Irmgard Keun hat heute Geburtstag (* 1905)
Hiromi Kawakami: „Bis nächstes Jahr im Frühling„
Übersetzt aus dem Japanischen von Kimiko Nakayama-Ziegler und Ursula Gräfe
Hanser Verlag € 19,90
Ein alter Stoff neu erzählt. Eine Frau erfährt durch einen anonymen Anruf, dass ihr Ehemann eine Geliebte hat. Dies schon seit Jahren und auch seit Jahren ist ihre Beziehung eingeschlafen und keiner der beiden schafft es, die Kurve zu bekommen und einen Neustart zu wagen.
Hirmoi Kawakami, Jahrgang 1958, gilt wohl als eine der erfolgreichsten Autorinnen Japans. Der Hanser Verlag und dtv veröffentlichen ihre Bücher mit schönem Erfolg hier in Deutschland. Wie in all ihren Büchern tauche ich auch hier in eine (für mich sehr fremde) japanische Welt ein. Kawakami schreibt nicht für den westlichen Markt, macht keinerlei Zugeständnisse. Alles verläuft wie im Nebel, wie unter einer Decke. Hier wird nicht getobt und geschrieben, wie es vielleicht die Oper verlangen würde bei so einem Stoff. Kawakami lässt ihre Personen sehr ruhig agieren. Es kommt zu kleinen, oft belanglosen Gesprächen, die aber sehr genau das Innenleben wiederspiegeln.
Noyuri, die Ehefrau, fährt mit ihrem Onkel (der auch verlassen wurde) in einen Ort mit vielen Termalquellen, um sich mit im auszutauschen. Allein schon die Fahrt mit dem japanischen Schnellzug Skinkansen und die Beschreibung der Hotelanlage sind sparsam und so treffend beschrieben, dass ich sehr schnell unsere amerikanisch gesprägte Schreibweise vergesse. Es wird viel gegessen in diesem Roman. Und auch dabei ist mir vieles fremd. Wie und was dort gegessen wird. Auch die Wichtigkeit dieses Vorganges wird mir erst später klar.
Noyuri trifft sich mit der Geliebten, die sich als sehr selbstbewusst herausstellt und ihr klarmacht, dass sie zwar den Ehemann nicht hergibt, aber auch auf keinen Fall heiraten wird. Falls er das wolle, werde sie ihn hinauswerfen.
Ein Gespräch zwischen den Eheleuten ist eher ein leises Schweigen der beiden.
Hiromi Kawakami schafft es wieder, mich mit diesem uralten Stoff, der schon tausendmal benutzt worden ist, zu faszinieren. Ihre Sprache ist zart, lakonisch, ohne jede Schnörkelei oder sprachliche Zierleisten wie man es von ihr kennt, seit ihren Büchern „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ oder „Herr Nakano und die Frauen“. Auch die Örtlichkeiten bleiben mir fremd; es gibt keine Sehenswürdigkeiten, an denen ich mich festhalten kann. Fukumisha taucht zwar auf; dies verbinden wir allerdings mit einem ganz anderen Vorgang.
Ein sehr ruhiges Buch. einige werden es wohl weglegen, weil zu wenig passiert. Ich habe es jedoch sehr genossen durch seine Fremdartigkeit und den anderen Blick auf dies bekannte Thema.