschlusses des Bundestages.

Inhalte der Kursabende:
1. Grundlagen des Klimawandels und Einführung in die kommunale Herausforderung
2. Ursachen des Klimawandels und -schutzes auf kommunaler Ebene
3. Expertendialog mit führenden Klimaforscher*innen (online)
4. Regionale Folgen des Klimawandels und was kann ich selbst tun?
5: Expertentipps zu Energie, Ernährung und Mobilität (online)
6. Klimaanpassung – wie geht das?

Weitere Informationen zum Kurs gibt es auf www.klimafit-kurs.de

Details zu Anmeldung, Terminen und Veranstaltungsort stehen auf der Website der Volkshochschule: www.vh-ulm.de

Zeitraum des Kurses für die 6 Kursabende: 23.03. – 01.06.2022

Montag, 20.Dezember

Jetzt ist schon ne 2 vorne dran. Es kann also nicht mehr lange dauern.

Die Abholstation im Erdapfel Bistro in Söflingen hat bis zum Donnerstag, 23.Dezember geöffnet und dann wieder ab Montag, den 10.Januar 2022.
In den Tagen dazwischen können die Lieferungen vorne im Erdapfel Biomarkt abgeholt werden.
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Heute haben
Friederike Mayröcker * 1924
Gernot Wolfgruber * 1944
Geburtstag
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Klabund
Winterschlaf

Indem man sich zum Winter wendet,
Hat es der Dichter schwer,
Der Sommer ist geendet,
Und eine Blume wächst nicht mehr.

Was soll man da besingen?
Die meisten Requisiten sind vereist.
Man muß schon in die eigene Seele dringen
– Jedoch, da hapert’s meist.

Man sitzt besorgt auf seinem Hintern.
Man sinnt und sitzt sich seine Hose durch,
– Da hilft das eben nichts, da muß man eben überwintern
Wie Frosch und Lurch.
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Anja Kampmann antwortet auf meine Anfrage von vor ein paar Wochen erst jetzt, da sie sich in die Arbeit für ihren neuen Roman vergraben hat.

1. Welches Buch lesen Sie gerade?
Lehrjahre der Männlichkeit, Flaubert

2. Welches Buch empfehlen Sie unbedingt?
Pierre Michon, Leben der kleinen Toten

3. Welches Buch wollen Sie schon immer mal (wieder) lesen?
Unbedingt wiederlesen: Faulkner, As I lay dying

Vielen Dank!!
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Wolfgang Schukraft singt uns was:

Freitag, 14.Februar

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Heute haben
Alexander Kluge * 1932
und Josef Hader *1962
Geburtstag
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Johann Wolfgang Goethe
Ob der Koran von Ewigkeit sei?

Ob der Koran von Ewigkeit sei?
Darnach frag ich nicht!
Ob der Koran geschaffen sei?
Das weiß ich nicht!
Daß er das Buch der Bücher sei,
Glaub ich aus Mosleminenpflicht.

Daß aber der Wein von Ewigkeit sei,
Daran zweifl‘ ich nicht;
Oder daß er vor den Engeln geschaffen sei,
Ist vielleicht auch kein Gedicht.
Der Trinkende, wie es auch immer sei,
Blickt Gott frischer ins Angesicht.
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Vor zwei Jahren wurde Anja Kampmanns Roman: „Wie hoch die Wasser steigen“ für den Leipziger Buchpreis 2018 nominiert und sie hat im Juni des Jahres bei uns in der Buchhandlung daraus gelesen.
Jetzt gerade hat es Verena Güntner mit „Power“ in diese engere Auswahl geschafft und auch sie kommt zu uns die Buchhandlung; am Montag, den 30.März um 19 Uhr.
Der Roman „Power“ erscheint am 18.Februar.
Anja Kampmanns Buch ist jetzt als Taschenbuch herausgekommen.

Wie hoch die Wasser steigen von Anja Kampmann

Anja Kampmann: „Wie hoch die Wasser steigen“
btb € 11,00

Männer auf Bohrinseln müssen ein eigener Schlag sein. Sie verdienen zwar viel Geld, die Arbeit ist jedoch hart, nervenaufreibend und stumpft die Sinne ab. So auch bei Waclaw, der Hauptfigur. Er hat in einer Sturmnacht seinen besten Freund Mátyás verloren. Einfach über Bord. Über Jahre haben sie Arbeit und Freizeit geteilt, schliefen in gleichen Zimmern und fuhren gemeinsam in Urlaub. Sie verdienten zusammen viel Geld und haben es gemeinsam wieder ausgebenen. Nun ist diese Leere und Waclaw macht sich mit den Habseligkeiten von Mátyás auf die Reise nach Ungarn, dort wo dessen Familie ist. Diese Odyssee ist oft schwer zu ertragen. Denn obwohl Waclaw viel Geld hat, reist er wie ein Oblachloser, lässt sich mitnehmen, übernachtet im Freien und oft am Rande der Legalität. Es gibt Passagen in diesem Buch, die ich mir als Graphic Novel mit schwarzer Tusche gezeichnet wünsche. Unglaubliche Bilder tauchen auf und ich frage mich, wie diese junge Autorin das geschafft hat. Sie schreibt gegen den Strich, vermeidet jegliche literarische Peinlichkeiten und Glattgestrichenes. Stark, hart, aber nie brutal oder derb liest sich das oft. Und gleichzeitig tauchen Sätze auf, die ich unterstreichen wollte. Die Handlung springt in den Kapiteln, genauso wie unsere Gedanken hüpfen und uns oft nicht zur Ruhe kommen lassen.
Waclaws Reise führt ihn bis in seine Heimat, dem Ruhrgebiet, um eine alte Freundin zu treffen und seinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Aber auch wie bei Odysseus ist seine Reise noch nicht zu Ende und er zieht weiter bis nach Polen, um dort ein Zuhause zu finden. Ob dies allerdings der Endpunkt sein wird, steht in den Sternen.

„Es kam ihm unwirklich vor, alles, die gesamten letzten Jahre. Als wäre er schon weit weg von all dem. Oder als verschränkte sich diese Zeit mit Mátyás irgendwo tief in ihm mit einem anderen Verschwinden, für das ihm seit Jahren keine Sprache geblieben war. Es war ein Pochen, dumpf und weit weg, als würde er an einer Staumauer lehnen und hörte auf der anderen Seite die heftigen Bewegungen von ein paar Steinen am Grund. Wie ein Hohlraum, der ihm nie aufgefallen war.“

„Ich hab tatsächlich viel über diese Arbeitermilieus gelesen und diese physische Arbeit, die so unsichtbar geworden ist, ernst zu nehmen, war sicherlich ein großes Anliegen. Und gleichzeitig kommt man, wenn man darüber erzählt, einfach in die Situation, dass es eine Figur ist, die einfach in dieser Welt ist und die da ihre eigenen Probleme hat. Es wäre nichts fiktiver als ein Ölbohrarbeiter, der den ganzen Tag über die Arbeitswelt des Ölbohrens sinniert, sondern der hat dann eher andere Sorgen.“
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5 Fragen an Anja Kampmann (Hanser Verlag)

Ihr Roman beginnt auf einer Ölbohrplattform. Haben Sie dort schon einmal gearbeitet?
Auf eine Ölplattform zu kommen ist höllisch schwierig. Ich habe mit sehr vielen Menschen gesprochen, die dort draußen viel Zeit, sogar Jahre verbracht haben, in Papua Neuguinea, vor Australien, in der Nordsee, im Golf von Mexiko. Die Abläufe und Routinen zu verstehen war mir sehr wichtig, die Zwölfstunden-Schichten, die physische Belastung, die technischen Abläufe. Darüber zu schreiben war eine Herausforderung, auch, einen Ton zu finden, der die Härte nicht verschweigt, aber sich dem Sujet nicht anbiedert. Und mich hat interessiert, was bringt die Männer (meistens sind es Männer) dazu, dorthin zu gehen, welchen Träumen jagen sie nach? Welche Sehnsucht ist so groß, dass ich mir drei Wochen am Stück eine enge Kabine mit drei anderen Arbeitern teile, die schlecht riechen und nicht einmal meine Sprache sprechen?

Beim Lesen könnte man denken, Ihr Roman sei für Sie ein Abenteuer, die Entdeckung einer anderen Welt. Stimmt das? Und suchen Sie so etwas auch, wenn Sie selber einen Roman lesen?
Gedanken, Situationen, Menschen, die mir begegnen und die mich umtreiben, bekommen eine größere Lebendigkeit, wenn sie in eine andere Hülle schlüpfen, in eine andere Welt verlagert werden, das gibt mir eine größere Freiheit. Für mich ist dieser Umweg von außen auch ein Weg, um die eigene Welt ganz anders und ganz neu zu sehen. Ein Autor kann sich ganz schön im Weg stehen, wenn er ständig etwas behauptet und findet und „schon immer so gemeint“ hat. Letztlich ist es für mich genauso fern und exotisch, über eine Ölplattform in der Bucht von Campeche zu schreiben, wie über das Ruhrgebiet, wo meine Eltern in den 60er Jahren aufgewachsen sind. Natürlich habe ich auch viele Recherchereisen unternommen, nach Tanger, Budapest, ich war in Kairo und in der Sinai-Wüste und dennoch; damit die Landschaften im Text bestehen, müssen sie durch eine Perspektive gebrochen werden.

Der Roman beginnt auf dem offenen Meer, hält inne über den Dächern von Kairo, in den italienischen Bergen, und dann geht er in Richtung Ruhrgebiet. Wenn man sagen würde, das sei eine Art langsame Heimkehr, wären Sie da einverstanden?
Waclaw ist keiner, der die Hände im Schoß faltet, über das Leben nachdenkt und beschließt nach Hause zu fahren. Er hat zwölf Jahre ein recht rasantes Leben gelebt, war auf der ganzen Welt, hat gut verdient, in all dem gab es scheinbar keine Notwendigkeit, sich diesen großen Fragen zu widmen. All die Stationen, die er da meistert, haben ja etwas von einer Flucht, sie haben für ihn den anfänglichen Reiz verloren. Wenn einer nicht zurück kann, nirgends Fuß fasst, dann wird alles beliebig. Zum Beispiel sitzt er in Tanger auf einer Dachterrasse von einem Hotel und trinkt Whiskey Sour. „Alles war zu süß“, heißt es da. Dieser Mann ist zu alt für Entdeckungsreisen, immer wieder stößt er auf sich selbst, auf seine Müdigkeit und Ängste, und dann reist er weiter. Er will nicht hinsehen. Er treibt nach Hause, driftet. Und das ist doch komisch: Er hat so viel Geld gemacht, er kann überall hinfahren. Dennoch scheint er nicht über sein eigenes Leben verfügen zu können, er hat keine Richtung mehr, keinen inneren Kompass. Aber er hat eine Sehnsucht nach diesem Gefühl, das er von früher kennt, und das sind oft Bilder von Gemeinsamkeit, nicht mehr, als am Fenster zu stehen und mit Milena in den Regen zu sehen.

Ihr Roman hat einen ganz eigenen Rhythmus, eine ganz eigene Sprache, die einen nicht mehr loslässt. Ist Ihnen das beim Schreiben bewusst? Wie würden Sie das selbst beschreiben?
Die Sprache, der Rhythmus, wie ein Satz klingt, wie ein Bild gebaut ist, das ist mir alles sehr wichtig. Ich lese sehr ungern Bücher, die von A nach Z durchgeplottet sind, und in denen dann Sätze stehen wie: Er sah sich mit seinen stahlblauen Augen um, oder sowas. Mir ist es wichtig, das Erzählen ernst zu nehmen, die sinnliche Welt, in der wir uns bewegen, und die Figuren nicht von außen zu erklären, sondern eher Bilder zu schaffen, in denen sie sichtbar werden, Situationen, kleine Binnenerzählungen, die den Text auf eine Art erfahrbar machen. Dass ich das Ganze auf kleinem Raum verdichte, ist wohl eine Berufskrankheit, da ich aus der Lyrik komme. Aber im Roman ist es eben reizvoll, die Details dem Erzählen unterzuordnen, neu abzuklopfen, es bedeutet ja auch für mich, die Perspektive zu verschieben. Das ist spannend. Sonst weiß ich ehrlich gesagt manchmal nicht, was so anders ist an diesem Erzählen, mir kommt es oft immer noch vor wie ein Versuch, diese komplizierte, schimmernde Welt ein bisschen zu bändigen.

Ihr erstes Buch war ein Gedichtband. Was ist anders beim Schreiben, wenn man an einen Roman geht? Und was ist das größere Abenteuer, das größere Risiko?
Ich glaube, Gedichte schreibt man in einem anderen Modus, man ist viel mehr bei sich, und man kann sie nicht erzwingen – dem Roman muss man auf eine Art auch dienen, man denkt in ganz anderen Zusammenhängen. Es war auch eine Befreiung, auf andere Welten zuzugehen, zu recherchieren; Hintergründe und Zusammenhänge musste ich mir oft lange erarbeiten, auch wenn sie im Text im besten Falle noch einen Halbsatz abbekommen. Die ganze Ölindustrie, das katholische Ruhrgebiet der Nachkriegszeit, die Menschen in einer Zechensiedlung, Ungarn nach dem Aufstand 1956, da ist viel, was ich mir erschlossen habe, ohne dass meine Figur sich notwendigerweise dafür interessiert. Die Geschichte hat mich ungefähr fünf Jahre begleitet, die Figuren darin – sie machen Fehler, sie sind nicht nett, aber das müssen sie auch nicht sein.
Was ich im Erzählen liebe, ist bei den Figuren zu bleiben, sie reden zu lassen, und eben auch die Möglichkeit, auf verschiedenen Ebenen zugleich zu erzählen. Natürlich ist es die Geschichte von einem Ölbohrarbeiter, aber es ist auch die Geschichte von einem Verlust und von einer Erfahrung, die viele kennen: Fremd sein, für lange Zeit an einen anderen Ort versetzt werden und dabei den Boden unter den Füßen verlieren. Nur ist es hier natürlich viel extremer. Aber das ist es ja: Wir gehen in eine völlig andere Welt und sprechen doch über unsere. Und wie sollte es auch anders sein?

Dienstag, 12.Juni

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Heute haben
Johanna Spyri * 1827
Djuna Barnes * 1892
H.C.Artmann * 1921
Anne Frank * 1929
Christoph Meckel *1935
Geburtstag
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Heute auf dem Gedichte-Kalender:

Novalis

Liebchen mit dem schwarzen Haar
und mit blauem Augenpaar,
sei doch nicht so hart und spröde,
nicht so furchtsam oder blöde,
schaue mir ins Angesicht
freudig und eröte nicht.
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Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Regie: Martin McDonagh
Darsteller: Frances McDormand, Woody Harrelson, Sam Rockwell, Peter Dinklage, John Hawkes, Lucas Hedges, Caleb Landry Jones, Samara Weaving
2017 DVD € 14,99

Oscar® 2018:
Beste Hauptdarstellerin (Frances McDormand)
Bester Nebendarsteller (Sam Rockwell)

Wahrscheinlich brauchen ich zu diesem Film nicht mehr viel schreiben. Überall ging er durch die Presse, er lief lange in den Kinos. Und jetzt ist er schon als DVD erhältlich. Mit dem Titel ist schwer etwas anzufangen. So ist auch der Film. Er knarzt, ist nicht stromlinienförmig in der Handlung. Die Personen ändern sich. Sie zeigen nach einiger Zeit ihr wahres Gesicht, ihr Inneres, so, wie sie eigentlich sein wollen. Auch die Hauptdarstellerin, eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, deren Tochter vor einigen Monaten vergewaltigt und ermordet worden ist, steht nicht nur für das Gute. Sie ist zerrissen, eigenbrötlerisch und egoistisch. Genauso, wie viele der Bewohner in der kleinen Stadt im Nirgendwo in Missouri.
Der Film spielt mit unterschwelliger Gewalt, mit Rassismus und Vorurteilen, mit Macht und Intrigen. Aber auch mit viel Witz, Sarkasmus und starken Dialogen. Als Zuschauer schwankt wird man immer wieder und mit einer neuen Wendung überrascht. Wenn wir das Kino verlassen, ist unser Kopf voller Bilder, die noch zu sortieren sind. Nicht zu sortieren brauchen Sie die Filmmusik. Die ist großartig und auch seperat als Soundtrack auf CD zu kaufen.
Ein unglaublich guter Film, der zurecht mit zwei Oscars prämiert worden ist und sich dem Mainstream-Kino in die Quere stellt.

„Ein brillanter Film… so radikal wie aberwitzig“ (heute journal)
„Einer der besten Filme des Jahres!“ (filmstarts.de)

Hier können Sie den Soundtrack anhören:

https://www.youtube.com/watch?v=aKCAE8Q1OSE
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Solche spröden, kantigen Typen finden Sie im Debüt-Roman „Wie hoch die Wasser steigen“ von Anja Kampmann.
Die Autorin besucht uns am Montag, den 18.Juni und stellt ab 19 Uhr ihr Buch vor.
Der Titel war auf der Shortlist zum Leipziger Buchpreis.
Wir freuen uns auf Ihr/Euer Kommen.

Freitag, 8.Juni

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Heute haben
Czeslaw Milosz * 1911
Philippe Jaccottet * 1925
Juli Zeh * 1974
Geburtstag
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Christian Morgenstern
An die Wolken

Und immer wieder,
wenn ich mich müde gesehn
an der Menschen Gesichtern,
so vielen Spiegeln
unendlicher Torheit,
hob ich das Aug
über die Häuser und Bäume
empor zu euch,
ihr ewigen Gedanken des Himmels.
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01907582515231

Thomas Quasthoff: „Nice ’n‘ Easy“
Okeh CD € 19,99

Mit Thomas Quasthoff, Frank Chastenier, Dieter Ilg, Wolfgang Haffner, Till Brönner, NDR Big Band, Jörg-Achim Keller
OKeh CD € 19,99

Sechs  Jahre mussten wir auf eine neue Platte des weltweit gefeierten Bass-Bariton Thomas Quasthoff warten. Jetzt ist sie da und es ist eine persönliche Jazz-CD geworden. Mit Klassik, mit Liedern ist er hier bekannt geworden. Dennoch betont er immer wieder, dass er schon sein ganzes Leben Jazz gesungen hat. So hat er sich hier einen langgehegten Traum erfüllt und spielte Standards mit einer Bigband ein. Aber nicht nur das. Freunde gesellen sich dazu und so hören wir auf der CD auch noch seine lang-jährigen musikalischen Partnern Frank Chastenier, Dieter Ilg, Wolfgang Haffner und Till Brönner. Quasthoffs tiefe Lage lässt manche Jazz-Klassiker anders erklingen, als wir es bisher gewohnt waren.
„Ich glaube, dass einige Stücke dabei sind, bei denen die Zuhörer aufhorchen werden und sagen: In dieser Lage haben wir das noch nie gehört! Und in dieser tiefen Lage klingt es natürlich auch extrem relaxt“, so Quasthoff.

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Anja Kampmann kommt und liest
Montag, 18.Juni um 19 Uhr
Bei uns in der Buchhandlung

Hier finden Sie ein Video mit einem ausführlichem Interview mit der jungen Autorin:

https://www.ardmediathek.de/tv/ttt-titel-thesen-temperamente/Anja-Kampmann-Die-Leute-lassen-sich-au/mdr-de/Video?bcastId=431902&documentId=50916892

Donnerstag, 7.Juni

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Iller und Donau

Heute haben
Mascha Kaleko * 1907
Orhan Pamuk * 1952
Louise Erdrich * 1954
Fred Vargas * 1957
Geburtstag
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Georg Heym
Juni Nachmittag

Der Juniregen rauscht im Blätterwald.
Vom stillen Flusse an der Inselsteigt
Des Wassers warmer Rauch auf. Ringsum schweigt
DerVögel Stimme. Nur der Kuckuck ruft
Durch graue Dämmrung. Von des Waldes Boden
Erhebt der Duft sich von der toten Jahre
Versunknen Blättern, mischt sich dem Geruch
Der Felder, drauf die jungen Saaten blühn
Und des Holunders, der in Blüte steht
Am Waldesrand. Von ferne her erklingt
Des Kirchturms Läuten zu dem Vesperdienst.
Sonst hörst du keinen Laut, als nur des Regens
Eintönges Rauschen in dem Blätterwald.
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Susanne Link empfiehlt:

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Håkon Øvreås: „Super-Laura“
Aus dem Norwegischen von Angelika Kutsch
Illustriert von Øyvind Torseter
Hanser Jugendbuchverlag € 12,00
ab 11 Jahre

Endlich, nach Super-Bruno und Super-Matze ist nun die dritte im Bunde dran.
Håkon Øvreås beschreibt mit unglaublich viel Liebe und Humor Laura oder Blaura
wie sie sich manchmal nennt und ihre Freunde. Herrlich, mit Laura auf dem Wintermarkt und der Kuchenlotterie und am Schluß taucht auch noch Gelbina auf. Vielleicht die zukünftige vierte im Bande. Unbedingt lesen!

Leseprobe

Håkon Øvreås, 1974 in Norwegen geboren, studierte Literaturwissenschaft und schreibt Lyrik. Sein Kinderbuchdebüt Super-Bruno (2016) wurde mit dem Staatspreis des norwegischen Kulturministeriums, dem Literaturpreis des Nordic Council sowie dem LUCHS ausgezeichnet und ist für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Mit Super-Matze folgte 2017 die Fortsetzung dieser Geschichte, die im Frühjahr 2018 mit Super-Laura abgeschlossen wird.
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kampmann_detailseite_preis

Anja Kampmann liest bei uns in der Buchhandlung.

100

Montag, 18.Juni um 19 Uhr
Anja Kampmann: „Wie hoch die Wasser steigen“
Eintritt € 10,00

Dienstag, 5.Juni

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Heute haben Geburtstag:
Federico Garcia Lorca * 1898
Otto F.Walter * 1928
Thomas Kling * 1957
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978-3-15-019116-3

Juni
Gedichte
Hrsg.: Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell
Reclam Verlag € 5,00

„Frühling lässt sein blaues Band ….“
Von wegen. Der Mai ist vorbei, die Kulturzelte sind aufgebaut, die Theater denken an ihre Sommerpause.
Wir können uns jedoch ganz entspannt zurücklehnen, da wir wissen, dass der Reclam Verlag für jeden Monat ein Gedichtbändchen für uns und unsere Hosentaschen hat. Das Wetter könnte nicht besser sein und so hoffen wir auf keine „Düsteren Junitage“, wie die Herausgeberinnen ein Kapitel überschrieben haben.

Im bunten Wiesenstück
Blütenduft und erste Früchte
Düstere Junitage
Der Sommer ist da
Besondere Tage

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Christian Morgenstern
Butterblumengelbe Wiesen

Butterblumengelbe Wiesen,
sauerampferrot getönt –
o du überreiches Sprießen,
wie das Aug‘ dich nie gewöhnt!

Wohlgesangdurchschwellte Bäume,
wunderblütenschneebereift –
ja, fürwahr, ihr zeigt uns Träume,
wie die Brust sie kaum begreift.

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Wilhelm Runge
Blumen flattern Sommer

Blumen flattern Sommer
Duften nimmt beide roten Backen voll
Falter wiegen Wald
Goldkäfer schreien
Mücken strampeln himmelauf und ab
heiß im Arm der Fische hängt das Bächlein
Unken patscht Libellenflügel wach

Zweige lachen
tuscheln
sonnen
strömen
Vögel wogen Wiesen
liegen flach
ziehn die Ahorndolden an den Händen
böse schelten Bienen in den Bart
Zwitschern streckt die sommerschweren Glieder
taumelnd tollt des Atems Flügelschlag
und der Augen wilde Rosen springen.

Das Denken träumt
Gelächter reimt die Straßen
zum Tanz des Blutes
schläfenaufundab
die Adern blinzeln Frühling durch die Knochen
und schlürfen tief den schweren Himmel ein
Wind spielt der Augen froh geschwellte Segel
der Stirne Knoten löst vom Tode sich
weiß über Wiesen schnattern Dörfer hin
die Städte fauchen
und zankend zerrn die Pulse ihre Zügel
nur deine Seele spielt im Sternjasmin
Lieb-Brüderchen Maßloslieb-Schwesterlein

Rosen nicken aus den Junistunden
trällern Sommerblau den Matten hin
mild aus tiefstem Herzen grünt die Heimat
ihre Lippen murmeln wälderschwer
überwelthin schwingt die Sterne Zeit
Kinderwangliebkinderwanggereiht
Krieg brüllt auf
die wilden Blumen schrein
Sonne leckt Gestöhn aus allen Poren
Frieden holt den tiefen Atem ein
und der Nächte durchgewühlte Locken

schmeicheln um der Seele zitternd Knie
Angst zerreißt der Sterne Himmelglanz
und der Abend drückt die Augen blind
einsam geigt
tief hinter Blut geduckt
ewger Kindheit wildumsehntes Glück
und der Sehnsucht über die Welt
hängende Herzen
schlagen

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Klabund
Die Wirtschafterin

Drei Wochen hinter Pfingsten,
Da traf ich einen Mann,
Der nahm mich ohne den geringsten
Einwand als Wirtschafterin an.

Ich hab‘ ihm die Suppe versalzen
Und auch die Sommerzeit,
Er nannte mich süße Puppe
Und strich mir ums Unterkleid.

Ich hab‘ ihm silberne Löffel gestohlen
Und auch Bargeld nebenbei.
Ich heizte ihm statt mit Kohlen
Mit leeren Versprechungen ein.

Ich habe ihn angesch…
So kurz wie lang, so hoch wie breit.
Er hat mich hinausgeschmissen;
Es war eine wundervolle Zeit…
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Unsere nächsten Veranstaltungen:

Dienstag, 5.Juni um 19 Uhr
Die erste Seite
Wir stellen vier neue Bücher vor.
Es liest Clemens Grote.
„Voll im Leben“ von John Fante
„Die Frau, die liebte“ von Janet Lewis
„Die Tagesordnung“ von Éric Vuillard
„Bilder deiner großen Liebe“ von Wolfgang Herrndorf mit Sandra Hüller
Eintritt frei

Und dann eines meiner Lieblingsbücher des Jahres:

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100

Montag, 18.Juni um 19 Uhr
Anja Kampmann: „Wie hoch die Wasser steigen“
Auf der Shortlist zum Leipziger Buchpreis
Lesung
Eintritt € 10,00