
Heute haben
Erich Loest * 1926
Ferit Edgü * 1936
Keto von Waberer * 1942
Leon de Winter * 1954
Geburtstag
und es ist der Todestag von Uwe Johnson.
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Lange Wellen treiben schräg gegen den Strand, wölben Buckel mit
Muskelsträngen, heben zitternde Kämme, die im grünsten Stand
kippen. Der straffe Überschlag, schon weißlich gestriemt, umwik-
kelt einen runden Hohlraum Luft, der von der klaren Masse zer-
drückt wird, als sei da ein Geheimnis gemacht und zerstört worden.
Die zerplatzende Woge stößt Kinder von den Füßen, wirbelt sie
rundum, zerrt sie flach über den graupligen Grund. Jenseits der
Brandung ziehen die Wellen die Schwimmende an ausgestreckten
Händen über ihren Rücken. Der Wind ist flatterig, bei solchem
drucklosen Wind ist die Ostsee in ein Plätschern ausgelaufen. Das
Wort für die kurzen Wellen der Ostsee ist kabbelig gewesen.
Uwe Johnson aus „Jahrestage“ (Der erste Abschnitt)
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Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022 / Sachbuch
Christiane Hoffmann: „Alles, was wir nicht erinnern„
Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters
CH Beck Verlag € 22,00
Ein faszinierendes, sehr kluges, privates, ehrliches und erhellendes Buch über das Erinnern, über die Flucht ihres Vaters, über Heimat, Vertreibung, Trauma, Fremdenhass und Antisemitismus. Aber auch über Familie, Erzählen und mit einem offenen Blick durch die Welt gehen und so auch anderen Menschen begegnen.
Was soll ihnen noch erzählen, wo ich auf der Beck-Homepage dieses Interview gefunden habe:
Es gibt viel Literatur zu Flucht und Vertreibung. Was macht Ihr Buch besonders?
Mein Buch spielt nicht nur in der Vergangenheit. Es ist zugleich Reisebericht, Familiengeschichte und die Erzählung einer Vater-Tochter-Beziehung. Es schneidet die verschiedenen Erzählstränge und historischen Ebenen ineinander, und bewegt sich dabei an der Grenze zwischen Literatur und Sachbuch. Ich habe die Familiengeschichte in die Gegenwart geholt, indem ich den Fluchtweg meines Vaters noch einmal gegangen bin.
Wie kamen Sie auf die Idee, die Flucht Ihres Vaters nachzuwandern?
Mein Vater ging im Winter 1945 mit dem Treck seines Dorfes Rosenthal in Schlesien 550 Kilometer nach Westen, von der Oder bis fast nach Bayern. Seine Flucht, die Herkunft aus einem Ort, den es für uns nicht mehr gibt, war für mich seit der Kindheit ein Lebensthema. Ich habe mich immer wieder damit beschäftigt, bin nach Rosenthal gereist, mit meinem Vater, meinen Kindern. Und nach dem Tod meines Vaters auch allein. Ich habe darüber gar nicht so viel nachgedacht. Ich habe wohl, ohne es zu wissen, nach Wegen gesucht, sein Schicksal zu verarbeiten. Und irgendwann habe ich verstanden, dass es nicht nur um Rosenthal geht, um den Ort, sondern auch um den Weg, den er gegangen ist. Zugleich wollte ich auch etwas über die Länder erfahren, durch die seine Fluchtroute führte, über das heutige Polen und Tschechien, darüber, wie die Menschen dort jetzt mit der Vergangenheit leben, was sie für ihr Verhältnis zu Deutschland und zur EU bedeutet.
Haben Sie auf Ihrer Wanderung etwas Neues über Ihren Vater gelernt? Sehen Sie ihn jetzt anders als vorher?
Das war nicht das Ziel. Jedenfalls nicht in einem vordergründigen Sinn. Aber am Ende konnte ich etwas besser erfassen, was mein Vater durchgemacht hat, und zwar vor allem körperlich. Ich kann jetzt nachfühlen, was es heißt 550 Kilometer zu Fuß zu gehen, welche Schmerzen man dabei hat, wie leer und apathisch man wird. Und dabei ging es mir ja viel besser als meinem Vater: Damals herrschte Krieg, die Menschen waren in Lebensgefahr und Angst, und der Winter 1945 war viel kälter als der Winter 2020.
1945 blieb der Treck Ihres Vaters innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches. Ihre Wanderung führte dagegen durch drei Länder: Polen, Tschechien und Deutschland. Ist die Vergangenheit dort noch präsent?
Vor allem in Polen sind es Gebiete, deren Bevölkerung fast komplett ausgetauscht wurde. Alte Menschen, mit denen ich sprechen konnte, erinnerten sich noch daran, wie sie in die schlesischen Dörfer gekommen waren. Vertreibung, Heimatverlust, Neubeginn – sie hatten dasselbe Schicksal wie meine Eltern und Großeltern. Zugleich war es sehr interessant zu sehen, wie lange es dauert und wie schwierig es ist, sich Orte anzueignen. Das hat eigentlich erst vor wenigen Jahren so richtig begonnen mit der Generation der Enkel. Ich bin in den Provinzstädten in Museen gegangen, wo man sehr gut sehen konnte, wie man sich die Geschichte der ehemals deutschen Orte aneignet, was gesagt wird und was verschwiegen. Es gibt noch immer vieles, was sehr schwierig ist, aber die deutsche Geschichte dieser Gebiete ist nicht mehr Tabu.
Eine Wanderung wirft einen stark auf einen selbst zurück. Gleichzeitig wollten Sie Eindrücke sammeln, mit Menschen reden. Wie sind Sie mit diesem Spannungsverhältnis umgegangen?
Das war schwierig. Ich war sehr viel allein auf der Landstraße oder auf Feldwegen unterwegs. Manchmal war ich dann kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn auf Menschen zuzugehen. Trotzdem hatte ich viele tolle, wertvolle Begegnungen. Die Leute hielten mich für ein bisschen verrückt. Zu Fuß? Allein? Das wurde ich immer wieder gefragt. Aber sie luden mich in ihre Küchen ein auf einen Tee, ein Bier, einen Schnaps. Manche ließen mich sogar bei sich übernachten. Wir sprachen über die Vergangenheit, die Macht der Geschichte, aber auch über das heutige Europa und die EU.
Von Sabine Bode stammen die Begriffe «Kriegskinder» und «Kriegsenkel». Gibt es auch «Fluchtkinder» und «Fluchtenkel»?
Die «Fluchtkinder» teilen mit den «Kriegskindern» traumatische Erfahrungen: die existentielle Bedrohung, den Verlust der vertrauten Ordnung und die verstörende Hilflosigkeit der Erwachsenen. Aber die Fluchtkinder sind eine besondere Gruppe innerhalb der Kriegskinder, weil sie zudem noch den lebensbedrohlichen Fluchtweg, oft über Wochen – mein Vater war fast sieben Wochen lang unterwegs – , gemacht haben, weil ihre Familien entwurzelt wurden, sie verloren ihre Heimat. Mein Vater hat im Jahr 1945 seinen Bruder, seine Großmutter, seinen Onkel, seine Heimat, den Hof, das Erbe und für lange Zeit auch seinen Vater verloren, der erst Jahre später aus sowjetischer Gefangenschaft zurückkehrte. Er verlor auch einen Teil seiner Erinnerung. Dieser Bruch wirkte, wie bei anderen Kriegskindern, auch noch auf die nachfolgenden Generationen.
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tagesschau.de am 23.Februar
Bericht des UN-Umweltprogramms
Weltweite Zunahme von Waldbränden
Verheerende Waldbrände wie in jüngster Zeit in Australien und Kalifornien werden laut einem UN-Bericht wegen des Klimawandels deutlich zunehmen – auch zum Beispiel in der Arktis. Und die Welt sei nicht gut auf diese Katastrophen vorbereitet.
Die Vereinten Nationen haben vor einer Häufung von Waldbränden gewarnt. „Selbst bei den ehrgeizigsten Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen wird der Planet eine dramatische Zunahme der Häufigkeit von Bedingungen erleben, die extreme Brände begünstigen“, heißt es in einem Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP). Die globale Erwärmung und Veränderungen bei der Landnutzung brächten es mit sich, dass sich das Phänomen in den kommenden Jahrzehnten in großen Teilen der Welt verschlimmern werde. …
Den kompletten Beitrag gibt es hier.