Donnerstag

Heute haben
Alessandro Manzoni * 1785
Paul Ernst * 1866
Mio Dor * 1923
Georges Perec * 1936
Geburtstag
____________________________

background_header

Demnächst beginnt die Leipziger Buchmesse und Sie haben heute noch die Möglichkeit beim Publikumspreis mit abzustimmen. Voten heisst das neudeutsch!
Einfach die Titel noch einmal durchschauen und anklicken.
Hier geht es zur Auswahlliste.

_______________________

Nach dem es gestern ein sehr konstruiertes Buch gab, das eigentlich keinen Autoren hat, sondern aus 2584 Zitaten besteht, stelle ich heute eines vor, das auch von seiner Konstruktion, dem Aufbau lebt, aber natürlich vom Inhalt her überzeugt.
Sofi Oksanas Buch: „Fegefeuer“ gibt es schon als Taschenbuch und alle die es gelesen haben war sehr begeistert. Ich hatte bis her keine Zeit, das Buch zwischenreinzuschieben und habe es nun im Auto als Hörbuch gelesen.
Die gekürzte Lesung lebt von den VorleserInnen: Anna Thalbach, Katharina Thalbach, Julia Nachtmann, Heikko Deutschmann, Thomas Thieme. Das sind doch mal Namen.
Wie soll ich diese Geschichte kurz zusammenfassen, die sie so verschachtelt konstruiert, auf mehreren Erzählebenen lebt und doch sehr verständlich geschrieben worden ist? Jedes Kapitel wird mit der dazugehörigen Jahreszahl und dem Ort der Handlung überschrieben und reicht von den 30er Jahren bis 1992. Die Orte sind meist Estland, aber auch Deutschland, Russland.
Manchmal blieb mir die Luft weg, wie Sofi Oksanen brutale Szenen beschreibt. Meist Gewalt gegen Frauen. Und das dann morgens im Autoradio kommt, haut das schon ordentlich rein. Diese Beschreibungen sind jedoch notwendig, da sie die Hintergründe der jeweiligen Frauen besser verständlicher machen.

Fegeuefeuer

Sofi Oksanen: „Fegefeuer
456 Minuten auf 6 CDs
Hörbuch Hamburg € 24,95
als Taschenbuch € 9,99

Aliide Tru, eine alte Frau, die allein in einem Bauernhaus auf dem estnischen Land lebt, findet morgens bei sich im Garten ein Bündel, das sich als eine junge Frau herausstellt, die wohl irgendwie auf der Flucht zu sein scheint. Die alte Frau ist voller Misstrauen gegenüber jedem Fremden hier in diesem abgelegenen Dorf. Sie wird auch nachts immer wieder von Jugendlichen „besucht“, die nicht nur Steine gegen ihre Fensterscheiben werfen. Letztendlich nimmt sie diese junge Frau doch ins Haus, steckt sie in ihre Badewanne und beginnt ein sehr zögerliches Gespräch. Was Aliide Tru nicht weiss, ist, dass Zara, so heisst die junge Frau, auf der Flucht vor ihren brutalen Zuhältern ist und als einzigen Anhaltspunkt Aliides Adresse hat, die wahrscheinlich die Schwester ihrer Grossmutter ist. Zara, ihre Mutter und ihre Grossmutter leben allerdings in der Sowjetunion und Zara kam nur in den Westen, um Geld für ihr Medizinstudium zu erarbeiten. Dabei kam sie in die Fänge der beiden Zuhälter.
Dies reicht eigentlich schon für einen Roman.
Sofi Oksanen erzählt jedoch, nicht chronologisch, die Jugend von Aliide und ihrer Schwester, die sich beide in den gleichen Mann verlieben. Aliide geht jedoch leer aus und überwindet diese Schmach nie.
Die politische Wandlungen in Estland sind brutal. Russen, Deutsche und wieder die Russen. Geheimdienste, Lager und KZ, Misstrauen und Bespitzelung bestimmen den Alltag. Was heute noch gut war, kann einem am nächsten Tag schon den Gulag einbringen. Aliide heiratet für ihrer aller Sicherheit einen Russen, der aktiv in der Partei ist.
Dass dies nicht einfach und zum Teil auch voller Brutalität ist. Dazu kommt diese Gegenwartsgeschichte, in der sich die beiden Frauen immer näher kommen, aber die Wahrheit nie so richtig ans Licht kommt.
Eines kann ich ihnen aber verraten. Für Zara geht es gut aus.
Die Kritikerstimmen sind voller Lob und das auch zurecht. Sofi Oksanen hat einen wahnsinnig spannenden Roman geschrieben, der die Gewalt in der Politik und die Gewalt der Männer an Frauen so beschreibt, wie es dem Alltag entspricht. Durch diese wenigen Figuren kann man sich gut vorstellen, wie dieses Estland jahrzehntelang gequält worden ist, bis sie zu Beginn der 90er Jahre ihre Unabhängigkeit erlangt haben. Auch das nicht gewaltfrei.

Iris Radisch über: „Fegefeuer“
Leseprobe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert