Dienstag (Welttag des Buches)

Heute (am Welttag des Buches) haben
Shakepeares * 1564
Cervantes * 1616
Vladimir Nabokov * 1899
Halldór Laxness * 1902
Geburtstag
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Ich hoffe, Sie haben die SWP von gestern nicht so genau gelesen und nicht alles gelaubt, was dort stand. Sie machte nämlich zweimal (2x !!) Werbung für die Jochen Schmidt-Lesung, die sie allerdings für den gestrigen Montag und nicht für den kommenden 29.4. angekündigt hatte.

Hier also noch ein Schmidt-Schneckenmühle-Schnitzel:

„Wir sitzen im Wartburg, der laut Fahrzeugbrief dieselbe Farbe hat wie die Sahara, aber leider kein Schiebedach und nur eine Lenkradschaltung statt diesem Knüppel zwischen Fahrer- und Beifahrersitz. In manchen Taxis sind im Schaltknüppelknauf kleine Figuren eingelassen, wie in Bernstein. «Rechts ist frei», sagt meine Mutter an jeder Kreuzung, nachdem sie sich vorgebeugt und Ausschau gehalten hat. Ich möchte, daß wir ein Motorrad überholen, das uns überholt hat. «Wir machen keine Wettrennen», sagt meine Mutter, «das ist gefährlich.» Aus Langeweile zähle ich meine Lieblingsverkehrsschilder, die mit dem gelben Viereck. Es gefällt mir, daß man diesem Schild überhaupt nicht ansieht, was es bedeutet. Der weiße Rand sieht aus wie die durchsichtigen Plastedinger, die beim Einzug in unserer Wohnung auf allen Lichtschaltern steckten, damit die Tapete von den Berührungen der Finger keine Flecken bekam. Nach und nach sind sie verschwunden, und jetzt gehören sie zu den Dingen, ohne die es auch irgendwie geht, wie die Korrekturtaste von der alten Schreibmaschine, die durch ein Kügelchen aus Heftpflaster ersetzt worden ist, der Tonabnehmer vom Plattenspieler (auf dem neuen muß immer ein 20-Pfennig-Stück liegen, damit er nicht springt) und die eine blaue Figur vom „Malefiz“-Spiel, für die wir einen schmächtigeren, unlackierten Stein nehmen, den «Ersatzmann». Bei Irina ist der Lichtschalter-Schutz noch in allen Zimmern vorhanden, habe ich einmal gesehen, als ich ihrer Mutter, die aussieht wie Mireille Mathieu, einen Brief von meiner Mutter bringen mußte. Wir parken vor dem Bahnhof Lichtenberg, hier ist der
Klassenlehrerin meines Bruders der Motor aus dem Auto geklaut worden, er war nach einer Nacht auf dem Parkplatz einfach weg. Das hat uns amüsiert, weil sie «eine Überzeugte» ist. Mein Vater zeigt uns wieder einmal die Buchstaben über der Brücke, «S» für S-Bahn und «U» für U-Bahn. Er behauptet, früher hätten sie andersrum gehangen, so daß es wie «US» aussah, weil das aber eine verhaßte Abkürzung war, hat man die Reihenfolge zu «SU» umgekehrt. Es gibt ja Leute, die nennen die Sowjetunion «die SU». Zu Westgeld sagen sie «Valuta» und zum Westen «Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet».“

(Rechte beim C.H.Beck Verlag)
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Mitarbeiter Rasmus Vogel empfiehlt wärmstens:

cover

Das Buch als Magazin
Nr.1 € 12,00

Zu kaufen u.a. in unserer Buchhandlung.

Man hörte es durch so manches Feuilleton schallen, da gibt es jetzt ein neues Literatur Magazin …und gut soll es auch sein.
Das Prinzip von „Das Buch als Magazin“ ist schnell erklärt: „Im ersten Teil des Heftes wird ein Klassiker der Literaturgeschichte abgedruckt, gestaltet wie eine Reportage.Im zweiten Teil, Geschichten aus dem Alltag unserer Gegenwart, die sich mehr oder weniger deutlich oder vorsichtig auf das Buch beziehen. So wird Literatur und Journalismus miteinander verknüpft. Vergangenheit und Gegenwart.“
Peter Wagner und Joanna Swistiwski haben sich an ein ambitioniertes Projekt gewagt, klassische Literatur als Teil unseres Lebens und somit in ihrer Bedeutung für die Gegenwart zu kennzeichnen.
Die erste Ausgabe widmet sich Kafkas „Verwandlung“, hundert Jahre nach Vollendung der Erzählung.
Was zunächst beeindruckt, das Heft kommt ohne Werbung daher und wurde von den beiden aus eigener Tasche finanziert. Auch die Autoren haben alle unentgeltlich die Feder gezückt. Die Aufmachung ist recht edel ohne zu protzen und mit 12€ eher im mittleren Preissegment.
Schön gemacht sind die Randnotizen, die kleine Anekdoten zur „Verwandlung“ oder Kafkas Leben erzählen, mal bekannt, mal gänzlich unbekannt.
In den Geschichten und Reportagen die Kafkas Verwandlung nachfolgen, sind die Bezüge manchmal recht gut gelungen und man bekommt tatsächlich Lust viel mehr Kafka zu lesen.
Dennoch erscheint zunächst die Idee genialer, als die Umsetzung, denn gerade wenn man Kafkas Verwandlung gelesen hat, kühlt das Niveau doch recht schnell ab, so z.B. bei Elke Heidenreichs Versuch sich Kakfa zu nähern, da tun sich nach meinem Empfinden, nicht nur qualitative Stufen auf, sondern Welten. Aber nichtsdestotrotz ist es ein lohnendes Literaturmagazin mit großem Potenzial für das, was da kommen mag.
Meine Empfehlung, einfach reinlesen, wenn man von dem Prinzip des Magazins weiß, wird man schnell merken ob man etwas damit anfangen kann oder nicht.
Auf jedenfall, eine Empfehlung für den Deutschlehrer.

Hier die website von „Das Buch als Magazin
Das zweite Heft wird im Herbst dieses Jahres erscheinen und sich – sehr wahrscheinlich – mit Georg Büchners „Woyzeck“ befassen.
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“How To Be a Man A Guide To Style and Behavior For The Modern Gentleman,” by Glenn O’Brien

„How To Be a Man A Guide To Style and Behavior For The Modern Gentleman“ von Glenn O’Brien
(Rechte bei unypl.com)

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