Montag

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Annette Kolb * 1875
James Joyce * 1882
Also Palazzeschi * 1885
Ayn Rand * 1905
Hella Haasse * 1918
Geburtstag
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Russell Banks: „Verstoßen“
Aus dem Englischen von Barbara Christ
Schöffling Verlag € 24,95

T.C.Boyle: „Hart auf hart“
Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren
Hanser Verlag € 22,90

Das wurde dann doch noch ein sehr amerikanischer Sonntagnachmittag, der mir die Lust auf weitere Besuche in New York fast schon verdorben hat. „Verstossen“ habe ich zu Ende gelesen und danach gleich T.C.Boyles: „Hart auf hart“ durchgefressen. Dieses Buch ist letzte Woche erschienen. Das Buch von Russell Banks kommt Ende Februar auf den Markt.
Unglaublich, wie beide Autoren sich mit dem us-amerikanischen Rechtssystem auseinandersetzen. Gnadenlos und ohne Chance sind ihre Protagonisten darin verfangen und haben keine Möglichkeit, sich dagagen zu wehren. Es ist manchmal nicht zum Aushalten, wenn wir über diese Aussichtlosigkeit lesen.
Bei Banks ist es ein junger Mann (The Kid) mit etwas über zwanzig, der nach kurzer Zeit bei Militär entlassen worden ist und nach einer Dummheit im Gefängnis landet. Nachdem er seine kurze Haftstrafe abgebüßt hat, wird er während der Bewährungszeit rund um die Uhr elektronisch überwacht. In seiner Stadt darf er sich fortan nicht mehr frei bewegen. Er hat keine andere Wahl, als ein Dasein unter einer Autobahnbrücke am Rande der Gesellschaft zu fristen. 750 Meter musser sich von allen Schulen, Kindergärtane, Spielplätzen, usw. fernhalten. Da bleibt nicht viel übrig. In seinem Fall nur noch drei Flecken rund um die Stadt in Florida, aus der er sich auch nicht bewegen darf. Er wird zum Geächteten, dem nur die Wildnis bleibt. Und das im 21.Jahrhundert. Was das noch mit Menschenrechten zutun hat, weiss ich auch nicht.
Bei T.C. Boyle spielt die Handlung in Nord-Kalifornien, meist in den Wäldern, in denen sich Adam herumtreibt. Es beginnt allerdings auf Costa Rica. Sten, ein pensionierter Lehrer, und seine Frau Caroleen, sind auf einer Kreuzfahrt und unternehmen einen Landausflug. Die Fahrt im klapprigen Bus schildert die wahnsinnige Hitze und die Unlust des Busfahrers, der die paar wenigen Passagiere in den Urwald fährt. dort angekommen, wird die Reisegesellschaft von drei jungen Männern bedroht und überfallen. Sten, der in diesem Moment hinter einer Hütte stand, sieht dies aus der Entfernung, wird von dem Mann mit der Pistole aufgefordert auch dazuzukommen. Auf dem Weg zur Gruppe erkennt Sten, wie jung die Räuber sind, nimmt den Anführer in den Schwitzkasten und bricht im dabei das Genick. Was nun folgt, bleibt für Sten und seine Frau, sehr vage. Wann kommt die Polizei, was passiert mit Sten? Nach langem Warten in der Behörde, beschließt Sten wieder an Bord des Kreuzfahrtschiffes zu gehen. Dort taucht auch sehr schnell die Polizei auf, die ihn jedoch nicht verhaftet, sondern als Held laufen lässt.
Nach dieser Eingangsepisode sind wir dann den Rest des Romanes in Kalifornien. Sara, eine Frau, die einer rechtsgerichteten Bewegung angehört, die gegen Globalisierung, Staatsgewalt ist und hinter allem eine Verschwörung sieht, wird von der Polizei angehalten, da sie keinen Sicherheitsgurt beim Fahren anhat. Natürlich legt sie diesen Gurt nie an. Wer sollte es ihr auch befehlen. Als sie sich weigert, ihren Führerschein vorzuzeigen (Warum auch!), wird sie mit Gewalt aus dem Auto gezerrt und landet im Gefängnis. Parallel dazu stecken die Polizisten ihren Hund in ein Tierheim. Da er beim Ingewahrsamnehmen jemanden gebissen hat, muss erdort für drei Wochen bleiben, da nicht sicher ist, ob er Tollwut hat. Diese verworrene Situation eskaliert, als Sara einen Tramper mitnimmt, der mit Rucksack und Armeekleidung den Daumen in die Luft hält. Dies ist der etwas jüngere Adam, der Sohn des Lehrerehepaares. Er ist schizophren, machte schon in der Schule ständig Schwierigkeiten. Seine Eltern hatten ihn nicht mehr im Griff und haben alle Hoffnung aufgegeben. Er lebt allein in der Wildnis, erwirschaftet es Geld von einem Mohnfeld, sieht überall Feinde, Ausserirdische, und ist schwer bewaffnet. Nur Sara findet so langsam Zugang zu ihm. Dieses Gemisch wird zum Sprengstoff und zeigt auch hier die brutale Gewalt, die von den Gesetzen und den Gesetzeshütern ausgeht. Auch hier gibt es keine Entrinnen, keine großen Hilfe. Jeder ist auf sich gestellt.
Boyle hat einen unglaublich spannenden, schnellen Roman geschrieben, in dem er wieder einmal seine große Kritik an den USA in einen Thriller verpackt. Er sagt selbst in einem Werbevideo, dass dies ein Thriller und natürlich ein Bestseller sei. Dabei verzieht er keine Mine und lädt sein Gewehr durch, das er bisher dezent in der Hand gehalten hat. Eine gute Inszenierung, die ich nur als Satire akzeptieren kann.
Beide Romane packen heisse Eisen an, klagen die Überwachungsmechanismen an, zeigen die Macht des Internets und das Ausgeliefertsein, wenn wir Daten im Netz hinterlassen. Während Russel Banks, in Deutschland schon ein paar Krimis veröffentlicht hat, die Schraube immer weiterdreht, Kid keine Chance lässt, obwohl er klar im Kopf ist und sich sehr gerne in die Gesellschaft integrieren will und uns immer tiefer in die Verstrickungen seiner Mitmenschen hineinzieht, erzählt Boyle sehr gradlinig, jedoch nicht weniger spannend seine Geschichte, deren Ende sich dann auch irgendwann vorhersehbar ist. Was bei Banks bis auf die letzten Seiten offen bleibt.

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