Donnerstag, 27.April

Heute haben
Marry Wollstonecraft * 1759
Cesare Pascarella * 1858
Arnold Höllriegel * 1883
Marta Karlweis * 1889
Cecil Day Lewis * 1904
Zhang Jie * 1937
Aminata Sow Fall * 1941
Geburtstag
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Heinrich Heine

Ich hab’ mir lang den Kopf zerbrochen,
Mit Denken und Sinnen, Tag und Nacht,
Doch deine liebenswürdigen Augen,
Sie haben mich zum Entschluß gebracht.

Jetzt bleib’ ich, wo deine Augen leuchten,
In ihrer süßen, klugen Pracht —
Daß ich noch einmal würde lieben,
Ich hätt’ es nimmermehr gedacht.
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Unser Buchtipp:

Caroline Wahl: „22 Bahnen
DuMont Verlag € 22,00

„Ich bin durch ›22 Bahnen‹ gerauscht und hellauf begeistert.
Herzerwärmend, fein, gnadenlos und richtig schön zugleich.“
Alina Bronsky

Hörprobe:

Leseprobe

Tilda lernt für ihr Mathematik-Studium, sitzt wegen des Geldes an der Supermarktkasse (sie versucht die KundInnen anhand der Produkte auf dem Förderband zu erkennen), kümmert sich um ihre kleine Schwester Ida (die mit ihr nur bei Regen ins Schwimmbad geht), macht den Haushalt und schaut immer wieder nach ihrer alkoholkranken Mutter. Ihre Schulfreundinnen sind alle weggezogen, studieren und sitzen in den großen Städten. Nur Tilda kommt nicht aus ihrem getakteten Alltag heraus.
Dies alles klingt düster und negativ. Weit gefehlt. Das Debüt der 1995 geborenen Autorin hat es in sich. Es macht, trotz der Härte, unglaublichen Spaß, ist voller Wortwitz, temporeich erzählt und wird nicht umsonst mit „tschick“ verglichen.
22 Bahnen schwimmt sie im Becken. Nicht mehr und nicht weniger. Als Viktor es ihr gleichtut, kommt einiges in Bewegung. 2 x 22 Bahnen und 2 Biografie, die aufeinandertreffen.
Auch sonst ergeben sich Neuigkeiten, da ihr einePromotionsstelle angeboten wird.
Caroline Wahl rührt nicht im Sentimentalbrei, sondern gibt ihrem Text nochmal so richtig Tempo.
Ein unerwarteter Liebling in diesem Frühjahr, der mich sehr berührt hat.
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Unsere Veranstaltung am Freitag, den 27.4., mit Milena Michiko Flašar ist jetzt schon gut besucht.
Bringen Sie ein Sitzkissen mit, damit die Plätze auf dem Teppichboden nicht so hart sind.
Wir freuen uns auf die Autorin und ihren neuen Roman „Oben Erde, unten Himmel„.

Donnerstag

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Heute haben
HP Lovecraft * 1890
Salvatore Quasimodo * 1901 (Nobelpreis 1959)
Robert Merle * 1908
Luciano De Crescenzo * 1928
Arno Surminski * 1934

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Salvatore Quasimodo
Poesia d’amore

Il vento vacilla esaltato e porta
foglie sugli alberi del Parco,
l’erba è già intorno
alle mura del Castello, i barconi
di sabbia filano sul Naviglio Grande.
Irritante, scardinato, è un giorno
che torna dal gelo come un altro,
procede, vuole. Ma ci sei tu e non hai limiti:
violenta allora l’immobile morte
e prepara il nostro letto di vivi.

Die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2015 wurde gestern bekanntgegeben.
Die meisten Bücher dieser Auswahl finden Sie auf unserem Neuerscheinungstisch, einen Teil haben wir hier auf dem Blog beschrieben. Es ist schön zu wissen, dass es zwischen unserer Auswahl und der Auswahl der Jury eine so große Schnittmenge gibt.
Unser heutiger Buchtipp befindet sich auch auf der Liste und zwar gleich auf Platz 1. Allerdings nur, weil Bronsky im Alphabet ganz vorne ist.
Hier kommen Sie zur Auflistung, zu den Leseproben und vielen anderen Informationen.

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Alina Bronsky: „Baba Dunjas letzte Liebe“
Kiepenheuer&Witsch € 16,00
als eBook € 13,99
Bei Roof Music als Hörbuch auf CD, gelesen von Sophie Rois € 19,99

„Wenn ich mich in meinem Alter noch über Menschen wundern würde, käme ich nicht mehr zum Zähneputzen.“

Vor ein paar Tagen haben wir hier das Buch „Ein Leben mehr“ von Jocelyne Saucier vorgestellt, in dem alte Menschen sich für Einsamkeit in den kanadischen Wäldern und somit für ein selbstbestimmtes Leben und Sterben entscheiden. Gestern war das Buch „Zimmer frei in Nagasaki“ auf dem Blog, in dem es um Einsamkeit und Lebensplanung geht und heute nun das neue Buch von Alina Bronsky „Baba Dunjas letzte Liebe“, das sich ausgezeichnet in diese Reihe der schmalen, intensiven Romane einfügt.
Alina Bronsky kam als Kind mit ihren Eltern aus Russland nach Deutschland, ihr Vater war Kernphysiker und sie lernte erst hier die deutsche Sprache und landete gleich einen großen Erfolg mit „Scherbenpark“. „Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche“ war in allen New Yorker Buchhandlungen als englischen Übersetzung zu finden und jetzt sind wir bei der alten Baba Dunja, die sich entschließt in die Todeszone von Tschernobyl zurückzukehren. Gegen alle Warnungen, gegen den Willen ihrer Tochter zieht sie wieder in ihr altes Haus ein, das mittlerweile von Spinnen bewohnt ist. Sie ist sich der Gefahren bewusst, hat sie doch als Krankenschwester nach dem Reaktorunglück von 1986 missgebildete und tote Kinder zur Welt gebracht. Ihr Mann ist gestorben, das Leben ihrer Tochter nicht in geregelten Bahnen und ein Leben mit ihr kann sich Baba Dunja nicht vorstellen. Sie wird ihre Enkelin wohl nie sehen und kann deren Briefe, die sporadisch ankommen, nicht lesen, da sie nicht auf russisch geschrieben sind.
Im Dorf herrscht Stille. Ausser den Vogelstimmen und dem morgendlichen Krähen des Hahnes gibt es keine Geräusche. Ein paar Nachbarn von früher wohnen (wieder) hier und es existiert ein altes Telefon mit Wählscheibe, das manchmal funktioniert. Ihr verstorbener Mann ist immer bei ihr und ihr innigster Gesprächspartner.

„Jegor hat meine Füße geliebt. Er hat mir verboten, barfuß zu laufen, weil Männern schon beim Anblick meiner Zehen heiß wurde. Wenn er jetzt vorbeischaut, dann zeige ich auf die Wülste in den Trekkingsandalen und sage: Siehst du, was von der Pracht übrig geblieben ist? Und er lacht und sagt, sie seien immer noch hübsch. Seit er tot ist, ist er sehr höflich, der Lügner.“

Diese Lebensgemeinschaft der alten Menschen hat sich ganz bewusst für diese Lebensweise entschieden, wohl wissend, dass sie alle selbst strahlen wie Atomkraftwerke. Doch ein abgeschobenes Leben in der normalen Gesellschaft ist für sie nicht mehr denkbar. Ihr Leben ist einfach, der Weg zum Einkaufen, auf die Post ist eine kleine Reise, Medikamente sehr wertvoll. Doch sie haben ihre Gärten und auch sonst alles, was sie für’s (Über)leben und Sterben brauchen. Es ist ein Leben, wie aus der Welt gefallen. Doch die Wirklichkeit holt auch sie in der Todeszone ein. Ein Mann taucht mit seiner kleinen Tochter auf und behauptet, hier leben zu wollen, da seine Tochter todkrank sei. Das stellt sich allerdings als Lüge und Racheakt an seiner Ehefrau heraus. Daraus entwickelt sich eine eigene Dynamik, die mit der Inhaftierung von Baba Dunja endet. Aber nicht mit dem Buch, denn die alte Dame erlangt dadurch überregionale Bekanntheit, von der sie gar nichts erahnt.
Alina Bronsky hat ein intensives, schönes, auch freches Buch geschrieben, das trotz der Tragik der Geschichte viele positive Eindrücke hinterlässt.

Sophie hat auf ihrem tollen Literatourismus-Blog ein Interview mit Alina Bronsky zu diesem Buch gemacht.

Leseprobe
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Dank unserer „Sozialen Cent-Tasse“ die früher „Soziales Cent-Schwein“ hieß, bis sie verschwand und die wir wegen der 99-Cent-Preise bei Büchern installiert haben) konnten wir wieder Spendengelder unserer Kunden weitergeben.
Diesmal waren es drei Kisten Hygieneartikel, die gestern vom Laster des Ulmer Tafelladens abgeholt worden sind.
Vielen Dank für die vielen kleinen und oft sehr großzügigen Spenden.

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