Donnerstag

Heute haben
Georg Büchner * 1813
Alfred Polgar * 1873
Nathanael West * 1898
Arthur Miller * 1915
Geburtstag und
Ingeborg Bachmann ist vor 40 Jahren (1973) gestorben.
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Georg Büchner
O meine müden Füße ihr müßt tanzen

O meine müden Füße ihr müßt tanzen
In bunten Schuhen,
Und möchtet lieber tief, tief
Im Boden ruhen.

O meine heißen Wangen, ihr müsst glühen
Im wilden Kosen,
Und möchtet lieber blühen
Zwei weiße Rosen.

O meine armen Augen, ihr müsst blitzen
Im Strahl der Kerzen,
Und lieber schlieft ihr aus im Dunkeln
Von euren Schmerzen.
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Darina

Maria Matios: „Darina, die Süße
Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe
Mit einem Nachwort von Andrej Kurkow

Gestern schrieb ich, dass ich ein Buch von einer ukrainischen Autorin gelesen und dann entdeckt habe, dass mein nächstes Buch zwar aus Brasilien kommt, Clarice Lispectors Familie jedoch als Juden aus der Ukraine geflohen sind, als die Autorin noch ein Kind war. Jetzt kommt somit die Besprechung des zuerst genannten Romanes:
Maria Matios, diesen Namen habe ich noch nie gehört. Sie ist 1959 in der Ukraine geboren, lebt und arbeitet dort immer noch und engagiert sich in einer demokratischen Partei, die von Herrn Klitschko gegründet worden ist. „Darina, die Süße“ wurde mit den höchsten Literaturpreisen des Landes ausgezeichnet, was mich nach der Lektüre nicht verwundert. Die Handlung spielt in der Bukowina, in einem Gebiet, aus dem sehr viele Schriftseller kommen und einem Landstrich, der schon seit jeher zwischen den verschiedenen Nationen hin und her gerissen worden ist. Rumänien, Russland, die Nazi-Deutschen – alle haben dort ihre Greueltaten vollbracht und ein Land der Verwüstung hinterlassen.
Wir sind in einem kleinen Dorf am Rande der Bukowina. Dort lebt Darina, die von ihren Nachbarn als nicht ganz bei Verstand und stumm angeshen wird. Darina heisst deshalb „die Süße“, da sie, wenn sie Süßes isst, extreme Kopfschmerzen bekommt, die sie fast wahnsinnig werden lassen. Sie behilft sich damit, dass sie sich in die Erde eingräbt. Die Kühle und die Würme helfen ihr, diese unglaublichen Schmerzen auszuhalten. Es gibt eine Nachbarin, die ihr immer wieder zur Hand geht und es taucht ein Tagelöhner auf, ein schmuddeliger Mann, der sich nichts sagen lässt und flucht und und Menschen beschimpft, dass es eine Wonne ist. Darina jedoch spielt er auf der Maultrommel vor, genießt, wenn sie sich in den Baum ihrer Eltern zurückzieht und ihn schmückt, dass er im Wind nur so glitzert. Gegen ihre Schmerzen findet er ein weiteres, gutes Heilmittel. Wasser, kaltes Wasser, Wasser aus dem Teich. Und so entdecken die Dorfbewohner die beiden nachts im Mondschein nackt im See und denken sich ihr Teil dabei. Diese Idylle hat jedoch bald ein Ende und Iwan muss zur Behörde, die ihn inhaftieren. Dies ist also die Rache der Mitbewohner, die diesem verderbichen Treiben ein Ende machen wollen. Maria Matios schildert diese Tage und Nächte in dem abgeschiedenen Dorf sehr nüchtern. Sie verurteilt die tratschenden Bewohner nicht, sondern versucht mit ihrer Sprache uns ihr Denken verstehen zu lassen.
Damit endet der erste Teil des Buches, der in den 80er Jahren spielt. Der zweite Teil ist ca. 40 Jahre früher angesiedelt, als Darina noch ein Kind war. Hier kommt nun die ganze Brutalität der Menschen in diesem Landstrich in den Vordergrund. Als die Ehefrau eines jungen Paares verschwindet und verunstaltet vom Ehemann wieder gefunden wird, weiss er nichts mit dieser Situation anzufangen und vermutet, dass sie einen Liebhaber hatte. Er schlägt sie wiederum brutal, aber seine Ehefrau spricht nicht mehr und verschwindet immer mehr in ihre Innenwelt. Dies Brutalität zieht sich durch alle Situationen durch. Egal, welches Land gerade den Daumen auf den Landstrich hält – die Macht wird nur mit Gewalt gefestigt. Durch diese Beschreibung, wie ein junges Paar den Umständen ausgesetzt ist und daran zerbricht,oder besser zerbrochen wird, lässt uns das Verhalten Darinas besser verstehen. Dieser zweite Teil hat mich an den estnischen Roman „Fegefeuer“ von Sofi Oksanen, die darin auch die durchgehende Brutaliät an Frauen in dem zerissenen Estland schildert.
Maria Matios Buch hat mich sehr bewegt und ich kann verstehen, dass es in der Ukraine als ein wichtigs Gegenwartsbuch angesehen wird.
Erhellend ist auch noch das Nachwort von Andrej Kurkow, der mittlerweile auch im Haymon Verlag veröffentlicht, den wir von seinen Büchern im Diogenes Verlag her kennen.

Ins Buch hineinlesen auf libreka

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