Mittwoch, 25.Januar

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Heute haben
Virginia Woolf * 1882
Eva Zeller * 1923
Silvio Blatter * 1946
David Grossman * 1954
Alessandro Baricco * 1958
Geburtstag
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Foto: Florian Arnold

Gestern abend hatten wir ein literarisches Highlight in unserer Buchhandlung.
Carlos Peter Reinelt las seinen Text „Willkommen und Abschied„.
Die Buchhandlung füllte sich zu einer angenehmen, interessierten Runde. Schön war es auch, daß drei syrische junge Männer sich in die erste Reihe setzten. Sie sind in der Ulmer ADK, um Schauspiel und Regie zu lernen. Nach der Veranstaltung kamen sie und Reinelt ins Gespräch und sie wollen seinen Text in ihr Projekt einbauen.
Reinelt war gerade mal 20 Jahre alt, als im August 2015 ein Kühllaster mit Menschen darin, auf der Autobahn abgestellt wurde und alle Flüchtlinge darin erstickten.

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Sein Text enstand dann in einem Urlaub in Spanien, wobei er sich über die Form nicht im Klaren war. Er wollte zuerst etwas im Thomas Mann-Stil. Später kam dann das Problem dazu, daß der Mann, der diesen Monolog hält, am Ende des Textes tot ist. So kam er auch parallel auf die Idee der besonderen Gestaltung. Sein Text ist eingerahmt und umrahmt von den Worten „Willkommen und Abschied“. Der Rahmen entspricht den Maßen des Kleinlasters. Und so eingezwängt wird der Text immer dunkler. Bis nur noch schwarz zu sehen ist. Die Schrift ist mal normal, mal groß und fett (wenn der junge Mnn brüllt und schreit) und auch klein und zart (wenn er leiser wird und nachdenkt). Zum Schluß sehen wir nur noch kleine arbaische Schrift. Und so las Carlos Reinelt auch seinen Text vor. Er fragte mich im Vorfeld, ob er auch einen Tisch hätte. Na klar, sagte ich und dachte nicht weiter nach. Daß ein Tisch für seinen Vortrag jedoch sehr wichtig wird, erlebten wir dann später, als er seinen Protagonisten gegen die Wände des Lasters donnern läßt und er dieses Geräusch mit der Faust auf dem Tisch nachahmte.
Der Schrecken ist bei uns angekommen, sagte er, und nicht nur in den Nachrichten zu sehen. Genau diese Betroffenheit spürten wir gestern abend in der Buchhandlung. Wir lesen über ertrunkene Flüchtlinge und blättern weiter. Dieser Text, dieser Vortrag, ließ uns das Grauen hautnah erspüren.
Totenstille (ja, das Wort trifft wirklich zu) war es nach der halben Stunde, in der Carlos Reinelt gelesen hat. Umso freundlicher wurde danach in kleiner Runde mit dem Autoren diskutiert.

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9783835319745l

Carlos Peter Reinelt: „Willkommen und Abschied“
Wallstein Verlag € 9,40
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Werner Färbers Ungereimtheit der Woche
Kleine Verwechslung

Wenn eine Schlange hüpft durchs Gras,
während ein Frosch kriecht an sie ran,
beschleicht mich das Gefühl, dass das,
was hier passiert, nicht stimmen kann.