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Zadie Smith: “London NW“
Aus dem Englischen von Tanja Handels
Goldmann Taschenbuch € 9,99
Als das Buch im Original herauskam, hat es die New York Times zu einem der zehn besten Romane des Jahres 2013 gewählt und jetzt ist es als Taschenbuch erschienen.
London NW ist der Nordwesten der Metropole, weit weg der Touristenströme, weit weg von dem, was wir in den Reisefüher finden und sicher nicht die Gegend, in der wir uns als Urlauber aufhalten wollen. Es ist Caldwell, ein Stadtteil mit allen Nationen der Welt, versammelt in Sozialwohnungen und Hochhaussiedlungen, so wir es aus vielen anderen Grossstädten kennen. Schreibt Jagoda Marinic u.a. über den Wedding in Berlin im Winter mit all seiner Kälte, so ist es hier in diesem Multikulti-Stadtteil Sommer. Die Hitze ist groß und die Verzweiflung der Personen nicht weniger klein. Dabei hat der Roman eine sehr komische, witzige Seite, die Zadie Smith sehr gut mit dem Tragischen verbindet.
Vier Personen, zwei Pärchen stehen im Mittelpunkt. Leah, Natalie, Felix und Nathan. Alle vier sind in dieser Gegend aufgewachsen und haben gehofft diesen (auch gefährlichen) Stadtteil zu verlassen. Aber nur Natalie scheint als Anwältin die Einzige zu sein, die es wirklich geschafft hat. Auf ihren Dinnerpartys treffen sich viel hohle Leute, mit denen Leah und Michel nichts anfangen können. Leah und Natalie (die diesen Namen angenommen hat und eigentlich Keisha heisst) sind seit ewigen Zeiten Freundinnen. Und wenn Leah viel in Club herumgehangen ist und auch Drogen nahm, war Natalie zielstrebig, fast erfolgssüchtig. Sie hat mittlerweile eine Familie mit zwei Kindern und wohnt in einem vikorianische Häuschen. Leah hingegen arbeitet als einzige Weiße in einem Büro und ihr Mann versucht vergeblich ein Kind mit ihr zu machen. Was jedoch nicht klappen kann, da sie heimlich die Pille nimmt. Sie merken schon, da brodelt es. Als ganz zu Beginn des Romans eine Fremde an der Tür von Leah klingelt und sie um Geld bittet, eskalieren die Ereignisse und die vier Personen geraten aus ihren abgefahren Wegen.
Und Zadie Smith dreht die Schraube noch weiter. Ihr Sprachstil ist komprimiert und aufs Nötigste verkürzt. Hier gibt es keine ausschweifenden Beschreibungen und lange Schachtelsätze. Smith hat gestrichen und somit den Szenen eine sehr genaue Wirklichkeit verpasst. Sie springt von einem zum anderen Kapitel. Von einer Zeit zu einer anderen. Nur als sie die Geschichte von Natalie/Keisha erzählt, sind alle Abschnitte durchnummeriert. Von 1 bis 185. Das könnte das Spiegelbild ihrer geplanten Karriere sein. Aber was bleibt, ist auch eine große Leere und der Neid auf die anderen. Zadie Smiths Hauptpersonen sind die beiden Frauen. Es sind ihre Lebenswege, die sie interessiert und an die sich mit ihrer Sprache annähert.
„London NW„, das im Englischen nur „NW“ heisst, besticht durch seine Sprache, durch seinen eigenwilligen Stil und seine Mischung aus Komödie und Tragodie. Smith hat diesem Stadtteil, in dem sie selbst aufgewachsen ist, einen Roman gewidmet und es lohnt sich sehr, ihn zu lesen.