Samstag, 22.April

Heute haben
Henry Fielding * 1707
Madame de Stael * 1766
Ludwig Renn * 1889
Guillermo Cabrera Infante * 1929
Louise Glück * 1943
Peter Weber * 1968
Geburtstag
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„Kein Frühling weiß so traut und wohl zu klingen, Als wenn zum Herzen Freundesworte dringen; So tönt kein Lied in kummervollen Stunden, Wie wenn der Freund das rechte Wort gefunden.“
Nikolaus Lenau (1802-1850)
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Neu als Taschenbuch:


Sigrid Nunez: „Was fehlt dir
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube
Aufbau Verlag € 12,00
What Are You Going Through“ € 13,90

Was für ein besonderes Buch.
Sigrid Nunez tröstet uns mit Tod, Krebs und den traurigsten Geschichten.
Liebe, Verlust, Freundschaft, Empathie, Politik und Klimakrise – und viel Weisheit.
Das klingt nach sehr viel in einem schmalen Roman. Stimmt. Aber Sigrid Nunez portioniert wohldosiert, mäandert durch die Weltliteratur, durch Filme, kramt Zufallsfunde heraus und lässt zwischen den Zeilen eine anmutige Wärme aufblitzen.
Wie schon in ihrem Vorgängerbuch geht es um den Tod eines Freundes/einer Freundin und die gemeinsame Zeit, die die beiden Personen miteinander verbringen. Diesmal ist statt einer Dogge eine Katze mit an Bord, die selbst auch zu Wort kommt. Immer wieder überrascht uns Sigrid Nunez mit einem Netz an Verbindungen, das sie längst gesponnen hat und uns aber nur nach und nach zu erkennen gibt.
Lesen!

Leseprobe
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Gestern auf tagesschau.de gefunden:

(Foto: AP)


Samstag

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Das Frühjahr kommt und wir haben die passenden Bücher dazu.
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Heute haben
Peter Paul Zahl * 1944
Jochen Schimmang * 1948
Christian Dithfurth * 1953
Geburtstag
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Gestern war der Tod im Ulmer Roxy.
Sehr lustig der Kerl.

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1

Richard Yates: „Easter Parade“
aus dem Amerikanischen von Anette Grube
btb € 9,00
als kleines Leinenbändchen bei btb für € 9,99
als eBook für € 7,99

Nach dem Proust-Hör-Marathon war lange Zeit Schluss mit Hörbuch. Zu sehr lebte Marcels Suche nach der verlorenen Zeit bei mir nach. Erst als mir Richard Yates „Easter Parade“ als Hörbuch in die Finger kam, dachte ich, dass das die richtige Mischung ist. Gelesen von Monika Bleibtreu (was sich als nicht so gut erwies), überspielte ich die acht CDs auf meinen alten iPod und los ging es mit den Schwestern Sarah und Emily, die 1921, bzw. 1925 in den USA geboren wurden. Die Eltern ließen sich 1930 scheiden und seit diesem Moment suchen die beiden Schwestern eine solide Grundlage für ihr Leben.
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Ihre Mutter trinkt sehr gerne (eigentlich tun das alle in diesem Roman, inkl. des Autors selber) und stilisiert sich ihre dröge Umwelt als einen heilen Hollywood-Film. Der Vater arbeitet bei einer Zeitung, ist bei diesem Boulevardblatt allerdings nur für die Überschriften zuständig und bleibt während seiner ganzen Arbeitszeit am gleichen Redaktionstisch kleben. Von seiner Ex-Frau wird er allerdings als knapp unter der Chefredaktion angesiedelt, wenn sie nach ihm gefragt wird.
Der Roman erschien im Original 1976 und das dürfte auch mit dem Alter der beiden Schwestern zusammenpassen. Wir erleben also mit ihnen den Zweiten Weltkrieg und die aufkommende Protest- und Hippiebewegung. Allerdings nur so am Rande, dass es schon fast verwundert, in welcher Welt die beiden leben. Mit ihrer Mutter, die Pookie genannt wird, ziehen sie von Vorort zu Vorort, von Wohnung zu Wohnung, aber heimisch werden sie nirgends. Sarah, die ältere der beiden, heiratet früh und bekommt schnell nacheinander drei Söhne, lebt auf dem Land und scheint mehr als glücklich zu sein. Pookie nennt ihr heruntergekommenes, nach Schimmel riechendes Anwesen „Hohen Hecken“ und wir meinen schon in einem Roman der Bronte-Schwestern gelandet zu sein. Emiliy bekommt ein Stipendium an einer New Yorker Universität, studiert Literatur, arbeitet als Buchhändlerin, Journalistin und lange Jahre als Werbetexterin. Nach einem kurzen Intermezzo, in dem sie mit einem an Impotenz leidenden Mann verheiratet war, nimmt viele Männer zu sich mit nach Hause. Ohne dass die Beziehungen von langer Dauer sind. Mit ein, zwei Ausnahmen abgesehen. Auch sie meint, dass sie es gut erwischt hat und nicht in der Vorstadt versumpft, wie ihre Mutter.
Ich mag gar nicht zu viel verraten. Was bei diesem Roman immer erwähnt wird, ist, dass alle Biografien zum Scheitern verurteilt sind. Und das stimmt. Richard Yates gibt keinen der Personen eine große Chance. Er lässt sie arbeiten und werkeln, Hoffnungen aufbauen, aber das Leben meint es nicht gut mit ihnen. Sicherlich hat der eigene Alkoholismus schwer in den Roman mithineingespielt und die Erfahrungen des Autors mit Büchern und Zeitungen erzeugen eine große Authentizität. Wie er jedoch biografische Wendungen einbaut, wie er seine Figuren 180 Grad Kehrwendungen machen lässt, ist schon grossartig. Emily ist dabei diejenige, die am wenigsten einzuordnen ist. Sie spiegelt die große Freiheit. Ihr Neffe sagt ihr auch am Ende, dass er sie als die erste emanzipierte Frau gesehen hat. Hinter dem Spiegel sieht die Realität jedoch anders aus. Das Ende des Romanes ist so verblüffend, dass ich einige Zeit gebraucht habe, dies zu verdauen.
Yates schafft es, seinen Figuren so viel Realität zu unterlegen, dass wir alle Facetten der jeweiligen Biografien mitbekommen und nicht nur plakative Lebensbeschreibungen.
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Ein großartiger Roman, der den „Zeiten des Aufruhr“ in nichts nachsteht.
Auf deutsch in Neuübersetzung 2007 erschienen, längst als Taschenbuch erhältlich, ist das Buch schon wieder in Vergessenheit geraten und Richard Yates kaum jemandem mehr bekannt. Es gilt ihn nochmals zu entdecken.

„Ein geradezu unheimlich aktuelles Buch – und ein berückend schönes, tief trauriges dazu, das nun endlich, endlich die Leser finden sollte, die es verdient.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Atemberaubend. Ein wunderbarer Roman.“
Die Zeit

„Easter Parade zeigt erneut Yates‘ Meisterschaft , den Lesern schmerzvolle Biographien auf beklemmende Weise nahe zu bringen. Ein makelloses Werk.“
Die Welt

„Je mehr man von ihm liest, umso rätselhafter und zugleich magnetischer wird diese Trostlosigkeit.“
Süddeutsche Zeitung

Leseprobe
Biografisches zu Richard Yates
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2

Sinn und Form
Heft 2/2015 € 11,00

Das neue Sinn und Form-Heft ist erschienen.
Und aktuell, wie die immer sind, beinhaltet es auch gleich ein Interview mit Jan Wagner, der gerade den Buchpreis der Leipziger Buchmesse erhalten hat.
Hier geht es zum Artikel.

Freitag

Heute haben
Novalis * 1772
Gottfried Benn * 1886
Georges-Arthur Goldschmidt * 1928
Gisela Elsner * 1937
Franz Innerhofer * 1944
Angela Krauß * 1950
(nicht zu vergessen: David Beckham * 1975)
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Novalis
Das Bad

Hier badete Amor sich heute
Der Unvorsichtge entschlief
Da kamen die Nymphen voll Freude
Und tauchten die Fackel ihm tief
Ins Quellchen, da mischten sich Wellen
Und Liebe; sie täuschten sich sehr
Die Nymphen, sie tranken mit hellem
Gewässer die Liebe nur mehr.
O! Mädchen, die Liebe nicht scheuen,
Die trinken die liebliche Flut.
Die Liebe, die wird sie erfreuen
Mit sanfter entzückender Glut.
Ich hab mich hier oftmals gebadet
Mit meiner Laura allein,
Und nach dem Bade so ladet
Der Schlummer im Grase uns ein.
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Chimamanda Ngozi Adichie: „Americana“
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube
S.Fischer Verlag € 24,99
als amerikanisches Taschenbuch € 11,99
als E-Book € 21,99

Chimamanda Ngozi Adichie wurde 1977in Nigeria geboren. Ihr Roman „Blauer Hibiskus“ war für den Booker-Preis nominiert, „Die Hälfte der Sonne“ erhielt den Orange Prize for Fiction 2007. Insgesamt wurde Adichies Werk in 37 Sprachen übertragen und sie steht auf der renommierten Liste der „20 besten Schriftsteller unter 40“ des „New Yorker“.Für „Americanah“ erhielt sie den Heartland Prize for Fiction sowie den renommierten National Book Critics Circle Award for Fiction 2013. Sie lebt heute in Lagos und in den USA.

Ifemelu lebt seit 13 Jahren in den USA. Sie hat ein Stipendium für Princeton bekommen, schreibt einen viel beachteten Blog, über den tägliche Rassismus in den USA, wird deshalb oft zu Vorträgen eingeladen und kann davon ganz gut leben. Ihre Beziehung zu einem Dozenten in Yale bringt die komplette finanzielle Sicherheit. Ihr fehlt jedoch ihre Heimat Nigeria und ihre eigentliche Liebe Obinze, den sie seit ihrer Schulzeit kennt. Der Roman beginnt mit einer Bahnreise in einen Vorort der Unistadt, um sich dort ihre Haare flechten zu lassen. Die sechs Stunden in einer ganz anderen Welt im Frisörladen, der nur von schwarzen Frauen geführt und besucht wird, ist der Rahmen für den Roman. Hier erinnert sie sich an ihre Kindheit, an ihre Schulzeit und ihr Ankommen und Leben in den USA. Sie, die aus Afrika kommt, ist zwar auch schwarz, wie diejenigen, die in den USA geboren sind; sie ist jedoch immer die aus Afrika. Auch das Thema Reisen ziehen sich durch das Buch. Ihre Reise von Nigeria in die USA und jetzt wieder zurück. Deshalb möchte sie nämlich diese Zöpfe. Sie bricht ihre Zelte ab, trennt sich von ihrem Partner und will in ihre Heimatstadt zurück, da sich Nigeria gewandelt hat. Die Kriege sind vorbei und das Land boomt, ist offen und dynamisch. Hier möchte sie eine Blogseite eröffnen und ihr neues Glück sucht. Und natürlich ist da noch ihre einzige Liebe Obinze. Aber auch die Reisen von Obinze sind ein wichtiger Bestandtteil. Er ist auch aus Nigeria geflohen, in London als Illegaler gelandet und muss dort Toiletten putzen. Was sonst noch alles dort passiert, wird nicht genau geschrieben, er strandet auf jeden Fall wieder in Nigeria, ist tiefst deprimiert, findet aber ein verändertes Land vor. Obinze macht Karriere in der Immobilienbranche, gelangt zu Reichtum, hat eine schöne Frau und eine Tochter.
Ifemelu ist in Nigeria eine Americanah, eine, die aus den USA zurückgekehrt ist und die Autorin schafft es uns diese Person in allen Details zu beschreiben. Sie schreibt mit viel Witz und Thema, lässt ihre Menschen fluchen und lachen, hoffen und scheitern. Sie zeigt die verschiedenen Seiten ihrer Hauptpersonen, die so langsam aufeinander zudriften.
„Americanah“ ist eine Liebesgeschichte und was für eine große. Und diese ist eingebettet in einen Roman, der Themen wie Rassismus, neue Weltordnungen, arm und reich behandelt. Adichie schreibt mit einer großen Leichtigkeit und voller Empathie, Witz aber auch sehr scharfen Blick auf die Menschen und die Politik. Wir lesen das dicke Buch mit großem Genuß, sind ratzfatz durch damit und irgendwie anders danach. Fast schon beseelt, aber auch aufgewühlt. Ich wünsche dem Buch einen großen Erfolg und Ihnen ein noch größeres Lesevergnügen.

Leseprobe

Ein aktuelles interview mit Chimamanda Ngozi Adichie

Eine Rede der Autorin: „We Should All Be Feminists“
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Auf unserem Fotoblog jastram.tumblr.com gibt es wieder neues aus der Jastram-Welt.