Freitag, 23.Oktober


Heute hat
Adalbert Stifter * 1805
Geburtstag
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Freiheit ist also nicht die Erlaubnis zu jeder möglichen Tat, das wäre nur Freiheit für einen und Sklaverei für den andern, und würden wir alle insgesamt diese Freiheit ausüben wollen, so wäre ein Krieg aller gegen alle die Folge, also gerade die Vernichtung der Freiheit. Die Freiheit ist also eigentlich der leere Raum, den die Menschen mit sittlichen Taten erfüllen sollen.

Adalbert Stifter
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Der Band 39 ist erschienen und die Feuilletons sind voll mit Besprechungen:


Asterix und der Greif
Ehapa Comics € 6,90

Die Anfragen und Vorbestellungen wurden immer mehr, so dass klar war, demnächst muss der neue Asterix-Band erscheinen. Gestern war es dann soweit. Sowohl der Zeitschriften-Großhändler, als auch unser Buch-Großhändler haben uns beliefert. Der Stapel liegt an der Kasse.
Dieses Mal zieht es Asterix, Obelix, Idefix und ihren Druiden in den tiefen, verschneiten, eiskalten Osten. Miraculix hat geträumt, dass sein Druidenfreund und trommelnder Schamane dringend Hilfe vor einer großen Gefahr benötigt und dass ein kleiner Freund dabei helfen kann.
Das Heft ist wieder voll mit Wohlbekanntem: einem ehrgeizigen Cäsar, vielen einfachen Legionären und einem Dreiergespann, die diese Expedition in die Osten anführen, da sie auf der Suche nach dem sagenumworbenen Greifen sind. Globulus, einer der dreien, der ständig in seine Landkarten schaut, sieht verdammt dem französischen Autoren Houellebecq („Karte und Gebiet“) ähnlich, der zweite, ein extremer Fiesling, hat das markige Gesicht von Steve Bannon, dem Ex-Berater von Donald Trump.
Mit dabei natürlich der Zaubertrank, der leider eingefroren ist und nicht mehr hilft, eine Dorfgemeinschaft, in der die Männer am Herd stehen und die Frauen das Schwert schwingen, Idefixs Liebe zu den Wölfen, Römer, die mal eben ein Wäldchen roden, um ihr Fort aufzuschlagen, ein Weltende, die Diskussion, ob die Erde rund, oder eine Scheibe ist, tolle Namen (Kalsachnikowa) und viel vergorene Stutenmilch.
Auf einem Bildchen tauchen die Piraten auf, die weit entfernt, die Ruhe auf ihrem Schiff genießen.

Alles drin. Für Spaß ist gesorgt und der 39. Band reiht sich wunderbar in die anderen Abenteuer ein.

Freitag, 23.Oktober

Heute haben
Adalbert Stifter * 1805
Aravind Adiga * 1974
Geburtstag.
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Adalbert Stifter
Müdigkeit

Ich hab‘ geruht an allen Quellen,
Ich fuhr dahin auf allen Wellen,
Und keine Straße ist, kein Pfad,
Den irrend nicht mein Fuß betrat.

Ich hab‘ verjubelt manche Tage,
Und manche hin gebracht in Klage,
Bei Büchern manche lange Nacht,
Und andere beim Wein durchwacht.

Viel mißt‘ ich, viel hab‘ ich errungen,
Auch Lieder hab‘ ich viel gesungen,
Und ausgeschöpft hat dieses Herz
Des Lebens Lust, des Lebens Schmerz.

Nun ist der Becher leer getrunken,
Das Haupt mir auf die Brust gesunken,
Nun legt‘ ich gern mich hin und schlief‘,
Unweckbar, traumlos, still und tief!

Mir ist, mir ist, als hört ich locken
Von fernher schon die Abendglocken,
Und süße, weiche Traurigkeit
Umweht mich: Komm, ’s ist Schlafenszeit.
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Hilmar Klute: „Oberkampf“
Galiani Verlag € 22,00

Im wirklichen Leben ist Hilmar Klute Journalist bei der Süddeutschen Zeitung und u.a. zuständig für das tägliche Streiflicht auf Seite eins. Sein erster Roman, der vor ein paar Jahren erschienen ist, wurde hochgelobt und jetzt, in diesem wilden Sommer, erschien sein zweiter „Oberkampf“. Der Name klingt im ersten Moment fremd, bezieht sich jedoch auf ein Viertel, eine Metro-Station in Paris. Dort, wo Klute mit Familie für zwei Jahre gewohnt hat.
Der Roman spielt im Jahr 2015. Jonas ist in den Vierzigern, löst sein Büro in Berlin auf, trennt sich von seiner Partnerin und zieht auf Verlagskosten nach Paris, um dort die Biografie von Richard Stein, einem alten österreichischen Schriftsteller, zuschreiben.
Klute bedient sich aller Klischees, die wir über intellektuelle Männer in der Mitte ihres Lebens kennen. Er nimmt Paul Nizon als Vorbild für Richard Stein. Er breitet jeden Mythos über Pariser Flair, Cafés, Brasserieren, Musik, das französische Lebensgefühl aus. Er lässt Jonas schon in der ersten Nacht über die zwanzig Jahre jüngere Christine stolpern. Er findet aber als Autor ein sehr gelunges Gegengewicht in der Sprache, den Formulierungen und Assoziationen.
Dazu kommt noch, dass kurz nach Jonas‘ Ankunft das Attentat auf Charlie Hebdo verübt wird und vieles nicht mehr so ist, wie kurz zuvor. Jonas erlebt hautnah, was mit seinen Mitmenschen nach diesen Morden passiert. Wie sie denken, reden und reagieren. Gleichzeitig ist Jonas selbst in seinem unaufgeräumten Leben verstrickt und hat auch noch den extrentischen, narzistischen, übergriffigen alten Autoren am Hals.
„Oberkampf“ ist ein leicht zu lesender Roman voller Anspielungen auf unsere brüchigen Existenzen, vermischt mit dem Chaos in der so sicheren westlichen Welt.
Doch das Leben geht weiter und endet damit, dass Jonas sich mit Christine bei einem Punk-Konzert im Pariser Musikclub Bataclan trifft.

Leseprobe

Donnerstag

Heute haben
Adalbert Stifter * 1805
James McNeish * 1931
Wassili Below * 1932
Michael Crichton * 1942
Dagmar Leupold * 1955
Geburtstag
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Adalbert Stifter
In der Ferne

Was kann mich von ihr trennen,
mir ihre Näh‘ entziehn?
Mein Geist flieht aus der Ferne,
verlangend zu ihr hin.

Will leise mit ihr flüstern
in einer Blume Duft;
um ihre Wangen kosen
im Hauch der Abendluft.
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Großer Besuch bei uns in der Buchhandlung.
Lesemaus und ein Olchi wollten unbedingt schauen, wo denn ihre Bücher stehen und haben nebenher Infozettel für die „Kinder- und Jugendliteraturtage Ulm“ verteilt. Ein riesiges Programm, in dem unter anderem Andreas Steinhöfel, dessen neues Buch: „Anders“ ich am Montag vorgestellt habe, im Alten Theater Ulm (Wagnerstr.1 / Scholl Gymnasium) liest.
Mittwoch, 12.11.2014 14:30
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Und wo wir schon bei den Phantasiewesen der Kinderbücher sind, hier der langersehnte zweite Band von Orbi, dem kleinen Roboter.

Orbi

Thomas Christos: „Orbis Abenteuer“
Ein kleiner Roboter lässt es scheppern
Illustrator: Barbara Scholz
S.Fischer Verlag € 9,99
ab 6 Jahren

Es scheppert gleich zu Beginn des Buches. Zuerst knallt Orbi mit seinem Orbikopter, bei dem Versuch ein Murmeltier zu retten, gegen eine Felswand, dann werfen die vier doofen Jungs das Geburtstagsgeschenk  von Frederike an Linus in den Teich, so dass es eingebeult ist und ein krummes Bein hat. Das Geschenk war ein kleiner, aufziehbarer Blechroboter. Beide warteten auf Orbi, der sich für das Geburtstagfest angekündigt hat, aber wegen des Blechschadens im Gebirge nicht rechtzeitig kommen konnte.
Also gleich zu Beginn viel Geschepper und Blechschäden. Und miese Stimmung bei den beiden Freunden. Aber wir haben ja Orbi, der selbst von sich immer in der 3.Person redet. Er rettet natürlich das Murmeltier, repariert natürlich seinen Orbikopter, ersetzt die verstopfte Trompete durch eine alte Plastikflasche, benutzt noch eine herumliegende Plane als Segel und klopft mit einem Tag Verspätung ans Fenster von Linus. Dass jetzt die Freude natürlich riesig ist, könnnen Sie sich vorstellen. Nun kommt Robi an die Reihe. In einer Szene mit Gewitter und Blitz und Donner (Ah: Frankenstein, sagen wir Erwachsene) wird er oper… äh repariert, werden Teile eines Taschenrechners eingebaut und mit einem Blitzkurzschluss macht er die Augen auf und spaziert durch das Zimmer. Da Orbi ihm noch ein paar Solarzellen aufs Blech schraubt, ist er jetzt auch netzunabhängig und muss nicht mehr aufgezogen werden.
So weit so gut. Wären da nicht die blöden Jungs, an denen es sich zu rächen gilt, (klappt wunderbar!) und die Ausbrecher Kralle und Eddy, die wir aus dem ersten Band kennen. Beide sitzen noch im Gefängnis und versuchen zweimal auszubrechen, was aber nie gelingt, das sie es immer in der Nähe des Gefängnisdirektors Herr Hampel… äh Hantelmann versuchen. Dieser wundert sich, warum die beiden so hartnäckig versuchen aus dem Gefängnis zu kommen, da sie eh am nächsten Tag entlassen werden.
Sie merken: eine prima Voraussetzung für eine wilde Verbrechergeschichte. Und das wird es auch. Mit Kronenklauen, Entführungen und Verfolgungsjagden.
Dies alles schreibt Thomas Christos (ein Drehbuchschreiber, der schon sackweise fürs Fernsehen gearbeitet hat) aber sehr brav und lustig für das zweite Lesealter und einfach zum Vorlesen. Hier ist es nie gruselig, sondern sehr lustig. Z.B. wenn der Gangster Kralle seinen tieferbegabten Kollegen Eddy als „Dreiminutenei“ bezeichnet. Da musste ich beim Vorlesen erstmal stoppen, damit die Enkelin sich auslachen konnte. Den Ausdruck hatte die Berlinerin auch noch nie gehört.
Dass die Geschichte gut ausgeht, müsste ich nicht schreiben.
Eine tolle, freche, lustige Geschichte für Jungs und Mädels und sehr zum Vergnügen der VorleserIn, mit vielen passenden Illustration von Barbara Scholz.

Leseprobe
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Neue CDs von Putumayo:

Cafe

Hier können Sie reinhören

Yoga

Hier können Sie reinhören
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Silvester

Nur nichts erwarten diesmal.
Vielleicht einfach das Essen genießen. Einen Wein bestellen, dessen Bodensatz dunkel im Glas hängen bleibt. Nur dasein. Keineswegs auf die Uhr schauen. Keine Überraschungen, keine bedeutungsvolle Worte. Schon gar kein Feuerwerk. Niemandem lästig fallen mit meinem Silvestertrick, auch Silvan nicht.
Zu Hause bleiben, das nicht unbedingt.
Irgendwohin, wo kein großer Rummel stattfindet, diese paar Stunden, diesen schmalen Übergang zwischen den Jahren, hinter mich bringen, ohne etwas Besonderes zu erwarten.

Aus: Silvia Trummer: „Grenzgänge“. Erzählungen
Silvia Trummer liest bei uns am Dienstag, den 28.10. um 19 Uhr

Mittwoch

Am Montag gab es keinen Eintrag und am Dienstag erst verspätet. Dies habe ich gar nicht bemerkt, da ich die Besprechungen pünktlich morgens geschreiben und vermeintlich auch „publiziert“ habe. Bis am Dienstagmorgen eine Kundin in den Laden gestürmt kam und meinte, ob ich krank sei. Ihr erster Weg am Morgen sei doch unser Jastramblog und da ist nix. Seit Tagen. ????? Sogar ihr Sohn habe angerufen und gemeint, was ist denn hier los. Ein Blick auf den Blog hat dann ergeben, dass die Beitrage zwar geschrieben, auf Facebook umgeleitet worden sind, aber halt nicht veröffentlicht.
Sie merken, ich werde immer schusseliger. Falsche Tage in der Überschrift, Geburtstagseinträge, die erst einen Tag später fällig sind und nun gleich komplette Einträge. In Bayern sagen die sicherlich deppert dafür.
Also: Heute ist Mittwoch und los geht’s.
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Heute hat Adalbert Stifter Geburtstag * 1805

Adalbert Stifter
Der Nachsommer

Kapitel 1
Die Häuslichkeit

Mein Vater war ein Kaufmann. Er bewohnte einen Teil des ersten Stockwerkes eines mäßig großen Hauses in der Stadt, in welchem er zur Miete war. In demselben Hause hatte er auch das Verkaufsgewölbe, die Schreibstube nebst den Warenbehältern und anderen Dingen, die er zu dem Betriebe seines Geschäftes bedurfte. In dem ersten Stockwerke wohnte außer uns nur noch eine Familie, die aus zwei alten Leuten bestand, einem Manne und seiner Frau, welche alle Jahre ein oder zwei Male bei uns speisten, und zu denen wir und die zu uns kamen, wenn ein Fest oder ein Tag einfiel, an dem man sich Besuche zu machen oder Glück zu wünschen pflegte. Mein Vater hatte zwei Kinder, mich, den erstgeborenen Sohn, und eine Tochter, welche zwei Jahre jünger war als ich. Wir hatten in der Wohnung jedes ein Zimmerchen, in welchem wir uns unseren Geschäften, die uns schon in der Kindheit regelmäßig aufgelegt wurden, widmen mußten, und in welchem wir schliefen. Die Mutter sah da nach und erlaubte uns zuweilen, daß wir in ihrem Wohnzimmer sein und uns mit Spielen ergötzen durften.
Der Vater war die meiste Zeit in dem Verkaufsgewölbe und in der Schreibstube. Um zwölf Uhr kam er herauf, und es wurde in dem Speisezimmer gespeiset. Die Diener des Vaters speisten an unserem Tische mit Vater und Mutter, die zwei Mägde und der Magazinsknecht hatten in dem Gesindezimmer einen Tisch für sich. Wir Kinder bekamen einfache Speisen, der Vater und die Mutter hatten zuweilen einen Braten und jedesmal ein Glas guten Weines. Die Handelsdiener bekamen auch von dem Braten und ein Glas desselben Weines. Anfangs hatte der Vater nur einen Buchführer und zwei Diener, später hatte er viere.

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Hilda

Luke Pearson: „Hilda und der Troll
Aus dem Englischen von Matthias Wieland
Handlettering von Michael Hau
Reprodukt Verlag € 18,00

Ich hatte vor ein paar Wochen den ersten Band, das erste Abenteuer von Hilda hier vorgestellt. „Hilde und der Mitternachtsriese„. Das war für mich ne Entdeckung. Ein wirklich anderer Comic, oder Graphic Novel. Eine Geschichte für Kinder, aber halt auch für Erwachsene. Versponnen, magisch. Jetzt ist Hilda wieder da. Das kleine Haus in einem nordischen Niemandsland. Mitten in der Natur und gegen später taucht auf einem Bild die zeichnende Mutter auf. Wie gesagt nur auf einem Bild. Den Rest bekommt dieses Mal Hilda für sich.
Hilda liebt es, die verwunschenen Täler ihrer nordischen Heimat zu durchstreifen und Freundschaft mit den skurrilsten Geschöpfe zu schließen. Die Suche nach einem Bergtroll aber erweist sich als gefährliches Abenteuer – die blauhaarige Entdeckerin wird inmitten der Wildnis von einem heftigen Schneesturm überrascht. Auf ihrer Suche nach dem Heimweg entgeht Hilda nur um Haaresbreite dem mächtigen Fuß eines ahnungslosen Riesen und schließlich hilft ihr das einsame Holzmännchen, das immer ungefragt in ihr Haus kommt (zwar Holz mitbringt) und sich vor dem warmen Ofen auf den Boden legt und schläft. Aber was hat es mit den Trollen auf sich? Tagsüber sind sie in Stein verwandelt. Aber nachts? Deshalb ist es sinnvoll an Steinhaufen, die etwas trolliges an sich haben, tagsüber schon ein Glöckchen zu hängen, damit es nachts klingelt, wenn die Trolle sich beginnen zu verwandeln und zu bewegen. Und wir haben hier auch so ein Exemplar, der mit seinem Glöckchen gar nicht glücklich ist.
Aber seien sie unbesorgt, es geht gut aus für unsere Hilda.
Als Zugabe bekommen wir eine Doppelseite mit Hildas Schreibtisch und all dem Sammelsurium, das sie für ihre Expeditionen braucht und einen „wissenschaftlichen“ Beitrag zum Troll-Glöckchen-Thema.

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Weitere Arbeiten von Luke Pearson gibt es hier.