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Geburtstag

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Zeitschrift für Ideengeschichte
Heft IX/2 Sommer 2015
Das Dorf
C.H.Beck Verlag € 14,00

Jürg Beeler: „Das Rumoren des Dorfes“

Stadtluft macht frei.
Wer atmen will, braucht nicht saubere Luft. Wer atmen will, kehrt dem Dorf seiner Kindheit für immer den Rücken. Das Dorf ist eine eifersüchtige Mutter, besitzergreifend und rachsüchtig. Sie erstickt ihre Söhne. Die Menschen, mit denen ich mich verstand, waren Nomaden wie ich. In einem Dorf aufgewachsen, lebenslänglich auf der Flucht vor diesem Dorf. Dorfgeschädigte, wenn man so will. Es gibt zwei Gattungen von Menschen, sie haben nichts miteinander zu tun: Nomaden und Sesshafte. Mit den Sesshaften verband mich nie eine wirkliche Freundschaft. Der Nomade raucht vielleicht dieselben Worte wie der Sesshafte, aber er redet eine andere Sprache.

Und so erzählt Jürg Beeler über seine schöne Mutter und seinen Vater, dessen Vater Roma war und die Frauen mit seiner Klarinette verzauberte. Jürg Beeler ist im Dorf Aussenseiter und in der großen Stadt Nomade. Wobei sich Zürich später auch nicht gerade als Metropole erwiesen hat.
Oliver Müller schreibt über „Heideggers Dorf“ und Stefan Höhne über die „Idiotie des Stadtlebens“.

Kann man von den Städten sprechen und über die Dörfer schweigen? Glaubt man den Sozial- und Kulturwissenschaften, lässt sich dies verneinen.

Engels war ein vehementer Antiurbanist und Bismarcks Lieblingswunsch war der Untergang der großen Städte. Dies passt natürlich wie die Faust auf’s Auge auf den  Vortrag von Niklas Maak, vorgestern abend in der Ulmer Lichtburg. Dort berichtete er über die enorme Landflucht, das Anwachsen der Megazentren, das Fehlen von Millionen von Wohneinheiten und dass es noch nicht klar ist, wie das überhaupt zu bewältigen sei. Schon gar nicht mit unserer heutigen architektonischen Denkweise.

Christoph Engemann schreibt über „Die Farm der Daten und über den Auszug des Digitalen ins Grüne“. Was das nun wieder bedeutet ist ganz einfach. Je mehr Rechnerleistung, umso mehr Energie für die Kühlung der Rechnung. Und wo ist Strom und Grund billig? Auf dem Land und in ländlichen Gegenden, wo es auch noch eine kühle Brise vom Meer gibt. Und so ist Irland als Finanzoase auch von dieser Seite her der ideale Standort. Google besitzt weltweit etwa 50 dieser jeweils ca. 500 Millionen Kapital veranlagenden Anlagen.
Die Stadt bietet auch nicht mehr als das Dorf und wegen der Möglichkeit, man könnte, wenn man wollte, ist sie dem Dorf auch nicht überlegen.
So bietet dieses Sommerheft der Ideengeschichte eine ideale Ergänzung zu Niklas Maaks Buch „Wohnkomplex“ und dem heutigen Beitrag in der Süddeutschen Zeitung zu Mikrowohneinheiten.
Ausserhalb des Themas „Dorf“ gibt es noch eine „Theologische Aufklärung“ von Friedrich Wilhelm Graf und
Fukuymas „Ordnung“
Dahrendorfs „Spuren“
Jägers „Witterungen“

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So sollte ich wohl ab jetzt neben „Sinn und Form“ auch die „Zeitschrift für Ideengeschichte“ im Auge behalten und schauen, was die einzelnen Nummer zu bieten haben. Das Heft erscheint viermal im Jahr.

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Zum Thema
Jürg Beeler: „Das Rumoren des Dorfes“

Der Spiegel berichtet über eine Megacity in Saudi-Arabien.

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