Heute haben
Dorothea von Schlegel * 1764
August von Platen * 1796
Zsuzsa Bánk * 1965
Geburtstag
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Dorothea von Schlegel
Draußen so heller Sonnenschein…
Draußen so heller Sonnenschein,
Alter Mann, laß mich hinaus!
Ich kann jetzt nicht geduldig sein,
Lernen und bleiben zu Haus.
Mit lustigem Trompetenklang
Ziehet die Reuterschar dort,
Mir ist im Zimmer hier so bang,
Alter Mann, laß mich doch fort!
Er bleibt ungerührt,
Er hört mich nicht:
»Erlaubt wird, was dir gebührt,
Tust du erst deine Pflicht!«
Pflicht ist des Alten streng Gebot;
Ach, armes Kind! du kennst sie nicht,
Du fühlst nur ungerechte Not,
Und Tränen netzen dein Gesicht.
Wenn es dann längst vorüber ist,
Wonach du trugst Verlangen,
Dann gönnt man dir zu spät die Frist,
Wenn Klang und Schein vergangen!
Was du gewähnt,
Wonach dich gesehnt,
Das findest du nicht:
Doch bleibt betränt
Noch lang dein Gesicht.
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Sarah Wiltschek empfiehlt:
Whitney Scharer: „Die Zeit des Lichts“
Aus dem Englischen von Nicolai von Schweder-Schreiner
Klett-Cotta Verlag € 22,00
Paris, 1929. Die erst 23jährige Lee Miller kehrt ihrem Modelljob in den USA den Rücken, um selbst hinter der Kamera zu stehen. So ihre Vorstellung von einem Künstlerleben in Paris. Doch die Stadt nimmt sie nicht, wie erhofft, mit offenen Armen in Empfang. Irgendwann spielt ihr dann doch der Zufall die Karte von Man Ray in der Tasche und sie wird seine Assistentin. Aus dem Arbeits- wird ein Liebeverhältnis und sie beflügeln sich gegenseitig und werden am Ende vor allem wegen ihrer experimentellen Fotoarbeiten bekannt. Bis Miller beginnt sich zu emanzipieren aus dem Korsett, das Ray ihr auferlegt und das sie immer nur als Teil von ihm selbst interpretiert. Als sie schließlich mitbekommt, dass er ihre Fotoarbeiten unter seinem Namen für eine Ausstellung eingereicht hat, trennt sie sich von ihm und geht ihren eigenen Weg, der sie vor allem mit einem Foto in Hitlers Badewanne berühmt machen wird.
Whitney Scharers Buch erzählt in drei Zeitebenen: Die Autorin schreibt über das Leben der alten und alkoholsüchtigen Lee Miller, springt in die Zeit als Miller Mitglied der Alliierten Truppen war, mit der sie die Befreiung Buchenwalds und Dachaus dokumentierte und eben in deren Pariser Zeit, als unglaublich junge, umwerfend schöne Frau. Das ist auch der längste Plot und das wichtigste Thema im Roman: ihre Beziehung zu Man Ray und die Pariser Künstlerszene um Picasso und Cocteau.
Es macht Spaß in dieses Künstlerleben vor bald hundert Jahren einzutauchen und einer Figur zu folgen, die trotz ihrer Errungenschaften in der Fotografie und der historischen Dokumentation, keine solche Bekanntheit erreicht hat wie etwa Man Ray oder andere ihrer männlichen Kollegen. Vielleicht auch, weil sie nach den Kriegseinsätzen seelisch gebrochen, die Fotografie als solches und die vielen Abzüge als Konkretes auf den Dachboden verbannte, wo die Kisten mit ihren Arbeiten erst nach Millers Tod von ihrem Sohn entdeckt, archiviert und der Öffentlichkeit (wieder) zugänglich gemacht wurden.
Leseprobe
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Am kommenden Freitag in der Stadtbibliothek Ulm
Buchpräsentation:
Lorenzo Spirito: „Das Buch der Schicksale“
Ein Würfellosbuch
Aus dem Altitalienischen gereimt übersetzt von Werner Menapace unter Mitarbeit von Donatella Capaldi
Mit einer Einleitung von Alexander Rosenstock
Gebunden, mit Faksimiles und drei Würfeln
Folio Verlag € 30,00
Beginn: 19:30
Eintritt: frei