Alles sehr winterlich heute am 26.März.
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Heute hat
Robert Frost * 1874
Geburtstag und der andere ganz große Lyriker
Walt Whitman ist 1892 gestorben.
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Robert Frost
Fire and Ice
Some say the world will end in fire;
Some say in ice.
From what I’ve tasted of desire
I hold with those who favor fire.
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Hier ein weiterer Text aus:
Bernd Schmitt: „Lückentexte“
mit Illustrationen von Dorothea Grathwohl
Gerhard Hess Verlag € 9,95
Dr obre Beck
Er pflegte alle Leute zu duzen, die jünger waren als er und das waren eigentlich alle, die seinen Laden betraten, um sich mit Brot und Wecken, Brezeln oder Kuchen für die Woche einzudecken.
Vor allem wohlgekleidete Damen mittleren Alters und nichtschwäbischen Idioms zu brüskieren, schien ihm ein wirkliches Anliegen. „Wa witt?“ wurde den verdutzten Kundinnen an den Kopf geworfen als Frage nach ihrem Begehr. Und während diese belustigt oder unter mühsam bewahrter Selbstbeherrschung, je nach dem, ihre Wünsche stammelten, wischte sich der dicke Bäcker verächtlichen Blickes seine mehligen Hände an der Bauchschürze ab und knallte ihnen das Verlangte auf die Theke, sozusagen vor den Latz.
Der weiß bestäubte Alte knurrte dann, ohne dass man ihn die Einzelposten hätte addieren sehen, einen Preis und begingen die Kundinnen jetzt den Fehler nach Kleingeld zu kramen, herrschte er sie mit schlecht verhohlener Freude an, als hätte er wie Jago auf das Taschentuch, just auf diesen Moment gewartet, dass sie ihre Pfennige behalten könnten, er hätte eine ganze Schublade voll davon. Und wirklich zog er eine Lade auf und zeigte seinem verwirrten Gegenüber, das nun nicht wusste, ob es lachen oder zahlen sollte, einen Haufen Kupfermünzen, dessen Menge sicher beeindruckender war als sein monetärer Gegenwert.
Mit dem gleichen selbstzufriedenen Gesicht mit dem der Teigwart die Verunsicherung seiner Kundinnen zur Kenntnis genommen hatte, strich er beim abendlichen Kartenspiel im Gasthaus „Zum Rössle“ die gewonnenen Pfennige ein, seinen Schatz zu mehren, um anderntags, als Dorf-Dagobert, seine nichtsahnenden Zufallskundinnen umso treffsicherer aus dem Konzept bringen zu können.
„Das vorliegende Büchlein beschäftigt sich mit Lücken. Dort, wo mich die Welt anlächelte mit dem Milchzahngebiss eines Schulanfängers oder dem letzten Zahn einer verwundeten Greisin, sah ich Platz für einen Text. Dabei war es völlig unerheblich, ob es sich um die reale Welt handelte wie in den Portraits verschwundener Menschen und Orte oder die literarische Welt wie in einem von Shakespeare nicht notierten Gespräch zwischen Herrn und Frau Macbeth, ob es sich auf die Vergangenheit bezog, auf die Gegenwart oder die Zukunft, ob einer Person zu gedenken war – der blinden Usche, dem oberen Beck – oder ein Ort zu beschreiben – der Hasensaal, der alte Steinbruch, die Bushaltestelle – ob ich einen vergessenen Dialog nachzuliefern hatte – was hätten Kaspar und Agathe im Freischütz sich nicht zu sagen gehabt – oder einer ewig stummen Figur meine Stimme leihen wollte, wie in den fiktiven Briefen des Augsburger Bäsles an Mozart.
Ausschlaggebend einen Text zu schreiben, war der Mangel, den ich empfand, die fragenden Augen, die ich sah und in denen ich die Bitte um Wort und Stimme zu lesen glaubte.“ (Bernd Schmitt)
Die skurrilen Zeichnungen Dorothea Grathwohls schaffen eine phantastische Gegenwelt, zu der oft zärtlich-schrägen Sicht auf die Menschen und die Dinge in den Texten von Bernd Schmitt.
Bernd Schmittt wurde 1962 in Jungingen bei Ulm geboren. Er studierte in Stuttgart Klarinette und bildete sich, u.a. bei Ruth Berghaus weiter zum Regisseur. Er arbeitet vorwiegend im Bereich Oper und Sprecher, sowie als Autor. Außerdem ist er Dozent an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Bernd Schmitt lebt in Weinstetten.
Dorothea Grathwohl wurde am 23. Januar 1968 in Biella / Piemont, Oberitalien geboren. Sie studierte Zeichnen bei Albrecht Vogel in Schwäbisch Gmünd. U.a. arbeitet D. Grathwohl in der Erwachsenenbildung für reduziertes Aquarell und Aquarellcomic, begleitet Mappenarbeit für Kunststudenten und gestaltet Konzertplakate und Buchcover; seit 2002 Ausstellungstätigkeit in Einzel- und Gruppenausstellungen. Dorothea Grathwohl lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin und Grafikerin in Ulm.
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Moni Port: „Das mutige Buch„
Klett Kinderbuch Verlag € 13,95
Im gleichen Format wie das Wörterbuch, das ich vor ein paar Tagen hier vorgestellt habe und genauso packend, obwohl es eine ganz andere Thematik hat.
Die Illustratorin Moni Port widmet sich dem Thema Angst. Und das in einer sehr eigenwilligen Art und Weise.
Angst ist wichtig. Alle kennen sie. Alle haben sie. Besonders Kinder erfahren am eigenen Leib: Angst gehört zum Leben dazu. Angsthaben kann auch lustvoll sein. Oder hilfreich, wenn sie uns davor bewahrt, etwas Gefährliches zu tun. Und es ist gut zu wissen, wie man dafür sorgt, dass sie nicht überhandnimmt.
Das tiefe, erregende Thema Angst – hier wird es mit einer Flut von Imaginationen für Kinder ausgelotet. Moni Ports Zusammenstellung aus Assoziationen, Fotos, Collagen, altbekannten und ungewohnten Eindrücken ist kein Gruselkabinett, sondern eine stärkende Wanderung durch unsere Gefühlslandschaften, begleitet von einem knappen, freundlich-sachlichen Text. Und gerade weil beschwichtigende Töne à la „Du brauchst doch keine Angst zu haben“ hier fehlen, wirkt „Das mutige Buch“ enorm ermutigend und befreiend.
Angst vor Spinnen und vor der Dunkelheit kennt jeder.
Es gibt auch Ängste die man Kindern einredet: „Der liebe Gott sieht alles!“.
Lösungsvorschläge wie: „Gegen Vampire hilft Knoblauch“ und „Gegen böse Geister hilft eine Rassel im Kinderbett“, gibt es genauso. Auch die Angst vor einem Auftritt, das Lampenfieber: „Manchmal kostet es eine Riesenüberwindung. Wenn du es geschafft hast, kannst du sehr stolz auf dich sein!“, kommt vor. Auch mit den „Bravo“-Rufen der Zuschauer.
Aber auch sich verkleiden und andere damit gruseln taucht im Buch auf und auf der rechten Seite ist dann ein verkleideter Vampir zu sehen. Wirklich sehr gruselig. Angst lernt man auch von den Eltern, wenn die Mama zum Beispiel hysterisch auf Wespen reagiert. Manchmal hören wir etwas, was uns beunruhigt, oder wir machen uns Gedanken über Dinge, die in Wirklichkeit ganz anders sind.
Wieder ein besonderes Bilderbuch, das vielleicht nicht für die Kleinen zum Alleineangucken ist. Aber zusammen kuscheln und blättern, das ist glaube ich, genau das Richtige.
Hier können Sie ins Buch blättern.
Leider sind ein Teil der Bilder verpixelt, dass sie wohl nicht verwendet werden können.
Im Buch sind die natürlich anders.
Noch’n Grund mehr in den Buchladen zu kommen.